120 Jahre alte Bilder zeigen erste deutsche Antarktis-Expedition

Mit der Gauß-Expediton betraten im Jahr 1902 die ersten Deutschen antarktischen Boden. Das Leibniz-Institut für Länderkunde macht die Aufnahmen von damals nun für alle zugänglich.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 12. März 2025, 08:50 MEZ
Der Fesselballon im Eis.

Vorbereitungen zum Start eines Fesselballons. Drei mal begab sich Expeditionsleiter Erich von Drygalski bis zu 500 Meter in die Luft. Auf diese Weise sichtete er erstmals den 80 Kilometer entfernten erloschenen Vulkan Gaußberg.

Foto von Leibniz-Institut für Länderkunde

Von 1901 bis 1903 leitete der Geograph Erich von Drygalski die erste deutsche Expedition in die Antarktis. Über 120 Jahre später werden nun die umfassenden Aufzeichnungen der Forschungsreise vom Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) digitalisiert: Die rund 1.400 Fotografien zeigen für die Region typische Tier-, Pflanzen- und Gesteinsarten sowie Landschaftsaufnahmen. Ein immer wiederkehrendes Motiv ist außerdem der während der Reise entdeckte, erloschene Vulkan Gaußberg.

„Die Bilder besitzen neben ihrer historischen Bedeutung auch eine hohe Relevanz für die heutige Klima- und Umweltforschung“, sagt Bruno Schelhaas, Leiter des IfL-Archivs. „Mit den historischen Forschungsdaten können aufschlussreiche Vergleiche durchgeführt werden, die für die Geowissenschaften sehr wertvoll sind.“

Dafür eignen sich beispielsweise Aufnahmen aus einem Fesselballon, die zu den ältesten Luftaufnahmen des Südkontinents zählen. Zudem hielt die Besatzung auch den Alltag an Bord des Forschungsschiffes Gauß sowie die An- und Abreise fest. Alle Glasnegative und Papierabzüge werden nach und nach in einer Online-Galerie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einen ersten Einblick gibt es hier:

Lange Zeit unerreichbar: Wettlauf um die Entdeckung der Antarktis

Das ewige Eis der Antarktis war für Menschen lange Zeit unerreichbar. Nachdem der englische Kapitän James Cook 1772 aufbrach und drei Jahre lang erfolglos nach dem geheimnisvollen Kontinent gesucht hatte, gelang die Entdeckung schließlich einer russischen Expedition unter der Leitung des deutsch-baltischen Fabian von Bellingshausen: Am 27. Januar 1820 erblickte er das Schelfeis von Terra Australis Incognita und sichteten damit als erste Menschen das unbekannte südliche Land. Drei Tage später erreichte der britische Marineoffizier Edward Bransfield die Spitze der Antarktischen Halbinsel. 1821 betrat die Crew des amerikanischen Robbenjägers John Davis wohl erstmals die Antarktis.

Wie die Entdeckung war auch die Erkundung des antarktischen Kontinents ein Wettlauf verschiedener Nationen. Bis die ersten Expeditionen in das Innere des Südkontinents stattfanden, vergingen allerdings viele Jahrzehnte. 1901 wurde schließlich als „Antarktisches Jahr“ auserkoren: Drei koordinierte Flotten – unter britischer, schwedischer und deutscher Flagge – machten sich auf in Richtung Süden.

Gauß-Expedition: Die ersten deutschen in der Antarktis

Die deutsche Südpolar-Expedition in die Antarktis startete im August 1901 in Kiel. Geleitet wurde sie von Erich von Drygalski, der als Geograph bereits zwei Expeditionen nach Westgrönland geführt hatte. Das eigens für die Reise gebaute Forschungsschiff Gauß beherbergte eine 32-köpfige Besatzung, darunter fünf Wissenschaftler. Ein kleiner Teil der Mannschaft – darunter ein Meteorologe, ein Geomagnetiker sowie ein Botaniker  – wurde kurz vor Erreichen des eigentlichen Ziels als geomagnetische Beobachtungsstation auf der Inselgruppe der Kerguelen abgesetzt.

Das restliche Team von Drygalski konnte seine Forschungen an Land erst unternehmen, als das Schiff im März 1902 circa 50 Meilen vor der östlichen Küste der Antarktis fest vom Eis umschlossen war. Von diesem Zeitpunkt an unternahmen die Wissenschaftler mehrere Erkundungen zu Fuß, mit Hundeschlitten oder mit einem Fesselballon. Dabei legten sie sich nicht auf ein Gebiet fest: Sie forschten auf den Gebieten Astronomie, Zoologie, Geophysik und Meteorologie. Des Weiteren entdeckten sie über 2.200 unbekannte Meerestiere.

BELIEBT

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    Ein Mann steht vor einem riesigen Eisberg.

    Großer Erfolg für die Wissenschaft – trotz kaiserlicher Enttäuschung

    Was nach einem wahren Erfolg für die Wissenschaft klingt, löste bei der Rückkehr nach Kiel im November 1903 Enttäuschung aus. Sowohl die Öffentlichkeit als auch Kaiser Wilhelm II. hatten vor allem imperialistische Erwartungen an die Reise gehabt. Der Kaiser ärgerte sich darüber, dass die britische Expedition, die zeitgleich vor Ort war, dem Südpol deutlich näher gekommen als Drygalskis Besatzung. Ihre eindrückliche Forschungsarbeit wurde stattdessen zunächst übersehen – und erwies sich tatsächlich im Nachhinein als deutlich wertvoller.

    Mehr als zwei Jahrzehnte benötigte die Aufarbeitung, bevor schließlich insgesamt drei Atlasse über die Region und 20 Textbände unter dem Titel Deutsche Südpolar-Expedition 1901–1903 erschienen. Allein 12 der Bücher waren dem Tierreich der Antarktis gewidmet – eindrücklich mit Fotografien und Holzstichen ergänzt. Die weiteren Ausgaben beschäftigten sich mit Botanik, Geographie, Geologie, Ozeanologie, Meteorologie und Bakteriologie. Noch zu Lebzeiten vermachte Erich von Drygalski seine bedeutenden Aufzeichnungen dem Vorläufer des heutigen IfL. 

    Die Briten hatten unterdessen beim Wettlauf an den Südpol nur den zweiten Platz belegt. Wenige Tage vor Robert Falcon Scott, erreichten die Mitglieder der Expeditionsgruppe des Norwegers Roald Amundsen am 14. Dezember 1911 als erste Menschen die Koordinaten 90° 0′ 0″ S.

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