Manitoba – so anders als man denkt

Natur, Kultur und wilde Begegnungen im Herzen Kanadas

Von Wolfgang Greiner
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:42 MEZ
Manitoba - so anders als man denkt

Wer den einst in Nordamerika fast ausgerotteten Bison heute hautnah erleben möchte, kann in Manitoba, auf dessen Flagge das mächtige Tier prangt, fündig werden. Mit ihrer Hauptstadt Winnipeg und zahlreichen Naturparks hat die Provinz jedoch noch viel mehr zu bieten. Eine Entdeckungsreise durch den abwechslungsreichen Süden Manitobas, wo die Prärie auf dichte Wälder und klare Seen, aber auch James Bond auf Menschenrechte trifft.

Die Reise beginnt in Winnipeg, der Hauptstadt mit 735.000 Einwohnern. Auf den ersten Blick scheint die Stadt alles andere als eine pulsierende Großstadt zu sein: keine übermächtige Wolkenkratzer-Skyline, wenig wild blinkende Leuchtreklamen. Und das ist gut so. Es geht ruhiger her in Winnipeg. Kunst, Kultur und Kulinarik sind mitunter die überzeugendsten Anreize der Stadt, die in jüngster Vergangenheit vor allem mit der Eröffnung des Canadian Museum for Human Rights auf sich aufmerksam gemacht hat. Das nicht nur architektonisch eindrucksvolle Museum liegt gleich neben dem angesagten Stadtteilzentrum „The Forks“.

Wo sich die Flüsse Red und Assiniboine kreuzen, findet der Besucher einen Ort, an dem viel geboten wird: Der Forks Market mit unterschiedlichen kulinarischen und kommerziellen Angeboten, die Forks National Historic Site, die einen Einblick in das Leben und die Kultur der Ureinwohner gewährt, das bereits erwähnte Menschenrechtsmuseum, ein Park, Hotels sowie das neue Travel Manitoba Visitor Information Centre. Wenige Schritte entfernt steht die Union Railway Station, erbaut vom Architekten der Central Station in New York. Gleich über der modern gestalteten Esplanade Riel, der Brücke über den Red River, befindet sich das französische Stadtviertel von St. Boniface mit der Ruine der gleichnamigen Kathedrale und zahlreichen franko-kanadischen Gaststätten und Boutiquen.

Etwas weiter entfernt, gut 20 Minuten westlich am Stadtrand, liegt der weitläufige Assiniboine Park Zoo, in dem man das Tierleben Manitobas, darunter Wölfe, Polarfüchse, Moschusochsen und Adler, kennenlernen kann. Besonderes Highlight ist der Bereich „Journey to Churchill“: Durch das Tauchbecken der Eisbären Nanuk, Siku, Aurora, Storm und Co. führt ein gläserner Besuchertunnel, in dem man den mächtigen Tieren ganz nahekommt. Churchill ist eine Stadt an der Hudson Bay im hohen Norden Manitobas, die jedes Jahr die Migration der Eisbären erlebt und direkt mit dem an den Ausstellungsbereich „Journey to Churchill“ angeschlossenen und weltweit anerkannten Forschungszentrum zusammenarbeitet. Forschen ist auch für den Rest der Stadt das richtige Motto.

Je tiefer man in ihre Geschichte eintaucht, desto interessanter wird es. Für zahlreiche Überraschungen gut sind zum Beispiel die Erkenntnisse, dass das Regierungsgebäude ein Freimaurertempel ist, ein Spion aus Winnipeg Pate für die Filmfigur James Bond stand und Alan Alexander Milne hier seine Inspiration für „Pu der Bär“ fand. Nach diesen und anderen Aha-Momenten sollte man schließlich im Exchange District mit seinen zahlreichen guten Restaurants, hippen Bars, Mikrobrauereien und Clubs das Nachtleben in vollen Zügen genießen.

BELIEBT

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    Sonnenuntergang
    Ein Sonnenuntergang über dem Lake Audy am Bisongehege im Riding-Mountain-Nationalpark. Zahlreiche Campingplätze am Ufer des Sees ermöglichen solch spektakuläre Anblicke.
    Foto von Spencer Millsap

    Irgendwann wird es Zeit, Winnipeg den Rücken zu kehren, um Manitoba näher zu entdecken. Zu den Naherholungsgebieten der Stadt zählt der Whiteshell Provinicial Park, zwei Stunden entfernt an der östlichen Provinzgrenze zu Ontario. Hier kann man erleben, wovon jeder Kanada-Liebhaber träumt: Gemütliche, an wild-romantischen Seen gelegene Holzhütten. So vor allem im Falcon Trails Resort der Familie Christie. Der Falcon Lake, der Ski- und Mountainbikehügel und das Biathlon-Trainingszentrum sind das ganze Jahr über bei Sportlern und Ausflüglern beliebt: Eisfischen, Skifahren, Langlaufen oder Eishockey im Winter; Mountainbiken, Kanufahren, Reiten, Wandern oder Angeln im Sommer. Zusätzlich zu den voll ausgestatteten Hütten am Falcon Lake betreiben die Christies am nur zu Fuß erreichbaren High Lake einige Eco Cabins. Dank Solarenergie und autarker Wasserversorgung muss man hier auf nichts verzichten, vor allem nicht auf traumhafte Aussichten.

    Riding-Mountain-Nationalpark
    Bei Sonnenaufgang geht es den Highway 19 hinunter in Richtung East Gate des Riding-Mountain-Nationalparks. Es ist eine wundervolle Route, die einem eine ausgezeichnete Möglichkeit bietet, früh am Morgen die wilden Tiere des Parks zu entdecken.
    Foto von Spencer Millsap

    Jeder Sonnenuntergang ist besser als Kino, jeder Angelausflug aufregender als ein Supermarkt, und der frisch gefangene Fisch schmeckt am Lagerfeuer besser als in jedem Sternelokal. In der Abgeschiedenheit und Stille des High Lakes ist es sehr wahrscheinlich, Adler, Schwarzbären oder andere Wildtiere beobachten zu können. Auch Nordlichter sind keine Seltenheit. Sitzt man dann noch in dem mit Holz befeuerten Hot Tub, ist der Alltag garantiert schnell vergessen.

    Um Tiere und Seen geht es auch im etwa drei Stunden nordwestlich von Winnipeg gelegenen Riding Mountain National Park. Der 1929 gegründete Park unterscheidet sich mit seinem umfangreichen Waldbestand, zahlreichen Seen und Hügeln mit bis zu 457 Metern Höhe deutlich von der ihn umgebenden, fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Prärie Manitobas. Tastsächlich trifft man in Riding Mountain auf drei unterschiedliche Ökosysteme: Weideland, borealen Nadelwald und dichten Laubwald. Von Osten aus betritt man den Park durch das letzte noch erhaltene historische Nationalparktor Kanadas im Blockhausstil.

    Seit 1986 ist Riding Mountain ein von der UNESCO anerkanntes Biosphärenreservat – und das nicht von ungefähr. Neben Schwarzbären, Wölfen, Elchen, Wapitis, Bibern und vielen anderen Tier- sowie zahlreichen Pflanzenarten leben hier in der Lake Audy Enclosure auch zahlreiche Bisons, die Wappentiere Manitobas. Mit insgesamt mehr als 400 km bietet der fast 3.000 km2 große Park Wanderwege unterschiedlichster Längen und Schwierigkeitsstufen. Übernachtet werden kann auf Campingplätzen fernab der Zivilisation, in sogenannten „Glamping“-Luxuszelten der Parkverwaltung oder in den Hotels der Ortschaft Wasagaming am Ufer des Clear Lake.

    Hier, am Südende des Parks, befindet sich das Touristenzentrum: Restaurants, Souvenirshops und ein Seestrand garantieren einen abwechslungsreichen Urlaub inmitten des Nationalparks – auch Golfplätze sind im Angebot. Als Ausgangspunkt für ausführliche Erkundungen ist der Ort ideal, da hier auch das Park Administration Office und mehrere Anbieter für Ausflugstouren und Wanderungen angesiedelt sind. Weitere Übernachtungsmöglichkeiten finden sich zum Beispiel in Onanole, nur fünf Minuten außerhalb des Parks.

     

    Grassy Narrows Marsh
    Der Ausblick von einer der Aussichtsplattformen des Plankenwegs im Grassy Narrows Marsh im Hecla Provincial Park. Der Blick über das Moor ist fantastisch und ermöglicht die Beobachtung der heimischen Vogelarten.
    Foto von Spencer Millsap

    Die Rückfahrt von Wasagaming nach Winnipeg dauert gut drei Stunden, doch wer noch nicht genug hat, kann von Riding Mountain aus noch tiefer in das Innere der Provinz vordringen. Fast die Hälfte der Landfläche besteht aus Wäldern, es gibt zahllose Seen und im Norden reicht Manitoba bis an die Küste der Hudson Bay. Beste Voraussetzungen für aufregende Entdeckungsreisen, lange Roadtrips und spannende Naturerlebnisse in einer Provinz im Herzen Kanadas, die mehr zu bieten hat, als man vielleicht erwartet.

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