Warum diese Tiefseefische den Weltuntergang vorhersagen sollen

In Kalifornien sind in kurzer Zeit zwei tote Riemenfische an Land gespült worden. Im Volksmund werden solche Sichtungen der seltenen Tiere mit Naturkatastrophen in Verbindung gebracht. Doch was ist dran an diesen Geschichten?

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 2. Dez. 2024, 08:49 MEZ
Der Riemenfisch liegt am Strand bei Sonnenuntergang.

Den aktuellsten Fund eines angeschwemmten Riemenfisches machte Alison Laferriere, Doktorandin an der Scripps Institution of Oceanography, am Grandview Beach in Encinitas, nahe San Diego, in Kalifornien.

Foto von Alison Laferriere/Scripps Institution of Oceanography

Riemenfische leben in bis zu 900 Metern Tiefe im Meer, können bis zu 9 Meter lang werden und lassen sich nur selten an der Oberfläche blicken. Wenn sie es doch tun, steht der Menschheit Böses bevor – so zumindest die Legende. Denn die Riemenfische werden im Volksmund auch als Weltuntergangsfische bezeichnet.

In Kalifornien wurden nun gleich zwei Exemplare der an Schlangen erinnernden Tiefseefische gesichtet. Die beiden etwa drei Meter langen Riemenfische strandeten in einem Abstand von nur wenigen Monaten in der Region um San Diego. Für die Forschenden der SCRIPPS Institution of Oceanography der University of California San Diego, die die Funde betreuen, ist das allerdings kein Grund zur Sorge – sondern vielmehr eine Chance, um mehr über die geheimnisvollen Tiere zu erfahren.

Der Kopf des Fisches auf dem Steinen des Strandes.

Riemenfische sind die längsten Knochenfische der Welt.

Foto von Alison Laferriere/Scripps Institution of Oceanography

Japanische Mythologie: Omen für verheerende Erdbeben

Seinen schlechten Ruf genießt der Fisch schon lange. In Forschungskreisen wird vermutet, dass die Fische bei Sichtungen in der Vergangenheit aufgrund ihres furchteinflößenden Aussehens für Seeungeheuer gehalten wurden. Denn sie können nicht nur extrem lang werden, sie wiegen auch bis zu 270 Kilogramm und haben anstelle von Schuppen eine eher glatte Haut.

Außerdem spielt der Riemenfisch eine Rolle in der japanischen Mythologie. So ist er auch zu seinem Beinamen ,Weltuntergangsfisch‘ gekommen. In Japan trägt er nämlich den Namen Ryūgū no tsukai, der so viel wie „Botschafter aus dem Reich des Meeresgottes“ bedeutet. Der Legende nach gilt der Fisch, wenn er angeschwemmt wird, als schlechtes Omen. Er soll Naturkatastrophen, insbesondere Erdbeben, vorhersagen. So soll es auch im Jahr 2011 vor dem verheerenden Tōhoku-Erdbeben gewesen sein, der einen Tsunami und damit die Nuklearkatastrophe von Fukushima auslöste: Berichten zufolge sollen vor dem Beben um die 20 Riemenfische an Japans Küste angeschwemmt worden sein.

Eine Studie aus dem Jahr 2019 hat den vermuteten Zusammenhang zwischen dem Auftauchen der Fische und Erdbeben sogar wissenschaftlich untersucht. Dabei wurde allerdings kein kausaler Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen gefunden. „Es handelt sich bei diesem Volksglauben um einen Aberglauben, der auf eine Scheinkorrelation zwischen den beiden Ereignissen zurückzuführen ist“, heißt es in der Studie. 

Neue Sichtungen in Kalifornien

Dieses Ergebnis sollte die Bewohner*innen der Küstenregion um San Diego beruhigen. Denn die aktuellen Strandungen liegen nur etwa eine halbe Autostunde voneinander entfernt: am La Jolly Cove Strand in San Diego und am Grandview Beach in Encinitas. Außergewöhnlich ist diese doppelte Sichtung allemal. Seit 1901 wurden vor den aktuellen Funden nur 20 Riemenfische an der Küste Kaliforniens angeschwemmt. 

BELIEBT

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    Der Riemenfisch auf einem Obduktionstisch.

    Obduktion des Riemenfisches, der bereits im August am La Jolly Cove Strand entdeckt wurde.

    Foto von Erik Jepsen/UC San Diego

    Wie die toten Fische aus der Tiefsee an die Strände gelangt sind, ist noch unklar. Laut Ben Frable von der SCRIPPS Institution gibt es mehrere Theorien, die die Sichtungen erklären könnten. So könnten veränderte Meeresbedingungen dazu führen, dass sich die Fische weiter an der Oberfläche und in Küstennähe aufhalten, so Frable. Außerdem hänge das Stranden von Tiefseefischen manchmal mit allgemeinen Wetterphänomenen zusammen. In diesem Fall kämen möglicherweise der El-Niño- und La-Niña-Zyklus oder die Santa-Ana-Winde infrage, die kaltes Wasser aus der Tiefsee an die Oberfläche befördern können – und damit möglicherweise auch die Fische.

    Die Forschenden erhoffen sich von den Untersuchungen an den Fischen neue Erkenntnisse über die Biologie und den Lebensraum der Tiere. „Seltene Begegnungen wie diese bieten eine großartige Gelegenheit, mehr über diese Art und ihre Lebensweise zu erfahren“, sagt Frable. Nach seiner Obduktion wird der neueste Fisch dann Teil der Sammlung mariner Wirbeltiere an der Scripps Institution werden.

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