Auf den Spuren der Schmuggler: Heimlich über die Alpen

Früher nutzten Schmuggler versteckte und ungesicherte Bergpfade in den Hochalpen, um Waren zu tauschen. Heute sind einige der damals gefährlichen Routen als Wanderwege beliebt.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 27. Okt. 2023, 08:55 MESZ
Almhütte in den Bergen von Südtirol.

Zu Fuß entlang der ehemaligen Schmugglerpfade des Ahrntals: Wo früher teils unter Lebensgefahr Güter geschmuggelt wurden, scheint heute die Zeit still zu stehen. 

Foto von Wolfilser / Adobe Stock

Ob Salz, das spätestens nach dem Einfuhrverbot von Kaiser Josef I. 1706 in Böhmen zum weißen Gold der Schmuggler wurde, Schinken oder ganze Tierherden, bei denen man Zölle sparen wollte. Wann immer der Handel mit bestimmten Gütern in Europa über Grenzen hinweg stark kontrolliert oder gar untersagt wurde, fanden die Menschen über die Jahrhunderte hinweg neue Möglichkeiten, sich diese zu beschaffen. Meistens illegal.

In den Hochalpen gestaltete sich dieses geheime Treiben besonders waghalsig. Auf den schmalen, unbefestigten Wegen lauerten Gefahren wie Steinschlag, Lawinen und plötzliche Wetterumschwünge. Doch die Pfade boten eine gute Möglichkeit, Waren über die unsichtbaren Grenzen der Alpen-Länder zu bringen und die Einheimischen wussten meist genauestens über gut versteckte Pfade Bescheid. Die Fußmärsche wurden in der Nacht vollbracht und verlangten einiges von den sogenannten Schwärzern ab. 

Von Schwärzern und Zöllnern

Die Bezeichnung Schwärzer rührt von der dunklen Tarnung, die die Schmuggler während ihrer Wanderung trugen. Bis zu 100 Kilogramm schulterte jeder einzelne von ihnen. Befüllt waren die Kraxen auf ihrem Rücken je nach Region, wirtschaftlicher Situation und Zeit mit unterschiedlichen Schmuggelwaren. Neben Grundnahrungsmitteln wie Mehl oder Buchweizen waren es vor allem Genussmittel wie Tabak, Zucker oder Kaffeebohnen. Hoch im Kurs war auch stets Alkohol: ganze Fässer Wein und Schnaps wurden über die Berge gebracht – zum Teil auf Lasttieren wie Pferden, denen man Tücher um die Hufe wickelte, um die Schrittgeräusche zu dämpfen.

Der begehbare Würfel „Schmuggler“ auf der Hochalpenstraße im Timmelsjoch. Im Inneren des Denkmals können Wandernde heute Informationen darüber finden, welchen Gefahren die Schmuggler im Hochgebirge ausgesetzt waren.

Foto von OTFW / CC BY-SA 3.0 DEED / Wikimedia Commons

Bei Wind und Wetter drohten in den Höhenlagen nicht nur im Winter Gefahren durch die Natur, sondern auch lebensgefährliche Begegnungen mit Zöllnern. So gab es zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Österreich eine könig-kaiserliche Verordnung, die den Wachen erlaubte, „einen Schwärzer auf der Stelle niederzumachen” – kurz: zu erschießen. Die Wanderungen waren unterdessen so rentabel wie lang. Selbst ohne Rast brauchten die Schmuggler für die vielen Kilometer und Höhenmeter meist viele Stunden, konnten mit dem illegal verdienten Geld jedoch Familien ernähren.

Heute gibt es innerhalb des Schengenraumes keine Schmugglerpfade mehr – viele alte Wege werden jedoch von Wanderlustigen für Tageswanderungen oder Grenzüberschreitungen während mehrtägiger Alpenüberquerungen genutzt. Einzig die Namen von Pfaden und Gasthäusern wie „Schmuggler-Stübli“ erinnern heute noch an den heimlichen Handel der Alpen. 

Wandern entlang historischer Schmugglerpfade 
 

Schmugglersteig Tannheimer Tal
Schattwald, Österreich – Bad Hindelang, Deutschland

BELIEBT

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    Schwärzer durften sich auf ihren nächtlichen Schmuggelrouten nur selten eine Rast erlauben. Heute können sich Wandernde im Tannheimer Tal auf gemütlichen Bänken mit Weitsicht ausruhen.

    Foto von mindscapephotos / Adobe Stock

    Dort wo sich einst schwer bepackte Schmuggler das Wannenjoch hinauf schleppten, erleichtert heute ein Sessellift das Erklimmen der ersten Höhenmeter bis auf 1.565 Meter Seehöhe. Der weitere 4,5 Kilometer lange, „versteckte“ Weg führt von Tirol aus über eine luftige Gratwanderung bis hinüber zum bayerischen Iseler. Die jeweils rund 230 Höhenmeter auf- und abwärts sind auch mit Kindern zu meistern. Während Erwachsene hier mit Weitblicken und Aussichten auf die umliegenden Berge auf ihre Kosten kommen, können Kinder spielerisch in die Vergangenheit des Schmuggels eintauchen. 

    Panoramastraße Timmelsjoch
    Tirol, Österreich – Südtirol, Italien

    Teilweise über 180.000 Autos und Motorräder überschreiten das Timmelsjoch jährlich. Der auf bis zu 2.474 Metern über dem Meeresspiegel gelegene Pass ist auch Teil eines Wanderwegenetzes. 

    Foto von balakate / Adobe Stock

    Funde aus dem Jahr 300 v. Chr. belegen die lange Geschichte der Überschreitung des Timmelsjoch-Bergpasses vom heutigen Tirol nach Südtirol. Seine Blütezeit des Handels erlebte das Timmelsjoch vom 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts. 500 Jahre später, im Jahr 1959 eröffnete schließlich das letzte Teilstück der ausgebauten Passstraße. Seitdem kommt man der Geschichte der Schmuggler hier sogar motorisiert ganz nah. 

    Die Hochgebirgsstraße führt durch verschiedene Vegetationszonen – ganz oben wartet eine fast schon raue Berglandschaft darauf, bestaunt zu werden. Nicht ohne Grund ist sie bei motorisierten Sportler*innen und Radler*innen ebenso beliebt wie bei Wanderlustigen als Teil des Europäischen Fernwanderweges E5.

    Ahrntaler Schmugglerpfad
    Zillertal, Österreich – Ahrntal, Italien

    Alpine Bergseen, grüne Wiesen und bis zu über dreitausend Meter hohe Berge, soweit das Auge reicht. Der Ahrntaler Schmugglerpfad führt durch scheinbar unberührte Natur. 

    Foto von René Notenbomer / Adobe Stock

    Nordöstlich von Boden und Meran, vom Südtiroler Ahrntal aus, führten einige Schmugglerpfade über die Grenze hinweg nach Österreich. Über den Ahrntaler Schmugglerpfad kann man heute noch mittels einer Mehrtageswanderung auf den Spuren der Schwärzer die Bergwelt der Grenzregion erkunden. 

    Die beliebte Route startet und endet in Mayrhofen im Zillertal. Entlang alter Schmugglerpfade folgen Wanderfreudige dem über 80 Kilometer langen Rundweg und werden stetig mit hochalpinen Aussichten auf saftig grünen Wiesen, klaren Bergseen und Gletscher belohnt. Nachdem das Ahrntal – oder auch das Tal der 80 Dreitausender – passiert wurde, geht es schließlich wieder zurück nach Mayrhofen. Wer möchte, kann das gut ausgebaute Wegenetz auf der „Sonnenseite“ der Zillertaler Alpen auskosten.

     

    In der sechsten Staffel „Schmugglern auf der Spur“ deckt National Geographic ab dem 04.11.2023 um 20:15 immer samstags die Machenschaften internationaler Banden auf. National Geographic und National Geographic WILD empfangt ihr über unseren Partner Vodafone im GigaTV Paket.  

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