Seltener Fossilfund: Die kleinen Gleitsäuger des Jura

Zwei exzellent erhaltene Fossilien gewähren Einblick in die Evolution einer ausgefallenen Fortbewegungsart.

Von Shaena Montanari
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:39 MEZ

Es ist kein Vogel und es ist auch kein Flugzeug – es ist eher so etwas wie ein frisiertes Eichhörnchen.

Paläontologen haben der Öffentlichkeit kürzlich zwei bemerkenswerte neue Arten gleitfähiger Säugetiere vorgestellt, die sich den Planeten vor 160 Millionen Jahren mit Dinosauriern teilten.

Sie sind zwar nicht die ersten bekannten Gleitsäuger aus dieser Zeit, aber die beiden Exemplare sind dennoch einzigartig: Ihre dünnen, pelzigen Hautlappen, die sich zwischen ihren Vorder- und Hinterläufen spannten, sind im Gestein noch erhalten und deutlich erkennbar.

„Wenn man sich diese Fossilien ansieht, ist es aufgrund der karbonisierten Haut ziemlich eindeutig, dass sie Gleiter sind“, sagt David Grossnickle, ein Doktorand an der Universität von Chicago.

Die beiden neuen Arten mit den Namen Maiopatagium furculiferum und Vilevolodon diplomyos liefern Hinweise darauf, dass diverse Säugetiere im Laufe der Evolution auch etwas luftigere Höhen erobert haben.

„Gleiten ist eine der niedlichsten und eine der erstaunlichsten Bewegungsadaptionen“, sagt der Co-Autor der Studie Zhe-Xi Luo, ein Paläontologe der Universität von Chicago.

FOSSILIEN MIT FELL

Die beiden Gleitsäuger wurden in der chinesischen Provinz Liaoning gefunden, die berühmt für ihre verblüffend gut erhaltenen Fossilien ist. In den Seesedimenten aus dem Jura wurden einige der schönsten Fossilien auf der Welt gefunden, darunter zahlreiche gefiederte Saurier und eine Vielzahl früher Säugetiere mit karbonisiertem Fell und Gewebe.

Selbst ohne die deutlich sichtbar karbonisierte Haut hätten die gut erhaltenen Skelettstrukturen der Tiere ihre Gleitfähigkeit erkennen lassen, wie das Team berichtet. Seine beiden Berichte erschienen in der Fachzeitschrift „Nature“.

Grossnickle erklärt, dass die Proportionen der Gliedmaßen bei Gleitsäugern sich deutlich von denen solcher Tiere unterscheiden, die einfach auf Bäume klettern oder über den Boden laufen. Die beiden neuen Arten hätten Proportionen, die denen heutiger Gleitsäuger ähnlich seien.

Beide Fossilien weisen außerdem auffallende Hände und Füße auf, sagt Jin Meng. Der Paläontologe am American Museum of Natural History war an keiner der Studien beteiligt.

„Unsere Zehen sind sehr kurz, weil wir auf dem Boden laufen“, sagt er. „Diese Tiere haben viel längere Finger, was zeigt, dass sie daran angepasst sind, sich im Wald an Bäumen festzuhalten.“

Grossnickle fügt hinzu, dass die Hände und Füße der beiden Fossilien Ähnlichkeit mit denen heutiger Fledermäuse haben.

„Diese Tiere hätten alle vier Gliedmaßen nutzen können, um wie Fledermäuse an Ästen zu schlafen“, sagt er. Es sei sogar möglich, dass sie mitunter kopfüber von Ästen hingen, genau wie heutige Riesengleiter.

VOM LAND IN DIE LUFT

Die zwei neuen Gleitsäuger befinden sich in Gesellschaft zehn ähnlicher Arten, von denen man weiß, dass sie während des Jura in dieser Region gelebt haben. Diese Artenvielfalt lässt darauf schließen, dass es ausreichend ökologische Nischen gab, die sie besetzen konnten.

Die Zähne der neuen Fossilien sind gut erhalten und ermöglichen den Paläontologen einen seltenen Blick auf die Ernährungsgewohnheiten der ausgestorbenen Tiere.

Vilevolodon hat eine sehr komplexe Zahnkrone“, erklärt Luo und weist darauf hin, dass die Krone den zerfurchten Molaren heutiger Eichhörnchen ähnelt, die sich unter anderem von Nüssen und Samen ernähren. Die Zähne von Maiopatagium hingegen sind viel einfacher und deuten darauf hin, dass sich diese Art von weichen Früchten ernährt haben könnte.

„Sie sind beide Gleiter, aber es gibt eine Untergliederung bei ihrer Futterzusammensetzung“, sagt Luo. Die beiden Arten unterschieden sich auch in ihrer Statur: Maiopatagium hatte eher die Größe eines heutigen Eichhörnchens, während Vilevolodon eher mausgroß war.

Zusammengenommen scheinen die Eigenschaften der Fossilien die Hypothese zu stützen, dass diverse Säugetiergruppen einem ähnlichen Muster der Evolution folgten: Sie begannen als Bodenlebewesen, entwickelten sich dann zu Baumbewohnern und schließlich zu Gleitsäugern. Auch die heutigen Nagetiere und Flughörnchen folgten diesem Muster, ebenso wie einige australische Beuteltiere wie die Kurzkopfgleitbeutler.

„In den Wäldern des Jura entwickelte diese Gruppe unabhängig diese Art der Fortbewegung, genau wie andere lebende Säuger, die auch gleiten“, sagt Meng. „Säugetiere fingen schon sehr früh an, mit verschiedenen Fortbewegungsarten zu experimentieren.“

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