Hunde sind uns ähnlicher, als wir dachten

Einer neuen Studie zufolge meiden Hunde beispielsweise Menschen, die gemein zu ihrem Herrchen sind.

Von Maya Wei-Haas
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:22 MEZ
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Ein Fliegenfischer und sein Golden Retriever am Provo, einem Fluss in Utah. Neuesten Erkenntnissen zufolge sind Hunde uns Menschen viel ähnlicher als angenommen.
Foto von Cameron Lawson, National Geographic Creative

Für Hundebesitzer ist dies vermutlich wenig überraschend, aber neueste Forschungen legen nahe, dass sich der beste Freund des Menschen oftmals mehr menschlich als tierisch verhält.

Studien haben ergeben, dass Hunde Gesichtsausdrücke deuten, Eifersucht kommunizieren, Empathie zeigen und sogar Fernsehen gucken können. Diese menschenähnlichen Eigenschaften haben sie im Laufe der Evolution vom Wolf zum domestizierten Haustier aufgegriffen. Experten zufolge ist dies zwischen 11.000 und 16.000 Jahre her.

„Vor allem durch Beobachtung, durch den Umgang mit uns und durch Toleranz uns gegenüber haben sie bestimmte Charaktereigenschaften entwickelt, die unser Verhalten widerspiegeln“, sagt Laurie Santos, Leiterin des Comparative Cognition Laboratory an der Yale University. 

Diese aktuellen Studien zeigen die menschliche Seite unserer treuen Begleiter auf.

Ein Mops beobachtet Passanten im Wrangell-Saint-Elias-Nationalprk in Alaska. Neuen Studien zufolge beobachten Hunde genau, wie ihr Besitzer mit seinen Mitmenschen interagiert.
Foto von Rich Reid, National Geographic

LAUSCHENDE HUNDE

Andere Menschen zu belauschen oder zu beobachten ist eine ganz wesentliche soziale menschliche Verhaltensweise, über die wir herausfinden, ob jemand freundlich oder gemein ist.

Einer im August in der Fachzeitschrift Animal Behaviour Journal veröffentlichten Studie zufolge belauschen unsere Hunde uns auch. 

Im Rahmen einer neuen Studie ließen Wissenschaftler 54 Hunde zusehen, wie ihre Besitzer damit kämpften, eine Rolle Tesafilm aus einem Behälter hervorzuholen. Die Hunde wurden in drei Gruppen eingeteilt: Helfer, Nicht-Helfer und eine Kontrollgruppe.

In der Helfer-Gruppe bat der Besitzer die Person, die den Behälter trug, um Hilfe. In der Nicht-Helfer-Gruppe bat der Besitzer eine Person um Hilfe, die ihm daraufhin, ohne zu helfen, den Rücken zuwandte. In der Kontrollgruppe wandte die Person dem Besitzer den Rücken zu, ohne um Hilfe gebeten worden zu sein. Bei all diesen Experimenten war eine dritte, „neutrale“ Person im Raum anwesend.

Nachdem die erste Runde des Experiments beendet war, boten sowohl die neutrale als auch die helfende bzw. nicht helfende Person dem Hund ein Leckerli an.

In der Nicht-Helfer-Gruppe bevorzugten die Hunde überwiegend das Leckerli der neutralen Person und mieden den Nicht-Helfer. In der Helfer-Gruppe hingegen ließ sich keine Bevorzugung der Hunde zwischen dem Helfer und der neutralen Person feststellen. Bei der Beobachtung von menschlichen Kleinkindern und Haubenkapuziner-Affen sind Wissenschaftler kürzlich zu ganz ähnlichen Ergebnissen gelangt.

Ergreifen die Hunde also Partei, indem sie die Person ignorieren, die unfreundlich zu ihrem Besitzer war? Das wird die Forschung noch zeigen.

ZUM HINSCHAUEN VERFÜHRT

„Viele Tiere, darunter Menschen, Schimpansen, Ziegen, Delfine und sogar Köhlerschildkröten, folgen ganz instinktiv einem Blick, weil darüber Informationen kommuniziert werden. So erkennen sie beispielsweise, ob Gefahr droht oder wo ein besonders leckerer Beerenbusch steht“, sagt Lisa Wallis, Doktorandin am Messerli Forschungsinstitut in Wien.

Bei Hunden wurde zunächst angenommen, dass sie nur bei Einsatz von Fressen oder Spielzeug dem menschlichen Blick folgen. Laut einer neuen Studie folgen Hunde dem menschlichen Blick auch ins Leere – allerdings nur, wenn sie nicht trainiert sind.

„Wir wissen, dass sie dazu in der Lage sein sollten“, sagt Wallis, Forschungsleiterin der Studie, die im August im Animal Behaviour Journal veröffentlicht wurde. „Aber der Aspekt des Trainings war das fehlende Puzzleteil“.

In vergangenen Versuchen haben Wallis und ihre Kollegen 145 Border Collies unterschiedlichen Alters, die als Haustiere gehalten werden und ein unterschiedliches Trainingslevel haben, getestet. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob Alter, Gewöhnung oder Training die Tendenz beeinflussen, einem menschlichen Blick zu folgen.

Dazu beobachtete Wallis die Reaktion der Hunde, wenn sie in Richtung Tür blickte. Erstaunlicherweise folgten nur die untrainierten Border Collies ihrem Blick. Die trainierten Hunde ignorierten ihn. Das mag daran liegen, dass trainierte Hunde gelernt haben, sich nicht auf die Blickrichtung, sondern auf das Gesicht des Menschen zu konzentrieren.

Wenn Wallis und ihre Kollegen den untrainierten Hunden in nur fünf Minuten beibrachten, auf ihr Gesicht zu achten, vernachlässigten diese ihren Instinkt, dem Blick zu folgen.

Noch überraschender war die Feststellung, dass die untrainierten Hunde oft zwischen ihr und der Tür hin- und herblickten – irritiert darüber, was sie anblickte. Diese Verhaltensweise, die zuvor nur bei Menschen und Schimpansen beobachtet wurde, nennt sich „Rückfragen“.

„Wir können alle die Lehre daraus ziehen, dass wir bei dieser Art von Studie immer den Aspekt des Trainings bedenken sollten“, sagt Wallis.

DIE NÄCHSTEN SCHRITTE IN DER HUNDEFORSCHUNG

Bei Menschen äußert sich das Altern darin, dass das Kurzzeitgedächtnis schwächer wird und logisches Denken schwerer fällt. Somit lässt sich Neues schwieriger erlernen. Neusten Erkenntnissen zufolge zeigen sich bei Hunden hier Parallelen. Das Langzeitgedächtnis von Hunden ist allerdings noch wenig erforscht.

Aus diesem Grund erforschen Wallis und ihre Kollegen, wie gut sich junge und alte Hunde Aufgaben merken können, und ob sie diese auch nach Monaten noch kennen.

Die Ergebnisse stehen zwar noch aus, aber Wallis erwartet, dass es schwer, aber nicht unmöglich ist, alten Hunden neue Tricks beizubringen.

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Artikel in englischer Sprache veröffentlicht am 20. Juli 2015

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