Wie viele Ameisen gibt es auf der Erde?
Kleine Insekten, gigantische Zahlen: Forschenden ist es gelungen, die Größe und Biomasse der weltweiten Ameisenpopulation zu bestimmen.
Winzig klein, aber gemeinsam doch eine geballte Menge: Ameisen machen einen riesigen Anteil der globalen Biomasse aus, erklärt eine neue Studie der Universitäten Würzburg und Hongkong.
Im Wald, in der Stadt oder als ungebetener Gast zuhause: Ameisen kann man beinahe überall antreffen. Es gibt scheinbar keinen Ort, an dem sich die Insekten nicht niederlassen. Kein Wunder: Mehr als 15.000 beschriebene und insgesamt rund 30.000 geschätzte Arten der sechsbeinigen Alleskönner kreuchen und fleuchen von den Tropen bis in die subpolaren Klimazonen der Erde.
Aber: Wie viele Ameisen gibt es eigentlich insgesamt auf dem Planeten? Eine Frage, die sich wohl viele Menschen schon einmal gestellt haben dürften. Die Antwort könnte nun eine Studie der Universitäten Würzburg und Hongkong liefern, die dieser scheinbar unmöglich zu beantwortenden Frage nachgegangen sind. Ihre erstaunlichen Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
20 Billiarden – „eine 20 mit 15 Nullen“
Für ihre umfangreichen Berechnungen zog das Team um Hauptautorin Sabine Nooten und Biologe Patrick Schultheiss Datensätze aus aller Welt heran. Insgesamt 489 Studien über boden- und baumbewohnende Ameisenarten wurden in einer Datenbank zusammengefasst. Ihre darauffolgenden systematischen und empirischen Schätzungen brachten Zahlen zutage, die selbst für die Forschenden nur schwer zu greifen sind. „Unserer Einschätzung nach beläuft sich die globale Ameisenpopulation auf 20 mal 1015 – also 20 Billiarden Tiere. Das ist eine 20 mit 15 Nullen“, so Nooten.
Anhand der Datensätze können aber auch verständlichere Vergleiche angestellt werden. Die Biomasse von sämtlichen auf der Erde lebenden Ameisen lässt sich in zwölf Megatonnen Kohlenstoff angeben. Im Vergleich wären das laut Studie etwa 20 Prozent der Masse der gesamten Menschheit. Oder noch anschaulicher: Selbst wenn man die Biomasse aller wildlebenden Vögel und Säugetiere zusammenfassen würde, wäre die Biomasse der Ameisen immer noch größer.
In der Studie ging es jedoch nicht nur um die Gesamtanzahl von Ameisen auf der Welt, sondern auch um deren anteilige Verteilung in den verschiedenen Lebensräumen. „Die Ameisenhäufigkeit ist auf der Erde ungleichmäßig verteilt, erreicht ihren Höhepunkt in den Tropen und variiert zwischen den Lebensräumen um das Sechsfache“, so die Studie. Arten, die bevorzugt in Bodennähe leben, seien vor allem in Trockengebieten anzutreffen. Hingegen sei die Dichte der baumbewohnenden Ameisenarten in Wäldern am höchsten. Kaum überraschend: Die Populationen in stark urbanen und durch Menschen geprägten Regionen haben es besonders schwer.
Positive Auswirkungen auf das Ökosystem
Doch wofür dienen diese Berechnungen nun? Und welchen Nutzen haben Ameisen für die verschiedensten Ökosysteme? Zum einen bietet die genaue Bestimmung der Verteilung der Insekten auch hilfreiche Informationen bezüglich invasiver Arten. Diese können laut der Studie in größeren Mengen durchaus negative Auswirkungen auf die lokale Biodiversität haben. Das Konkurrieren um Lebensraum, Nahrung und andere Ressourcen kann sowohl die Insekten- als auch die Pflanzenwelt unter Stress setzen und nachhaltig schädigen.
Andererseits ist ein großer Teil der 20 Billiarden Individuen ein äußerst nützliches Bindeglied für wichtige natürliche Vorgänge. So bewegen Ameisen auf einem Hektar Land laut Schultheiss jährlich rund 13 Tonnen Erde – viel mehr als andere Bodenbewohner wie beispielsweise Regenwürmer. Dazu reinigen sie ihre Umgebung von Aas oder halten die Populationen von Schädlingen gering. Zugleich verbreiten die kleinen Sammler auch die Samen von Pflanzen, was deren Verbreitung zugutekommt. Und: Die fleißigen Insekten stehen auch als Nahrungsangebot für größere Tiere wie Spechtvögel, Schwalben oder Auerwild zur Verfügung.
Die Erkenntnisse der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können als Grundlage für zukünftige Forschung dienen. Nooten, Schultheiss und ihr Team finden es beispielsweise sinnvoll, zu untersuchen, inwiefern sich verschiedene Umwelteinflüsse auf die Verbreitung und Verteilung von Ameisen auswirken. Denn vor allem das sich verändernde Klima könnte schon bald Auswirkungen auf die Populationen der Sechsbeiner haben.