Von Mata Hari bis Günter Guillaume: Berühmte Spione und ihre Geschichten
Die wichtigste Eigenschaft von Agent*innen im Dienste von CIA, MI6 & Co ist, dass sie ihre Aktivitäten geheim halten. Einige sind jedoch trotzdem bekannt geworden – und haben mit ihrer Spionagetätigkeit zum Teil den Lauf der Weltgeschichte beeinflusst.
Glamouröse Doppelagentin oder erfolglose Gehaltsspionin? Die Tänzerin und Kurtisane Mata Hari, hier auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1906, war vermutlich nicht die nachrichtendienstliche Geheimwaffe, für die man sie lange Zeit gehalten hat.
Wissen ist Macht – und um diese Macht zu erlangen, unterhalten Regierungen spezielle Behörden oder Organisationen, die Erkenntnisse über andere Staaten und ihre politischen, militärischen oder wissenschaftlichen Aktivitäten sammeln. Unterschieden wird in Auslandsnachrichtendienste, die diese Informationen lediglich zusammentragen und auswerten, und Geheimdienste, die darüber hinaus auch aktiv in das Geschehen eingreifen – etwa durch Sabotage, politische Einflussnahme und Attentate.
Geheime Nachrichtendienste
Die Idee, andere Nationen oder politische Gegner auszuspionieren, ist alt. Der erste englische Geheimdienst entstand beispielsweise bereits im 16. Jahrhundert unter Queen Elizabeth I. und hatte die Aufgabe, Verschwörungen gegen die Königin aufzudecken. Auch Napoleons Siegeszug war zu großen Teilen der Beschaffung von Geheiminformationen zu verdanken. Richtig in Fahrt kamen Spionageaktivitäten im 20. Jahrhundert, als die internationalen Beziehungen zwischen den Nationen enger wurden. Besonders aktiv waren Nachrichten- und Geheimdienste während des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie des Kalten Kriegs.
Heute gehören die US-amerikanische CIA (Central Intelligence Agency), der britische Secret Intelligence Service (früher MI6) und der israelische Mossad zu den bekanntesten Nachrichtendiensten. In Deutschland operieren seit den Fünfzigerjahren der Bundesnachrichtendienst (BND) im Aus- und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Inland. Zu DDR-Zeiten war das Ministerium für Staatssicherheit (kurz Stasi) über die Mauer hinweg berüchtigt.
Das Wort Spion hat seine Wurzel im Italienischen spione für Beobachter oder Kundschafter. Während des Dreißigjährigen Krieges fasste es in der deutschen Sprache Fuß. Die Forschung hat vier Motive benannt, die Menschen dazu bewegen, sich von fremden Mächten als Agent*innen anwerben zu lassen. Zusammengefasst werden sie unter dem englischen Akronym MICE.
Agentenleben: viel Gefahr, wenig Glamour
Dabei steht das M für money, also Geld, und tatsächlich gab und gibt es nicht wenige Spion*innen, die sich in erster Linie finanziell bereichern wollen. Andere handeln aus ideologischen Gründen, weil sie überzeugt sind, durch ihr Tun die „gute Seite“ zu unterstützen: Ideology. Coercion – zu Deutsch Zwang – ist das dritte Motiv, das auf Personen zutrifft, die in die Spionage getrieben werden, um die Enthüllung eigener Geheimnisse zu verhindern. Schließlich gibt es noch Agent*innen, die vom Ego angetrieben werden. Ihnen gefällt die Macht, die sich durch ihre Aktivitäten haben, oder die Möglichkeit, dadurch persönlich Rache nehmen zu können.
Unabhängig von den Beweggründen: Agentengeschichten faszinieren die Menschen. James Bond, ein fiktiver MI6-Spion, zu dessen Abenteuern der britische Autor Ian Fleming durch den realen Agenten Sidney Reilly inspiriert worden sein soll, hat eine weltweite Fangemeinde. Decknamen, verschlüsselte Nachrichten, geheime Treffen, ein Doppelleben und die ständige Gefahr, enttarnt zu werden – all das ist Stoff für spannende Geschichten.
Doch das wahre Agentenleben ist oft weniger schillernd als Hollywood es darstellt. Zwar gab es Spion*innen, die für ihre Arbeit geehrt wurden, bei manchen war dies aber erst postum der Fall. Andere flogen auf, landeten hinter Gittern oder wurden hingerichtet. Einige der berühmtesten Fälle folgen hier.
Inhalt
- Geheime Nachrichtendienste
- Agentenleben: viel Gefahr, wenig Glamour
- Mata Hari – Verführung im Auftrag des Geheimdienstes
- Fritz Kolbe – Spion aus Überzeugung
- Josephine Baker – Agentin im Bananenrock
- Klaus Fuchs – Atombomben für alle
- Aldrich Ames – Verrat aus Geldgier
- Galerie: 4 weitere berühmte Spion*innen – und eine Taube
Mata Hari – Verführung im Auftrag des Geheimdienstes
Margaretha Geertruida Zelle, bekannt als Mata Hari, am Tag ihrer Verhaftung am 13. Februar 1917.
Margaretha Geertruida Zelle wird im Jahr 1876 im niederländischen Leeuwarden geboren. Die Ehe, die sie im Jahr 1895 mit einem Kolonialoffizier eingeht, zerbricht im Jahr 1902. Daraufhin beginnt ihre Karriere als ,exotische‘ Tänzerin und Kurtisane unter dem Künstlernamen Mata Hari. Mit ihrem selbst entwickelten Schleiertanz wird sie schnell berühmt und kommt mit vielen Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft in engen Kontakt.
Doch nur wenige Jahre später bleibt der Erfolg aus. Mata Hari ist in Geldnot. Vermutlich dadurch motiviert, tritt sie 1915, während des Ersten Weltkriegs, als Agentin „H 21“ in den Dienst des deutschen Geheimdienstes. Ihr Auftrag: Sie soll englischen und französischen Offizieren, mit denen sie anbändelt, Militärgeheimnisse entlocken. Ein Jahr später lässt sie sich außerdem vom französischen Geheimdienst anwerben – gegen das Deutsche Reich.
Als ihre Tätigkeit als Doppelagentin auffliegt, macht man ihr im Jahr 1917 in Paris den Prozess. Sie wird des Hochverrats schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt. Die Hinrichtung durch ein Erschießungskommando findet am 15. Oktober 1917 statt. Wie nützlich die Agentin für ihre Auftraggeber war, ist fraglich. Im Jahr 1999 freigegebenen britischen Geheimdienstakten belegen zwar, dass Mata Hari angeworben wurde, brisante Informationen soll sie aber nie geliefert haben.
Fritz Kolbe – Spion aus Überzeugung
Der deutsche Beamte Fritz Kolbe spionierte während der NS-Zeit für den US-amerikanischen Geheimdienst.
Der im Jahr 1900 in Berlin geborene Fritz Kolbe arbeitet ab dem Jahr 1925 für das Auswärtige Amt – eine Laufbahn, die ihn von Madrid über Warschau und Lissabon bis nach Kapstadt führt. Nach seiner Rückkehr nach Berlin wird er 1941 Mitarbeiter des Botschafters Karl Ritter und hat dadurch Zugang zu politischen und militärischen Geheimakten. Brisant, denn Kolbe ist alles andere als ein treuer Staatsdiener: Er hasst die Nationalsozialisten und Hitler und ist davon überzeugt, dass ihrer Herrschaft nur von außen ein Ende gesetzt werden kann.
Darum versucht er, Kontakt zum britischen Geheimdienst aufzubauen – ohne Erfolg. Ab 1943 liefert er dann unter dem Decknamen „George Wood“ geheime Informationen an die Amerikaner, unter anderem über die Dechiffrierung amerikanischer Geheimcodes, das V-Waffenprogramm, NS-Spione und den D-Day. Rund 1.600 streng geheime Telegramme gibt er weiter und liefert mündlich Informationen an seinen Kontakt beim Office of Strategic Services (OSS), Allen Welsh Dulles. Der spätere Direktor der CIA nennt Kolbe „einen der besten Agenten, den irgendein Geheimdienst jemals gehabt hat.“
Doch nicht alle sind dieser Meinung. Der britische Geheimdienst schürt Zweifel an Kolbes Integrität und verdächtigt ihn, ein Doppelagent zu sein. So werden viele Informationen, die er liefert, nicht genutzt. Nach Kriegsende ist Kolbe aufgrund seiner aufgeflogenen Spionagetätigkeit in Deutschland eine Persona non grata. Er geht in die Schweiz und lebt von einer kleinen Pension, die Dulles ihm vermittelt, und seinem Job als Vertreter für Motorsägen. 1971 stirbt Kolbe in Bern an Krebs.
Josephine Baker – Agentin im Bananenrock
Josephine Baker mit ihrem berühmten Bananenschurz auf einem Foto, das für die Produktion „Un Vent de Folie“ entstanden ist, die 1927 im Pariser Varietétheater Folies Bergére aufgeführt wurde.
Ähnlich wie Mata Hari nutzte auch Josephine Baker das Rampenlicht als Tarnung für ihre Spionagetätigkeiten. Die gebürtige US-Amerikanerin kommt im Jahr 1925 im Alter von 19 Jahren nach Paris und macht mit ihrem Schurz aus Bananen und dem Charleston, den sie tanzt, Furore. Im Jahr 1937 wird sie französische Staatsbürgerin, ab Juni 1940 arbeitete sie für die Résistance, die gegen die nationalsozialistische Besatzungsmacht kämpft, sowie den französischen Geheimdienst.
Als Künstlerin ihres Status kann sie reisen und ohne Aufsehen zu erregen Kontakte zu hochrangigen Personen pflegen. Bei Shows und Empfängen entlockt sie Deutschen und ihren Verbündeten unauffällig Informationen und gibt diese weiter. Außerdem transportiert sie Geheimdokumente – zum Beispiel in ihrer Unterwäsche oder geschrieben in unsichtbarer Tinte auf Notenblättern –, und versteckt Juden und Widerstandskämpfer in ihrem Anwesen vor den Nationalsozialisten. Für ihre Verdienste mehrfach ausgezeichnet stirbt Josephine Baker im Jahr 1975 in Paris an einer Gehirnblutung.
Klaus Fuchs – Atombomben für alle
Diese Aufnahme aus den Vierzigerjahren entstand für den Sicherheitsausweis, mit dem der deutsche Physiker Klaus Fuchs Zugang zu den Räumlichkeiten des Manhattan-Projekts in Los Alamos, New Mexico, hatte.
Im Jahr 1911 in Rüsselsheim geboren, studiert Fuchs in den Jahren 1930 bis 1933 Mathematik und Physik in Leipzig und Kiel. Mit Machtergreifung der Nationalsozialisten wird er als Mitglied der KPD zum Verfolgten und flieht erst nach Paris und dann nach Großbritannien, wo er sein Studium abschließt und eng mit dem britischen Physiker und späteren Nobelpreisträger Neville Mott zusammenarbeitet.
Ab 1937 steht die Kernphysik im Zentrum seiner Forschung. Dies führt Fuchs, der inzwischen die britische Staatsbürgerschaft angenommen hat, 1943 nach New York und dann nach Los Alamos, wo er unter anderem mit Robert Oppenheimer im Rahmen des Manhattan-Projekts erfolgreich die erste Atombombe entwickelt. Im Jahr 1950 soll er zur Ehrung dieser und anderer wissenschaftlicher Durchbrüche in die Royal Society aufgenommen werden – doch dazu kommt es nicht.
Denn kurz bevor es soweit ist, wird Fuchs wegen Spionage verhaftet. Er hatte seit 1944 über Harry Gold, einen Spion der Sowjetunion, Informationen über den Bau der Bombe weitergegeben. Sein Motiv: Er wollte den Einsatz der Waffe im Kalten Krieg verhindern, indem er dafür sorgte, dass beide Mächte in ihrem Besitz sind. Fuchs wird zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt, im Jahr 1959 aber begnadigt. Er zieht in die DDR, wo er seine Forschungsarbeit fortsetzt und stirbt im Jahr 1988 in Ost-Berlin.
Aldrich Ames – Verrat aus Geldgier
Aldrich Hazen Ames nach seiner Verhaftung am 21. Februar 1994.
Aldrich Hazen Ames wird im Jahr 1941 in Wyoming geboren und arbeitet direkt nach seinem High School-Abschluss für den US-amerikanischen Geheimdienst CIA. Nach seinem Einstieg als Bürokraft legt er eine steile Karriere bei der Behörde hin. Obwohl bekannt ist, dass Ames Alkoholprobleme hat und öfter Sicherheitsprotokolle bricht, wird er 1985 zum Chef der Abteilung ,Gegenspionage UdSSR‘ befördert.
Zu diesem Zeitpunkt ist er nach der Scheidung von seiner ersten Frau und aufgrund seines verschwenderischen Lebensstils in Geldnot. Aus dieser will er sich befreien, indem er Geheiminformationen an die Sowjetunion verkauft. Informanten im Ost-Block, die dadurch enttarnt werden, eliminiert der KGB nach und nach. Das bemerkt auch die CIA, doch die Ermittler kommen Ames nicht auf die Schliche. Stattdessen wird er sogar befördert.
Erst ab dem Jahr 1993 wird er überwacht und abgehört, bis genug belastende Beweise vorliegen, um ihn am 21. Februar 1994 wegen des Verdachts der Spionage festzunehmen. Knapp 2,5 Millionen Dollar soll er im Laufe der Jahre mit seiner Spionagetätigkeit verdient haben, die zu der Hinrichtung von mindestens zehn CIA-Spionen und der Vereitelung von hundert Geheimoperationen geführt hat. Ames wird zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, die er bis heute in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Indiana absitzt.