Konflikte und Gewalt: Deshalb lebten norwegische Wikinger gefährlicher als dänische
Eine neue Studie hat untersucht, wie sich Wikingervölker aus Norwegen und Dänemark voneinander unterschieden haben. Dabei spielt vor allem das Ausmaß der Gewalt eine große Rolle.
Darstellung des Todes von Olav II. Haraldsson, einem norwegischen Wikingerkönig, während der Schlacht von Stiklestad.
Studien zeigen: Gewalt und Auseinandersetzungen spielten in nordischen Wikingergesellschaften eine große Rolle. Allerdings äußerten sie sich nicht bei allen Wikingervölkern gleich – und waren keineswegs die Norm für das Zusammenleben der Wikinger untereinander. Das ergab eine neue Studie eines internationalen Forschungsteams. Laut dieser seien norwegische Wikinger untereinander gewalttätiger gewesen als dänische, die wiederum eher auf strenge soziale Hierarchien gesetzt hätten.
Zwischenmenschliche Gewalt gegen offizielle Hinrichtungen
In der Studie, die im Fachmagazin Journal of Anthropological Archaeology erschien, wurden norwegische und dänische Wikingergesellschaften des 9. und 10. Jahrhunderts verglichen. Um herauszufinden, welche Gewalthandlungen in der jeweiligen Gesellschaft vorherrschten, verglichen die Forschenden zunächst die Häufigkeit verschiedener Verletzungen an menschlichen Skeletten aus einem dänischen und einem norwegischen Wikingervolk.
Dabei zeigte sich: Etwa 33 Prozent der Skelette der Stichprobengruppe aus Norwegen wiesen verheilte Verletzungen an Knochen und Schädel auf, 37 Prozent sogar tödliche Verletzungen. Das heißt: Gewalt untereinander sowie Mord und Totschlag waren in dieser Gesellschaft nicht ungewöhnlich.
Schädel eines Wikingers, der zu Lebzeiten stumpfe Gewalteinwirkung erlebt hat.
Anders sahen die Skelette der dänischen Gruppe aus. Insgesamt zeigten nur wenige der Knochen und Schädel Anzeichen von Gewalteinwirkung zu Lebzeiten der Menschen. Das heißt aber nicht, dass Gewalt in Dänemark damals keine Rolle spielte – sie war vielmehr den politischen Eliten vorbehalten. Die Studie zeigt: Etwa 6 Prozent der untersuchten Individuen starben durch starke Gewaltanwendung, die meisten von ihnen durch offizielle Hinrichtungen.
„Die soziale Pyramide in Dänemark war steiler und komplexer als in Norwegen“, so die Forschenden. „In Dänemark überwiegen die ,offiziellen‘ Hinrichtungen, während diese in Norwegen selten waren.“
Unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen
Dieser Unterschied wird auch durch die Häufigkeit von Waffen als Grabbeigaben bestätigt. Laut den Forschenden wurden in Norwegen bisher mehr als 3.000 Schwerter in Wikingergräbern gefunden, in Dänemark sind es nur wenige Dutzend. Brutalität und kriegerische Gewalt wurden in der norwegischen Gesellschaft also vermutlich mehr geschätzt und brachten Menschen ein höheres Ansehen ein, während die politischen Eliten in Dänemark dafür sorgten, dass zwischenmenschliche Gewalt weniger notwendig war.
Diese Erkenntnis ist laut dem Soziologen David Jacobson von University of South Florida, Mitautor der Studie, bemerkenswert. „Bisher ging man davon aus, dass das wikingerzeitliche Skandinavien in sozialer Hinsicht weitgehend ein einheitlicher Raum war“, sagt er. Diese Annahme habe man nun widerlegen können.