Immer mehr Gottesanbeterinnen in Deutschland

Deutschland wird heißer und trockener. Der wärmeliebenden Europäischen Gottesanbeterin gefällt diese Entwicklung: Ihre Population wächst stetig.

Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 22. Juli 2022, 16:04 MESZ
Die gefährdete Europäische Gottesanbeterin genießt sowohl den Schutz ​​des Bundesnaturschutzgesetzes, als auch der Bundesnaturschutzverordnung. Im Zusammenspiel ...

Die gefährdete Europäische Gottesanbeterin genießt sowohl den Schutz ​​des Bundesnaturschutzgesetzes, als auch der Bundesnaturschutzverordnung. Im Zusammenspiel mit dem Klimawandel fühlt sich die Art hierzulande immer wohler.

Foto von Ganna Aibetova / Unsplash

Mit ihren langen Gliedmaßen und ihrem exotischen Erscheinungsbild scheint die Gottesanbeterin auf den ersten Blick nicht unbedingt in die deutsche Fauna zu passen. Doch die Mantis religiosa, die als einzige Art der Fangschrecken in Europa vorkommt, fühlt sich hierzulande zunehmend wohler. Neben Verbreitungsschwerpunkten wie dem Kaiserstuhl in Baden-Württemberg wird sie nun auch in Sachsen-Anhalt zunehmend häufiger gesichtet, meldet das Landesamt für Umweltschutz (LAU).

Die Gewinnerin des Klimawandels

Die ursprünglich auf dem afrikanischen Kontinent beheimateten Tiere breiteten sich zunächst über das Mittelmeer hinweg nach Südeuropa und Asien aus. Hierzulande wurde die Art erstmals Mitte des achtzehnten Jahrhunderts in Hessen dokumentiert, galt dann aber rasch als ausgestorben. Mittlerweile nimmt die Zahl der Tiere deutschlandweit stetig zu – besonders auch in Sachsen-Anhalt. Dort gebe es laut dem LAU seit 2004 eine sich fortpflanzende Population am Geiseltalsee. 

Besonders ersichtlich wird das rasante Wachstum anhand weiterer Zahlen: Wurden im Jahr 2018 lediglich sieben Sichtungen der seltenen Insekten gemeldet, so wurden in den Folgejahren jeweils 110 und 194 Exemplare in Sachsen-Anhalt entdeckt. Besonders wohl fühle sich die Europäische Gottesanbeterin rund um Halle (Saale). Der LAU bestätigt Vorkommen westlich der Saale bis in den Südharz, aber auch Sichtungen im Landkreis Wittenberg oder Aschersleben.

„Am Beispiel der Gottesanbeterin können wir eindrucksvoll die klimatisch bedingten Ausbreitungsmuster wärmeliebender Arten nachvollziehen“, erklärt der Biologe Marcel Seyring vom LAU. Die Gewinnerin des Klimawandels – wie sie vom NABU im Zuge der Kürung zum Insekt des Jahres 2017 genannt wurde – scheint die steigenden Temperaturen also zu genießen. 

Auf der Lauer nach der Lauerjägerin

Wer das gut getarnte Insekt entdecken will, muss genau hinsehen – und wissen, wo es sich gerne aufhält. Zu finden ist das bis zu sieben Zentimeter lange und hellgrün bis bräunlich gefärbte Tier in sonnig-warmen und trockenen Wiesen oder Buschlandschaften. Hier gibt es im besten Fall genügend Blüten, die wiederum kleinere Insekten anziehen, die der Gottesanbeterin als Nahrungsgrundlage dienen. Aufgrund des Nahrungsangebots besiedelt sie auch zunehmend heimische Gärten. 

Während der Dämmerung und nachts nimmt die Gottesanbeterin in ihrem Habitat ihre namensgebende Lauerstellung ein. Mit gefalteten Vorderbeinen inspiziert sie ihre Umgebung und hält nach Beute Ausschau. Ihre langsame Fortbewegungsart und gute Tarnung hilft ihr, ungeschulten Augen zu entgehen. Umso schneller läuft dann der Angriff der Lauerjägerin ab: In etwa 60 Millisekunden schnellt sie auf ihre auserkorene Nahrung zu. Für Menschen sind die Tiere allerdings völlig ungefährlich – wenn man sie mit etwas Glück zu Gesicht bekommt.

Die Wahrscheinlichkeit dafür steigt jedenfalls von Jahr zu Jahr. Laut dem Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt wurde die Gottesanbeterin 2021 fast 400 Mal in Sachsen-Anhalt gesichtet – dabei konnten sogar bislang unentdeckte Vorkommen bei Magdeburg, Dessau und im Landkreis Stendal nachgewiesen werden. Womöglich kann die hierzulande bedrohte Art diesen Titel in absehbarer Zukunft bald also wieder ablegen. Eigene Sichtungen können laut Seyring beispielsweise über die kostenlose App Meine Umwelt geteilt werden. Etwaige Daten – wie genaue Zeit und Ortsangaben oder gar Fotos – können Biologen wie ihm helfen, die Ausbreitung der Gottesanbeterin in Zukunft genauer zu bestimmen.

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