In Slowenien ist alles im Fluss
Ein Kanu-Ausflug ins Reich der Naturwunder.
Das Erste, was mich an der Soča sofort gefangen nimmt, ist die unglaubliche Farbe ihres Wassers. Während mein Guide, Jakob, hin und her eilt, um unser Kanu bereit zu machen, stehe ich auf einer schmalen Brücke und schaue fasziniert auf das Band aus türkisblauem Wasser, das sich zwischen den engen Klippen hindurchschlängelt. Zusammen mit dem leuchtenden Grün der umliegenden Berghänge wirkt es auf mich, als hätte jemand mit der Farbpalette von Mutter Natur gespielt.
Es wird noch surrealer, als ich meinen Blick über die Konturen der zerklüfteten Gipfel gleiten lasse, die den Fluss säumen. Man könnte meinen, die Julischen Alpen – eine Gebirgsgruppe der Südlichen Kalkalpen, die sich vom Nordwesten Sloweniens bis nach Italien zieht – wären allein entstanden, um dieses märchenhafte Wunderland vor neugierigen Besuchern geheim zu halten.

Die Taktik scheint aufzugehen. Slowenien liegt im Herzen Europas – nur einen Katzensprung von Touristen-Hotspots wie Österreich und Italien entfernt –, und doch können sich die meisten Leute nichts darunter vorstellen, wenn sie seinen Namen hören. Dabei hat das Land alles zu bieten, was man sich nur wünschen kann: unberührte Strände, Spitzengastronomie, versteckte Täler und das alles in einem Radius von nur zwei Stunden um die Hauptstadt Ljubljana.
Die Landschaft in Slowenien ist von Erde, Wind, Feuer und Wasser geformt worden, die alle über die Jahrtausende ihre Spuren hinterlassen haben. Heute lasse ich mich hier einfach treiben und paddle einen Nachmittag lang gemütlich den Fluss hinunter.
Die Soča ist für ihre Wildwasserstellen weltberühmt, die sich überall auf ihrer Länge von 140 Kilometern finden. Viele Abschnitte sind jedoch auch für Liebhaber von entspannteren Bootsfahrten geeignet – und genau so eine habe ich im Sinn, als Jakob und ich uns auf den Weg stromabwärts machen.

Wir starten an einer Stelle unterhalb der Velika korita Soče oder „Große Soča-Tröge”. Diese Felsschluchten sind an einigen Stellen so schmal, dass man kaum das Paddel ins Wasser tauchen könnte. An sonnigen Tagen (von denen es hier viele gibt) sieht man überall auf den Klippen gebräunte Körper. Ab und zu springt jemand von den Felsen hinunter ins Wasser, begleitet von den anfeuernden Rufen der Zuschauer.
Weiter westlich ist der Fluss überraschend seicht. Über dem sandigen Grund schwimmen Forellen auf der Jagd nach Fliegen. Angler positionieren sich an strategisch günstigen Stellen am Ufer und hoffen, etwas fürs Abendessen zu fangen – oder in vielen Fällen für ihre Instagram-Accounts.

Jakob uns ich verweilen jedoch nicht zum Angeln. Wir haben vor, durchs Trentathal bis zur Mündung des Nebenflusses Boka zu paddeln. Die Strecke ist mit ihren etwa 13 Kilometern Luftlinie gut machbar.
Während wir durch das Spiel von Licht und Schatten der überhängenden Bäume gleiten, lassen wir schon bald alle Anzeichen von Zivilisation hinter uns. Zu beiden Seiten gehen bewaldete Berghänge in gezackte Gipfel über.

Die ungezähmte Landschaft sieht eher nach Kanada als nach Zentraleuropa aus. Die herrliche Stille wird nur vom Platschen des Paddels auf der Wasseroberfläche und dem gelegentlichen Rufen eines aufgeschreckten Vogels am Ufer durchbrochen.
Die Sonne versinkt langsam und taucht die Welt in einen warmen Glanz. Vor uns signalisiert eine Brücke die nahende Ankunft an der Boka. Wir steuern nach rechts, ziehen das Boot ans Ufer und gehen dann einen Pfad hinauf, der uns zum gleichnamigen Hotel führt. Auf uns warten, heißersehnt, Bier und Burger.
Slowenien entdecken
Die slowenische Hauptstadt Ljubljana liegt nicht weit entfernt und in einem der vielen Cafés und Restaurants am Flussufer kann man wunderbar den Tag mit einem Brunch beginnen. Von hier führt eine Straße mit spektakulären Ausblicken über den Vršičpass zur Soča. In wenigen Stunden gelangt man von leckeren Lattes zu herrlicher Abgeschiedenheit.
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