Solo Travel für Frauen: So klappt die erste Alleinreise

Ob nach Costa Rica, Thailand oder Österreich: Allein zu reisen liegt im Trend. Sara Glöckner ist bereits seit vielen Jahren allein unterwegs. Die Gründerin der Reiseplattform The Female Traveller verrät, worauf es beim ersten Solo Trip als Frau ankommt.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 30. Mai 2024, 09:05 MESZ
Eine Frau, die Ruinen fotografiert.

Allein die Welt sehen – ein Abenteuer, das man nicht so schnell vergisst. Doch wie sollte man sich auf die erste Solo Reise vorbereiten?

Foto von Haley Black / Pixels

„Ich möchte die Welt sehen und dabei nicht auf andere warten.“ Deswegen machen sich 66 Prozent der Solo-Reisenden weltweit einfach allein auf den Weg – ob im eigenen Land oder am anderen Ende der Welt. Laut einer Umfrage der Reiseplattform Solo Traveler war diese Aussage im Jahr 2023 der häufigste Grund für eine Alleinreise. Und die Motivation für einen Urlaub ohne Begleitung steigt. Laut einer Trendstudie der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. traten 2022 bereits 1,86 Millionen Deutsche eine Alleinreise an, das Geschlechterverhältnis war dabei beinahe ausgeglichen. 

Doch gerade bei Frauen heißt es oft, dass alleine reisen unsicher sei. Auf Instagram und Co. beweisen viele weibliche Solo Traveller das Gegenteil – und berichten von ihren Abenteuern. Die 44-jährige Sara Glöckner ist eine von ihnen. Die einstige Grundschullehrerin aus Köln hat aus ihrer Leidenschaft 2021 eine Reiseplattform gemacht: Auf The Female Traveller können sich alleinreisende Frauen nicht nur Infos und Inspiration für ihren (ersten) Solo Trip holen, sondern auch in den Austausch mit Gleichgesinnten kommen – oder Reisepartnerinnen für das nächste Abenteuer finden. Die Plattform ist mittlerweile zu einer Art sozialem Netzwerk mit 1.250 aktiven Frauen geworden. 

Sara, du bist seit deinem Abitur immer wieder allein auf der Welt unterwegs – von einem Roadtrip nach Moskau über Inselhopping auf den Kanaren bis zu einer dreimonatigen Reise zum Nordkap. Warum sollte jeder Mensch einmal eine Alleinreise unternehmen?

Auf einer Alleinreise lernt man Land und Leute ganz anders kennen. Ob beim Smalltalk im Supermarkt oder bei der Frage am Ticketschalter – es ist viel einfacher, mit Menschen in Kontakt zu kommen. Man wird auch viel häufiger angesprochen als auf Gruppenreisen. Außerdem ist man flexibler, kann den Tag so gestalten, wie es für einen selbst gut passt und muss keine Kompromisse eingehen. Und man kann selbst entscheiden, wie lange man wo bleiben möchte. 

Du bist mit über 25 Jahren Erfahrung Expertin des Solo Travels. Warum hast du angefangen, allein zu reisen?

Meine erste Alleinreise war gar keine bewusste Alleinreise. Es gab einfach niemanden, der mich hätte begleiten können oder wollen. Nach dem Abitur hat mir meine Tante einen vierwöchigen Sprachkurs geschenkt. Ich wollte nach Kapstadt und bin ein paar Tage vor dem Sprachkurs in Südafrika angekommen, weil ich dachte, ich schaue mir die Stadt vorher noch ein bisschen an. Das war irgendwie keine gute Idee. 

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Warum?

In den ersten Tagen, bis der Sprachkurs losging, ging es mir nicht so gut. Ich war zwar in einem Studentenwohnheim untergebracht, aber ich kannte niemanden. Und ich habe es überhaupt nicht hinbekommen, jemanden anzusprechen. Ich hatte Heimweh. Dann bin ich nur zu den Essenszeiten aus dem Zimmer gekommen. Und bin ein- oder zweimal allein in die Stadt gefahren. Als der Sprachkurs losging, wurde dann aber doch noch alles gut – und die Reise im Rückblick noch zu einer bereichernden Erfahrung.

Dein erster Solo Trip war also keine rundum tolle Erfahrung – und trotzdem hast du weitergemacht?

Ja, 2003 bin ich zum Beispiel für ein Praktikum an einer Deutschen Schule mit dem Auto nach London gefahren. Auch dieser Trip war keine Alleinreise im klassischen Sinn, weil ich in London bei einer Gastfamilie gewohnt habe. Damals hatte ich noch keinen konkreten Antrieb, alleine zu reisen. Mir war aber auf jeden Fall klar, dass ich auf niemanden warte, um mir meine Reisewünsche zu erfüllen. Das Urlaubssemester und auch die Anreise nach London habe ich damals ganz bewusst geplant. Und auch wenn es zu der Zeit für mich ein ziemliches Abenteuer war, war ich mir ganz sicher, dass es gutgehen wird. Mit Sicherheit auch aufgrund der Erfahrung mit Kapstadt: Im Nachhinein hat mir dieses Erlebnis alle weiteren Reisen total erleichtert. Dadurch, dass ich das alles mit Anfang 20 schon mitgemacht hatte, war ich für die Reisen danach gewappnet. Ich wusste: Ich habe es schon einmal geschafft, und ich schaffe es auch wieder. 

Einige Frauen haben Respekt vor einem Urlaub ohne Begleitung. Wie lautet dein Rat? 

Einfach loslegen. Und wenn es erstmal nur für eine Nacht allein in einer Stadt ist, in der man schon Leute kennt. Ich glaube, es bringt überhaupt nichts, sich darüber Gedanken zu machen, was alles passieren könnte. Die erste Alleinreise muss ja nicht direkt nach Südafrika gehen und man muss auch nicht drei Wochen Backpacking in Thailand machen. 

Wie könnte man stattdessen starten?

Man kann mit kleinen Steps anfangen: zum Beispiel mit einer Städtereise im eigenen Land. Oder man kann als Alleinreisende an einer Gruppenreise teilnehmen. Es gibt Reisen von Frauen für Frauen, wo man dann in reinen Frauengruppen unterwegs ist. Ganz wichtig: Man sollte auf der Reise nicht vergessen, es sich gut gehen zu lassen und sich etwas zu gönnen, damit das Erlebnis, allein zu reisen, so schön wie möglich wird und man Lust auf mehr bekommt.

Bei The Female Traveller bietest du auch Reiseberatung an. Welche Ziele empfiehlst du Frauen für die erste Alleinreise? 

Empfehlungen für Reiseziele auszusprechen, finde ich schwierig. Dafür sind wir alle viel zu individuell. Was für die eine ein super Abenteuer ist, ist für die andere total langweilig. Ich würde zuerst fragen: Gibt es ein Ziel, wo du unbedingt schon mal hinwolltest? Dann ist die emotionale Verbindung schon mal da und man hat Lust, die Reise zu planen. Und dann würde ich raten zu schauen, mit welchem Reiseziel man sich bei der Recherche am wohlsten fühlt. 

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    Klingt nach viel Arbeit. Wie viel Zeit sollte man generell in die Planung des ersten Solo Trips investieren?

    Viel! Man sollte sich im Vorfeld auf jeden Fall gut über die Gegebenheiten des Landes informieren: Sollte ich vorher Geld wechseln? Woher bekomme ich mobiles Internet? Wie komme ich von A nach B? Das gibt zusätzliche Sicherheit. Wie geplant oder strukturiert die erste Reise allein dann sein soll, kommt natürlich auch total auf die Person an. Die Aktivitäten kann man sich ganz individuell zusammenstellen, je nachdem, worauf man selbst Lust hat – man ist ja allein unterwegs.

    Gibt es noch etwas, auf das man besonders achten sollte?

    Mein Rat wäre, nicht bei der Unterkunft zu sparen. Man sollte sich dort wohlfühlen und gern dorthin zurückkehren.

    Hast du einen Tipp für eine erste Aktivität vor Ort – vielleicht auch, um Leute kennenzulernen?

    Ich mache in der Regel immer eine Stadtführung mit, wenn ich verreise, eine sogenannte Free Walking Tour. Die kann man auch ganz kurzfristig planen. Da kommt man immer auch in Kontakt mit anderen Reisenden. Solche Gruppenaktivitäten gibt es in jeder Stadt, die nehmen einem schon mal die Angst davor, allein zu sein.

    Und was ist, wenn man sich im Laufe des Urlaubs trotzdem mal einsam fühlt?

    Ich setze mich dann meistens mit einem Buch in ein schönes Café oder Restaurant, wo ich mich wohlfühle. Allein, um das Gefühl zu haben, dabei zu sein. Man bekommt das Leben um einen herum mit und dann ist es mit der Einsamkeit sofort vorbei. Wenn das mal nicht reicht, kann ich auch jemanden ansprechen und mich dazusetzen. Oder Social Media nutzen, um Menschen zu treffen. Bei einem Roadtrip kann man zum Beispiel Campingplätze anfahren, da kommt man erfahrungsgemäß sehr schnell ins Gespräch.

    In den meisten Fällen verläuft so ein Urlaub ohne große Zwischenfälle. Manchmal gerät man aber doch in Situationen, in denen man sich als alleinreisende Frau nicht sicher fühlt. Wie wappnet man sich für solche Situationen?

    Erstmal finde ich es wichtig, sich bewusst zu machen, dass man in solche Situationen auch in Berlin oder Köln geraten kann. Das hat nichts damit zu tun, dass man alleine reist. Wenn es im Urlaub allein wirklich ernst wird, sollte man nicht versuchen, die Sache allein zu regeln, sondern laut werden und auf sich aufmerksam machen. Dafür gibt es zum Beispiel Tools, die man am Schlüsselanhänger befestigen kann: Wenn man sie aktiviert, geben sie in Notfallsituationen einen sehr lauten Ton von sich – wie eine Alarmanlage. Wenn im Voraus klar ist, dass ich in ein gefährlicheres Gebiet fahre, kann ich auch der Unterkunft Bescheid sagen und meine Kontaktdaten hinterlassen. Ich kann meinen Standort mit Freund*innen teilen und Notrufkontakte einrichten, die mit einer bestimmten Tastenkombination im Notfall benachrichtigt werden. Je nachdem, in welchem Land ich bin, kann ich auch für einen halben Tag einen Fahrer engagieren, der mich zu gewissen Orten bringt. Das ist aber eher eine Alternative für Gebiete, wo man weiß: Hier bewegt man sich wirklich besser nicht alleine als Frau.

    Die Kölnerin Sara Glöckner ist Gründerin der Reise-Plattform The Female Traveller. Dort können sich alleinreisende Frauen nicht nur Infos und Inspiration für ihren (ersten) Solo Trip holen, sondern auch in den Austausch mit Gleichgesinnten kommen – oder Reisepartnerinnen für das nächste Abenteuer finden. 

    Foto von Niki Drozdowski

    Bist du auf deinen Reisen schon mal in eine heikle Situation gekommen?

    Nein, mir ist tatsächlich nie etwas passiert. Ich bin großer Fan davon, auf mein Bauchgefühl zu hören. Mich zu fragen: Wie fühle ich mich mit der Situation? Und wenn ich denke, dass etwas komisch ist, versuche ich, die Situation zu verlassen – indem ich Nein sage, andere Leute anspreche, in ein Geschäft gehe. Man entwickelt seine Strategien. 

    Ob alles klappt, hat aber auch immer ein bisschen was mit Glück zu tun, oder?

    Eigentlich hat man es selbst in der Hand. Ich denke mir immer: Was kann wirklich passieren? Wenn alles ganz schlimm ist, buche ich mir den nächsten Flug, steige in den nächsten Zug, drehe um mit dem Auto. So ein Backup kann ich mir ja immer offenhalten. Am Ende wächst man viel mehr an den gemeisterten Herausforderungen, als wenn man sich nur in seiner Comfort Zone bewegt.

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