Landkarte, auf der King Pompeys Haus eingezeichnet ist.

King Pompey: Vom Leibeigenen zum König der Sklaven

Auch Sklaven hielten in den heutigen USA regelmäßig Wahlen ab. Nun wurde das Haus einer dieser gewählten Vertreter gefunden – ein wichtiger Versammlungsort für die entrechteten Menschen.

Ausschnitt einer Karte aus einem Geschichtsbuch des frühen 19. Jahrhunderts, in der King Pompeys Haus eingezeichnet ist.

Foto von The History Of Lynn, Alonzo Lewis, 1829, LYNN, MASS.
Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 24. Juli 2024, 09:04 MESZ

Vor mehr als 260 Jahren lebte am Ufer des Flusses Saugus im US-amerikanischen Massachusetts ein ehemaliger Sklave namens Pompey Mansfield, auch King Pompey genannt. Er war einer der ersten Schwarzen Hauseigentümer der heutigen Vereinigten Staaten und bot auf seinem Grundstück gemeinsam mit seiner Frau anderen Sklav*innen sowie freien Afrikaner*innen eine Unterkunft.

Dieses Grundstück sowie die Überreste seines Hauses haben Archäolog*innen nun höchstwahrscheinlich entdeckt. „King Pompey war eine angesehene Figur der Schwarzen Community, aber wo genau sein Grundstück und sein Haus standen, war immer ein Rätsel“, sagt Kabria Baumgartner, Professorin für Geschichte und Africana Studies an der Northeastern University. Der Fund sei ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der Geschichte versklavter Menschen in den USA.

Zwei Forscherinnern an der Ausgrabungsstelle inmitten der Steine des Hauses.

Historikerin Kabria Baumgartner (links) und Archäologin Meghan Howey an der Ausgrabungsstätte. Die Steine sind Teil des Fundaments des einstigen Hauses. 

Foto von Matthew Modoono/Northeastern University

Ein von der Gemeinschaft gewählter König

Wie lange genau King Pompey versklavt war und wann er befreit wurde, weiß man heute nicht mehr. Historische Dokumente aus der Zeit sind selten und haben sich mit Sklav*innen oft wenig befasst. Bislang weiß man aber, dass King Pompey von seinem Halter Daniel Mansfield die Freiheit gewährt bekam und er in den frühen Sechzigerjahren des 18. Jahrhunderts Land erwerben konnte.

Seinen königlichen Titel hat Pompey Mansfield durch Wahlen im Rahmen des sogenannten Black Election Day erlangt. Der Wahltag der Schwarzen Community wurde traditionell ab dem frühen 18. Jahrhundert an dem jährlichen freien Tag der Sklav*innen abgehalten. Laut historischen Aufzeichnungen aus dem Jahr 1915 kamen an diesem Tag Menschen afrikanischer Abstammung zusammen, um ihre Traditionen, die ihnen ihre weißen Vorgesetzten verboten, ausleben zu können und einen Anführer zu wählen, der ihre Belange vertreten sollte. Der Wahltag fand nachweislich in vier US-Kolonien statt: New Hampshire, Massachusetts, Rhode Island und Connecticut. 

King Pompey wurde dabei gleich in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren zum König – beziehungsweise Gouverneur – der Schwarzen Community in seiner Region gewählt. Einer der Gründe war vermutlich sein Landbesitz. Dorthin lud er die Mitglieder seiner Community jährlich am Black Election Day ein und bot ihnen einen sicheren Ort für die Feierlichkeiten. „Die Veranstaltungen sind als lebhaft und fröhlich mit Tänzen und Gesängen auf der Grundlage westafrikanischer Traditionen dokumentiert“, so die Forschenden. Zusätzlich wird vermutet, dass King Pompey adeliger Herkunft war – wie viele Schwarze Männer, die aus Afrika in die USA verschleppt wurden.

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    Landbesitz am Flussufer

    King Pompeys Haus konnte das Forschungsteam letztendlich durch die Zusammenarbeit zwischen Anthropolog*innen, Archäolog*innen und einer Historikerin ausfindig machen. Die Forschenden sichteten monatelang öffentliche Aufzeichnungen und Urkunden und betrieben Ahnen- und Familienforschung. Die Ergebnisse wurden mit historischen Landkarten und Bodenkarten, die auf Basis von Laseruntersuchungen erstellt wurden, verglichen, um den wahrscheinlichsten Ort des Hauses zu ermitteln. Mit Erfolg: Bei Grabungen kam ein Fundament zum Vorschein. Es passte zu den historischen Beschreibungen vom Standort des Gebäudes, das einst an einer Flussbiegung auf einer sumpfigen Wiese mit einigen Eichen gestanden haben soll. 

    Baumgartner betont gegenüber Newsweek wie wichtig dieser Fund im Angesicht der spärlichen Informationen über die Geschichte der afrikanischen Sklaven sei – auch, weil viele Aufzeichnungen damals fast ausschließlich aus Sicht der Sklavenhalter gemacht wurden. „Die archäologische Arbeit verleiht nicht nur Pompeys Geschichte eine unglaubliche Tiefe und Dimension, sondern der Erfahrung Schwarzer Menschen im kolonialen Neuengland insgesamt“, so die Historikerin.

     

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