6 abgesagte Weltuntergänge – und einer, der noch kommen soll

Das Ende der Welt wurde schon oft prophezeit und ist doch bisher nicht eingetreten. Wann die Apokalypse erwartet wurde, wer sie kommen sah – und welcher mögliche Weltuntergang uns noch bevorsteht.

Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 22. Aug. 2024, 09:48 MESZ
Holzschnitt von Albrecht Dürer: Leidende Menschen und Sternhagel aus dem Himmel stellen die Apokalypse dar.

Im Jahr 1498 fertigte Albrecht Dürer 15 Holzschnitte an, die den Verlauf der Apokalypse laut der Offenbarung des Johannes abbilden. Zu sehen ist ein Ausschnitt aus der Öffnung des fünften und des sechsten Siegels.

Foto von Albrecht Dürer, 1471-1528 / Wikimedia Commons

Die Erde ist ein Krisenherd. Kriege, Naturkatastrophen, Klimawandel, aber auch persönliche Rückschläge im Alltag machen Angst vor der Zukunft. Doch nichts ist so endgültig wie der Weltuntergang, der die Existenz der Menschheit und möglicherweise des gesamten Planeten auf einen Schlag beenden wird.

Dieses universelle Großereignis und vor allem die Frage, wann und wie es eintreten wird, beschäftigt die Menschen seit jeher. Prophezeiungen zum Weltuntergang gab es im Laufe der Geschichte viele. Am bekanntesten ist vermutlich die Offenbarung des Johannes, das einzige prophetische Buch im Neuen Testament. Sie umfasst 22 Kapitel und handelt vom jüngsten Gericht, dem Untergang der Erde und dem Entstehen einer neuen Welt Gottes. Wann genau sich die Apokalypse ereignen soll, verrät die Offenbarung nicht.

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Das Ende war nah

Andere Propheten wurden konkret. So machte zum Beispiel der deutsche Theologe Martin Luther seinerzeit gleich drei Jahre als mögliche Termine für den Weltuntergang publik: 1532, 1538 und 1541. Danach ließ er bis zu seinem Tod im Jahr 1546 zu keiner weiteren Prognose hinreißen.

Auch der französische Mediziner und Astrologe Nostradamus sagte in seinen im 16. Jahrhundert niedergeschriebenen Prophezeiungen – je nach Auslegung – das Ende der Welt voraus. Laut seinem Vers 10/72 sollte im siebten Monat des „Jahr Neunzehnhundert Neunundneunzig […] vom Himmel der große Schreckenskönig kommen“. Nichts dergleichen geschah.

Oft waren und sind es Führer*innen religiöser Gemeinschaften, Sekten und Kulte, die mit der Angst vor dem nahenden Weltuntergang ihre Anhänger an sich binden oder gar in den Tod treiben.

Galerie: Weltuntergang als Kult: Falsche Propheten

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    Doch es gab auch einige Prophezeiungen, die auf – rückblickend vermeintlichen – wissenschaftlichen Annahmen beruhten. Ihre Urheber glaubten, mithilfe von Mathematik und der Beobachtung von Himmelsphänomenen den nahenden Weltuntergang präzise bestimmen zu können. Einige Beispiele folgen hier.

    1179 – Planetentreffen im Zeichen Waage

    Im Jahr 1179 verbreiteten sich mysteriöse Briefe eines Zisterzienser-Mönchs namens „Johannes von Toledo“, die vor einem Sturmwind warnten, der sieben Jahre später – im September 1186 – aufkommen und Zerstörung, Seuchen, Erdbeben und Hungersnöte bringen sollte. Der Grund für die Katastrophe: Astrologie, denn zum Auftakt der Apokalypse würden sich die Sonne und die fünf oberen Planeten allesamt im Tierkreiszeichen Waage befinden.

    Die Menschen nahmen die Gefahr ernst, bauten Schutzräume in unterirdischen Höhlen, beteten, fasteten und hielten Prozessionen ab, um den Weltuntergang abzuwenden. Entweder waren sie erfolgreich oder die Prophezeiung falsch – der erwartete Sturm blieb jedenfalls aus und die Welt ging nicht unter.

    1499 – Die „Stöffler-Flut“

    Im Jahr 1499 veröffentlichte der deutsche Astronom, Mathematiker, Astrologe und Pfarrer Johannes Stöffler einen Almanach mit astronomisch-astrologischen Vorhersagen. Darin aufgeführt: Eine seltene Planetenkonstellation am 20. Februar 1524, bei der sich alle Planeten sowie Sonne und Mond im Sternzeichen Fische versammeln.

    Dank des nur wenige Jahrzehnte zuvor erfundenen Buchdrucks verbreitete sich das Werk in 13 Auflagen schnell in ganz Europa – ebenso wie die Angst vor einer Sintflut. Denn, so stand es im Almanach, die Konjuktionen der Planeten in einem „wässrigen Zeichen“ sollten laut Stöffler weltbewegende Ereignisse auslösen, etwas seit Jahrhunderten nicht Dagewesenes. Weitere Astrologen bekräftigten die düstere Prophezeiung Stöfflers.

    Je näher der Tag kam, desto größer wurde die Panik: Vorräte wurden gehamstert, Archen gebaut. Tatsächlich blieb die große Katastrophe aber aus. Als Kritik an seiner Prognose laut wurde, wies Stöffler darauf hin, ohnehin nichts Konkretes vorhergesagt zu haben.

    1533 – Wortrechnung mit Bibelversen

    Wieder war es ein deutscher Theologe und Mathematiker, der den nächsten Weltuntergang kommen sah. Michael Stifel, der eine persönliche Beziehung zu Martin Luther pflegte, war fasziniert von der sogenannten Wortrechnung, bei der mithilfe von Mathematik versteckte Bedeutungen in Texten gefunden werden sollten.

    Eine solche Berechnung der Johannesoffenbarung ließ Stifel im Jahr 1532 zu dem Ergebnis kommen, dass die Welt am 19. Oktober 1533 um acht Uhr morgens enden würde. Luther warnte ihn davor, diese Überzeugung publik zu machen, doch Stifel ließ sich nicht aufhalten. Der Pfarrer stimmte seine Gemeinde in Lochau auf die Apokalypse ein, was dazu führte, dass Bauern ihre Arbeit niederlegten und Besitztümer aufgegeben wurden. Pilger kamen und ließen sich von Stifel die Beichte abnehmen. Als die Welt, anders als prophezeit, nicht unterging, wurde Stifel wegen groben Unfugs festgenommen und musste vier Wochen in Schutzhaft verbringen.  

    1910 – Der Halleysche Komet

    Es war nicht so, als hätte sich 1P/Halley, besser bekannt als Halleyscher Komet, der Erde im Jahr 1910 zum ersten Mal angenähert: Im Schnitt alle 75,3 Jahre kann man den nach seinem Entdecker Edmond Halley benannte Himmelskörper am Nachthimmel sehen.

    Aufnahme des Halleyschen Kometen aus dem Jahr 1986.

    Foto von NASA/ESA/Giotto Project

    Erste Hinweise auf den nächsten Besuch des Kometen gab es ab Herbst 1909. Am 20. April 1910 analysierte der Heidelberger Astronom Max Wolf die Bahn von 1P/Halley und teilte mit, dass „um 4 Uhr 24 am 20. Mai 1910 die Erde den Schweif des Kometen durchqueren wird“. Panik brach aus, denn der französische Astronom Camille Flammarion hatte am 8. Februar 1910 gewarnt, dass Cyangas im Kometenschweif die Erdatmosphäre beschädigen und das Leben auf dem Planeten auslöschen könne.

    Obwohl der Halleysche Kometenschweif tatsächlich das giftige Gas Dicyan enthält, ist dieses keine Gefahr für die Erde und ihre Bewohner – trotzdem waren in den Wochen vor dem 20. Mai 1910 viele Menschen in Todesangst. Es gab einen Run auf Sauerstoffflaschen und „Kometenpillen“, die vor dem Giftgas schützen sollten. Die Zeitungen heizten die Hysterie an. Menschen setzten ihrem Leben vorsorglich ein Ende. Am 19. Mai 1910 zog 1P/Halley unter den Blicken vieler Schaulustiger auf der ganzen Welt still an der Erde vorbei. Die Welt ging nicht unter – und wenn das bis zum Jahr 2061 so bleibt, wird sich dann die nächste Gelegenheit geben, den Flug des Kometen zu beobachten.

    1999 – Das Millennium-Problem

    Dass Computerwissenschaftler*innen in den Sechziger- und Siebzigerjahren nicht berücksichtigt hatten, dass in wenigen Dekaden ein neues Jahrtausend beginnen würde, löste Ende der Neunzigerjahre Weltuntergangsstimmung aus. Um raren Speicherplatz zu sparen, hatten die IT-Pioniere für die Verarbeitung von Daten in ihren Programmen das Format TTMMJJ angelegt.

    Nun aber stand das Millennium vor der Tür und aus der 19 am Anfang der Jahreszahl würde bald eine 20 werden. Inzwischen gab es kaum einen Lebensbereich, in dem Computer keine wichtige Rolle spielten und so rechnete man aufgrund des drohenden Y2K-Bugs zur Jahrtausendwende mit katastrophalen, gar apokalyptischen Folgen: Vom Zusammenbruch der kritischen Infrastruktur über Flugzeugabstürze und eine Weltwirtschaftskrise verursacht durch einen Börsencrash bis hin zur versehentlichen Zündung von Nuklearwaffen.

    Um das zu vermeiden, wurden weltweit Computersysteme auf ihre Millenniumtauglichkeit geprüft und Hard- und Software aktualisiert – Maßnahmen, die offenbar halfen. Denn auch, wenn es an machen Orten der Welt Probleme mit Automaten und Rechnungssystemen gab: Das Ende der Welt war das nicht.

    2012 – Der Maya-Kalender

    Fragement eines Maya-Kalenders aus Mexiko mit einem Alter, datiert auf 550 bis 800 n. Chr.

    Foto von José Luis Filpo Cabana / Wikimedia Commons

    Das Ende der Zeitrechnung muss auch das Ende der Welt bedeuten – so zumindest die Überzeugung derer, die den Weltuntergang im Jahr 2012 erwarteten. Grund war der damals bekannte Maya-Kalender, dessen lange Zählung mit dem Jahr der Schöpfung 3114 v. Chr. beginnt und 13 Baktuns – Zyklen von 400 Jahren, die je 365 Tage umfassen – durchläuft. Am 21. Dezember 2012 endet er und damit, so glaubten manche, auch die Welt.

    Angefeuert wurden die Befürchtungen durch eine Inschrift auf dem sogenannten „Monument 6“, das in den Sechzigerjahren in der südmexikanischen Maya-Fundstätte El Tortuguero entdeckt wurde. Ihr zufolge sollte am 21.12.2012 die Gottheit Bolon Yokte’ K’uh in Erscheinung treten. Vom Weltuntergang ist nicht explizit die Rede, die Interpretation verbreitete sich trotzdem vor allem im Internet wie ein Lauffeuer – und damit die Angst vor der Apokalypse.

    Doch alle, die an den Zusammenhang glaubten, konnten sich im Mai 2012 wieder beruhigen: Wenige Monate vor dem schicksalshaften Tag berichteten Forschende, dass sie in Guatemala auf einen älteren, 17 Baktuns umfassenden Maya-Kalender gestoßen waren. Dieser Fund verschob den möglichen Weltuntergang um rund 1.577 Jahre in die Zukunft.

    2060 – Newtons Berechnungen

    Der Brite Isaac Newton, Entdecker des Gravitationsgesetzes, ist einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler der Menschheitsgeschichte, der mit seinem 1686 erschienenen Werk Philosophiae Naturalis Principa Mathematica die Grundlagen für die klassische Mechanik lieferte. Doch der Mann der Wissenschaft hatte noch andere Leidenschaften: die Alchemie und die Bibel.

    Wie aus einem Brief Newtons hervorgeht, der gemeinsam mit anderen von ihm stammenden Dokumenten in der Jewish National and Universal Library in Jerusalem, Israel, aufbewahrt wird, versuchte er, anhand von Bibelstellen den Zeitpunkt des Weltuntergangs vorauszusagen. Basierend auf dem Buch Daniel und der Offenbarung kam er 1704 zu dem Schluss, dass die Apokalypse 1.260 Jahre nach der Übernahme der obersten Gewalt durch den Papst eintreten könnte. Er vermutete, dass dieses Ereignis im Jahr 800 n. Chr. mit der Krönung von Karl dem Großen zum Kaiser stattgefunden hatte, denn diese war erstmals von einem Papst – Leo III. – vollzogen worden.

    Wirklich festlegen wollte sich der Wissenschaftler aber nicht: „Es könnte später enden, aber ich sehe keinen Grund, dass es früher enden sollte“, schreibt er in dem Brief. Mindestens bis zum Jahr 2060 kann sich die Menschheit, wenn man Newton glauben will, also entspannen.

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