Jagen in der Steinzeit: Wie tötet man ein Mammut?
Forschende haben im Rahmen eines Experiments herausgefunden, wie unsere Vorfahren die riesigen Tiere zu Fall bringen konnten.
Dass die Menschen in der Steinzeit sogenannte Megafauna – also die körperlich größten Tierarten in einem Habitat – erlegt haben, ist bewiesen. Doch wie bewerkstelligten sie das?
Bis zu seinem Aussterben in Europa und Nordamerika vor rund 11.500 Jahren stand das Mammut noch auf dem Speiseplan des Menschen. Doch wie konnten unsere steinzeitlichen Vorfahren die bis zu acht Tonnen schweren Tiere erlegen?
Das haben Forschende der University of California in Berkeley, USA, nun mithilfe von experimenteller Archäologie untersucht und dabei eine außergewöhnliche Methode herausgearbeitet. Laut dem Forschungsteam jagten die Menschen den Mammuts nicht etwa hinterher und warfen sie mit ihren Speeren ab – so wie meist vermutet wird. Stattdessen rammten sie das Ende ihrer Waffen in den Boden und ließen die Tiere dann selbst in ihr Verderben, also die Speerspitze, rennen.
Spannende Ergebnisse durch experimentelle Archäologie
Nachweislich begannen die Menschen in Nordamerika vor etwa 13.000 Jahren Projektilspitzen aus Feuerstein, sogenannte Clovis-Spitzen, zu nutzen. Für ihre Studie, die im Fachmagazin Plos ONE erschien, baute das Forschungsteam steinzeitliche Waffen mit einer solchen Spitze nach. Damit „jagten“ die Forschenden dann ihre Beute – zunächst ein Stück nasse Kuhhaut und dann ein Holzbrett, die jeweils am Boden eines kleinen Freifallturms befestigt waren. Die Apparatur ließ den Speer mit einer ähnlichen Kraft auf ihr Ziel treffen, mit dem damals die Mammuts in den Speer gerannt sein mussten.
Das Ergebnis: Sobald die Clovis-Spitze die Haut durchstochen hatte, splitterte der Speer quasi auf. Die Clovis-Spitze, die zwischen einem Holzspieß und einem Knochenstab befestigt ist, wurde tiefer in die Lücke zwischen den beiden Speerbestandteilen geschoben – sodass das Tier nun von gleich drei Spitzen, dem Stein, dem Knochen und dem Holzspieß, verletzt wurde.
Eine der Replikas, die die Forschenden für ihre Experimente nutzten, bestehend aus einer Spitze, einem abgeschrägten Knochenstab und dem Holzstiel.
Durch den Aufprall wurde das Tier von gleich mehreren Spitzen verletzt. Der Speer funktionierte so ähnlich wie ein modernes Hohlspitzgeschoss, das beim Aufprall ,aufpilzt‘.
Laut Jun Sunseri, Anthropologe und Mitautor der Studie, ist diese Methode weitaus plausibler als die verbreitete Hypothese, dass die Menschen die Speere auf Mammuts warfen. „Die Energie, die man mit einem menschlichen Arm erzeugen kann, ist nicht vergleichbar mit der Energie, die von einem angreifenden Tier erzeugt wird. Das ist eine ganz andere Größenordnung“, sagt er. Die Speere seien deshalb neben einer Jagdwaffe gleichzeitig auch ein Abwehrmechanismus gegen Tierangriffe gewesen.
Die Mammut-Jagdmethode, die das Forschungsteam als wahrscheinlichste herausgearbeitet hat, wurde auch in anderen Regionen der Welt nachweislich genutzt. Beispielsweise im nördlichen Eurasien des 19. Jahrhunderts bei der Jagd auf Bären.
Rätsel der Clovis-Spitzen gelöst?
Die Clovis-Spitzen gehören zu den steinzeitlichen Artefakten, die in Nordamerika am häufigsten bei Ausgrabungen entdeckt werden – immer wieder auch im Zusammenhang mit Überresten von Mammuts. Die Größe der Steine reicht von der eines Daumens bis zu einer ganzen Hand. Benannt sind sie nach der Stadt Clovis im US-Bundesstaat New Mexico, wo die Steine erstmals gefunden wurden.
Bisher konnte noch nicht eindeutig nachgewiesen werden, wie genau die Steinzeitmenschen Clovis-Spitzen nutzen. Die Vermutung, dass ihre Hauptfunktion als Teil eines Speeres im aktiven Jagen von großen Tieren bestand, wurde allerdings bereits in weiteren Studien aus den letzten Jahren angezweifelt.
Wahrscheinlich ist, dass die Spitzen eine ganze Reihe von Aufgaben erfüllten, darunter das Schneiden von Fleisch. Die aktuelle Studie bestätigt außerdem, dass ihre Verwendung in Speeren vermutlich diverser war als gedacht – und diese nur selten tatsächlich geworfen wurden.