Mit Revolver & Vision: Harriet Tubman riskierte ihr Leben für Sklaven

Sie war als „Moses“ bekannt, weil sie ihr Volk aus der Sklaverei führte. Die furchtlose Freiheitskämpferin war die wohl bedeutendste Aktivistin der Underground Railroad.

Von Erin Blakemore
Veröffentlicht am 13. Juli 2020, 13:26 MESZ
Harriet Tubmans furchtloser Beitrag zur Underground Railroad und ihr Aktivismus haben sie zu einer der bekanntesten ...

Harriet Tubmans furchtloser Beitrag zur Underground Railroad und ihr Aktivismus haben sie zu einer der bekanntesten historischen Persönlichkeiten Amerikas gemacht.

Foto von Jim Gensheimer, Nat Geo Image Collection

Harriet Tubman zählt zu den berühmtesten US-Amerikanerinnen der Geschichte. Die unerschrockene Frau wagte gleich zwei Fluchtversuche, um der Sklaverei zu entkommen. Mit ihrer Entschlossenheit inspirierte sie Dutzende Leidensgenossen ebenfalls zur Flucht. Sie wurde von einigen der einflussreichsten Köpfe ihrer Zeit verehrt und erhielt Spitznamen wie „Moses“ und „General“. Sie brachte Generationen von versklavten und befreiten Amerikanern neue Hoffnung. Harriet Tubmans Leben war von erschreckenden Grausamkeiten ebenso geprägt wie von unwahrscheinlichen Erfolgen.

Sie wurde um 1820 als Araminta „Minty“ Ross in Maryland geboren und war die Tochter versklavter Eltern. Als Kind wurde ihre Arbeitskraft vom Sklavenhalter Edward Brodess vermietet. Als sie 13 Jahre alt war, warf ein Aufseher mit einem Metallgewicht nach einem Sklaven, um ihn zur Arbeit anzutreiben. Das schwere Metallstück verfehlte den Mann und traf sie stattdessen. Das Mädchen trug eine traumatische Hirnverletzung davon. Von da an erlebte Minty immer wieder lebhafte Träume und Symptome, die einer Temporallappen-Epilepsie ähnelten. Sie interpretierte ihre Visionen als göttliche Zeichen und wurde zutiefst religiös.

Als junge Frau heiratete sie John Tubman und änderte ihren Namen. John war frei – aber sein Status reichte nicht aus, um seine neue Frau – die nun Harriet hieß – davor zu bewahren, willkürlich verkauft zu werden. 1849 versuchte Brodess dann tatsächlich, sie zu verkaufen, konnte aufgrund ihres Gesundheitszustands aber keinen Käufer finden. Nach seinem Tod schien es unvermeidlich, dass Harriets Familie getrennt werden würde. Also versuchte Harriet zum ersten Mal, zusammen mit ihren Brüdern zu fliehen. Der Versuch scheiterte jedoch, als ihre Brüder zum Brodess-Haushalt zurückkehrten. Bald darauf beschloss sie, auf eigene Faust einen zweiten Versuch zu unternehmen.

BELIEBT

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    Ein Gemälde von Harriet Tubman zeigt die mit ihrem Revolver bewaffnet, wie sie ehemalige Sklaven nach Kanada führt.

    Foto von Illustration by Jerry Pinkney, Nat Geo Image Collection

    Die Underground Railroad

    Tubman schaffte es mit Hilfe der Underground Railroad von Maryland nach Pennsylvania. Das berühmte informelle Schleusernetzwerk half Sklaven dabei, aus den Südstaaten nach Norden zu fliehen. Dort angekommen versuchte sie, andere Familienmitglieder aus der Sklaverei zu befreien. Sie kehrte ganze 13 Mal nach Maryland zurück, um sie zu retten. Auf ihren Reisen lieferte sie anderen versklavten Menschen Informationen, um ihnen bei ihrer eigenen Flucht zu helfen. Bewaffnet mit nichts als einem Revolver und ihrem Glauben, führte sie mindestens 70 Sklaven in die Freiheit.

    Tubman war Analphabetin und hatte nie eine formale Schulbildung genossen. Dennoch unterstützte sie mit ihrer großen Erfahrung die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei. Sie freundete sich mit prominenten Weißen und Schwarzen Abolitionisten und Intellektuellen an. Diese Sympathien nutzte sie, um ihre Bemühungen finanziell zu unterstützen. Als berühmteste „Schaffnerin“ der Underground Railroad verdiente sie sich den Spitznamen Moses – eine Anspielung auf die biblische Figur, die ihr Volk aus der Sklaverei führte. Während des Bürgerkriegs half sie entflohenen Sklaven in Lagern der Nordstaaten, diente als Krankenschwester und arbeitete für die Nordstaaten-Armee als Kundschafterin und Spionin. Im Jahr 1863 führte sie eine bewaffnete Expedition in das Gebiet der Konföderierten an.

    Kampf um das Wahlrecht

    Auch nach dem Bürgerkrieg war Tubman weiterhin als Aktivistin tätig und setzte sich für das Frauenwahlrecht und die freien Schwarzen Amerikaner ein. Obwohl sie in ihren späteren Jahren verarmte und mit ihrer Gesundheit zu kämpfen hatte, hörte sie nie auf, sich für dieses Anliegen einzusetzen. 1896 kaufte sie ein zehn Hektar großes Grundstück im Bundesstaat New York, aus dem später ein Heim für alte und mittellose Schwarze wurde. Dort starb sie 1913.

    Im Alter von 74 Jahren kaufte Tubman ein Grundstück in Auburn, New York, auf dem sie ein Heim für Arme und ältere Menschen errichten wollte. Mit Hilfe der African Methodist Episcopal Zion Church wurde 1908 das Tubman Home for Aged and Indigent Negroes eröffnet.

    Foto von Ira Block, Nat Geo Image Collection

    Harriet Tubmans Geschichte ist in großen Teilen von Mythen durchzogen. Aber sie wird noch heute für den Mut verehrt, der nicht nur ihr selbst zur Flucht verhalf. Dank ihm konnte sie auch der ständigen Gefahr einer erneuten Gefangennahme ins Auge blicken, während sie etliche Menschen in die Freiheit führte. Tubmans Gesicht sollte eigentlich das von Andrew Jackson auf der 20-Dollar-Note ersetzen. Mittlerweile liegen diese Pläne aber auf Eis – blockiert durch einen Verwaltungswechsel und angebliche technische Herausforderungen. Aber auch, wenn dieser symbolische Ruhm ihr vielleicht nie zuteilwerden wird, bleibt sie eine der bekanntesten Figuren der US-amerikanischen Geschichte.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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