Die Elfenbein-Connection

Tausende Elefanten werden jedes Jahr wegen ihrer Stoßzähne getötet. Nutznießer dieses blutigen Geschäfts: Wilderer und Schmuggler, katholische Priester und buddhistische Mönche, korrupte Beamte und neureiche Chinesen.

Von Bryan Christy
bilder von Brent Stirton
Foto von Brent Stirton

Im Januar 2012 stürmten etwa hundert Wilderer aus dem Tschad auf Pferden in den Nationalpark Bouba Ndjida in Kamerun und schlachteten mehr als 300 Elefanten brutal ab.

Ganze Herden auf einmal. Es war eines der schlimmsten Massaker, seit 1989 das globale Handelsverbot für Elfenbein in Kraft trat. Bewaffnet mit Kalaschnikows und Panzerfäusten, töteten die Männer die Elefanten mit militärischer Präzision. Man kann erkennen, welche Tiere flüchteten, welche Mütter versuchten, ihre Jungen zu schützen, wie eine völlig verschreckte Herde gemeinsam ihr Leben lassen musste. Es sind die vorerst letzten von Zehntausenden Elefanten, die wegen ihrer Stoßzähne jedes Jahr in Afrika getötet werden.

Doch wer handelt mit dem begehrten Elfenbein? Wer kauft es? Ein NATIONAL GEOGRAPHIC-Reporter begab sich auf die Spuren einer weltweit agierenden Connection, die eines auszeichnet: der Glaube an eine höhere Macht. Erste Station dieser Recherche: die Philippinen.

Monsignore liebt Elfenbein

In einer überfüllten Kirche leitet Cristobal Garcia, einer der bekanntesten Elfenbeinsammler der Philippinen, ein ungewöhnliches Ritual. Es ehrt die wichtigste religiöse Ikone des Landes, das Santo Niño de Cebu („Heiliges Kind von Cebu“). Die Zeremonie, die der Monsignore jedes Jahr auf der Insel Cebu abhält, heißt „Hubo“, nach einem Cebuano-Wort für „ausziehen“. Mehrere Messdiener entkleiden gemeinsam eine Holzstatuette des königlich gewandeten Jesukindes: die Nachbildung einer Heiligenfigur, die nach Überzeugung der Gläubigen 1521 vom Seefahrer Magellan auf die Insel gebracht wurde. Sie nehmen ihr die kleine Krone ab, ziehen die Stiefelchen aus, den Umhang und die Unterwäsche. Dann nimmt der Monsignore die Figur, während die Messdiener sie züchtig mit einem kleinen weißen Tuch verdecken, und taucht sie in mehrere Fässer mit Wasser. So produziert er das Weihwasser für seine Kirche.

Ich dränge mich durch die Menge nach vorn, um die Kommunion zu empfangen.

«Der Leib Christi», sagt Garcia.

«Amen», erwidere ich und öffne den Mund.

Garcia ist ein korpulenter Mann mit Knieproblemen und Silberblick. Mitte der achtziger Jahre soll er während seiner Amtszeit als Priester in der St.-Dominic-Kirche in Los Angeles, Kalifornien, einen jungen Messdiener sexuell missbraucht haben, woraufhin er angeklagt und entlassen wurde. Zurück auf den Philippinen, wurde er zum Monsignore befördert und zum Vorsitzenden der Erzbischöflichen Kommission für Religionsausübung ernannt. So stieg er zum Protokollchef der größten römisch-katholischen Erzdiözese des Landes auf – einer Gemeinde von fast vier Millionen Menschen, in einem Land mit 75 Millionen Gläubigen, der drittgrößten katholischen Bevölkerung der Welt.

Manche Filipinos glauben, Santo Niño sei Christus selbst. Im 16. Jahrhundert erklärten die Spanier, die Figur besitze Wunderkräfte, und benutzten sie, um das Land zu bekehren. Der gesamte philippinische Katholizismus fußt letztlich auf dieser einen hölzernen Statuette, die heute hinter Panzerglas in Cebus Basilica Minore del Santo Niño steht. Nahezu jeder Filipino besitzt ein Santo Niño. Viele glauben, dass das Maß späterer Gnade davon abhängt, was sie in ihre Ikone investieren. Für manche Gläubige ist daher eine Figur aus Fiberglas oder Holz nicht genug. Für sie muss es Elfenbein sein. Monsignore Garcia ist einer von ihnen.

Nach dem Gottesdienst erzähle ich Garcia, dass ich von NATIONAL GEOGRAPHIC komme, und wir verabreden uns, um über das Santo Niño zu sprechen. Das Ziel meines Treffens: Ich möchte verstehen, wie der Elfenbeinhandel in diesem Land funktioniert. Und Hinweise darauf erhalten, wer hinter den 4,9 Tonnen illegalen Elfenbeins steckt, die Zollbeamte 2009 allein in Manila beschlagnahmten. Informationen auch über die sieben Tonnen, die dort 2005 konfisziert wurden. Und über die für die Philippinen bestimmten 5,5 Tonnen, die 2006 in Taiwan sichergestellt wurden.

Ausgehend von durchschnittlich zehn Kilo Elfenbein pro Tier entsprechen diese Beschlag- nahmen etwa 1745 getöteten Elefanten.

Das Vorzimmer zu Garcias Büro ist ein Miniaturmuseum, dominiert von großen religiösen Figuren in Glasvitrinen. Es gibt eine elfenbeinerne „Jungfrau Maria vom Rosenkranz“, die einen Jesus aus Elfenbein auf dem Arm hält. Zudem eine fast lebensgroße „Mutter des guten Hirten“, die neben einem Jesus aus Elfenbein sitzt. Neben Garcias Schreibtisch hängt ein Elfenbein-Christus am Kreuz.

Laut der „Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora“ (CITES), der Organisation, die 1989 das Handelsverbot für Elfenbein verabschiedete und die Regeln für den internationalen Handel mit Wildtieren und -pflanzen festlegt, sind die Philippinen nur ein Durchgangsland für Elfenbein, das nach China geht. Doch CITES verfügt nur über beschränkte Ressourcen: Bis zum vergangenen Jahr hatte die Organisation lediglich einen einzigen Vollzugsbeamten, zuständig für die Überwachung von mehr als 30.000 Tier- und Pflanzenarten. Und es gibt durchaus andere Einschätzungen: So sagte Jose Yuchongco, Chef der philippinischen Zollfahnder, 2009 einer Zeitung in Manila: «Die Philippinen sind ein beliebtes Ziel für geschmuggelte Elefantenstoßzähne. Vielleicht weil die philippinischen Katholiken diese Heiligenfiguren aus Elfenbein so besonders schätzen.» Auf Cebu ist die Verbindung zwischen Elfenbein und Kirche so stark, dass das Wort für Elfenbein, garing, eine zweite Bedeutung hat: „religiöse Statue“.

Wie man Elfenbein schmuggelt

Ich erzähle Garcia, ich wolle ein schlafendes Santo Niño aus Elfenbein kaufen. «So etwa», sage ich und lege mir den Finger auf die Unterlippe, wie ich es bei manchen Figuren gesehen habe. Auch Garcia berührt seinen Mund. «Dormido-Stil», erwidert er anerkennend. Und fügt hinzu: »In die Vereinigten Staaten müssen sie es dann aber schmuggeln.»

«Und wie?»

«Wickeln Sie es in schmutzige Unterwäsche und schütten Sie Ketchup drauf», sagt er. «Auf diese Weise sieht alles beschissen und blutig aus. So wird das gemacht.»

Garcia gibt mir die Namen seiner bevorzugten Elfenbeinschnitzer in Manila und dazu ein paar Tipps. Zu wem ich gehen soll, wenn ich große Mengen will. Wessen Ehefrau zu viel Geld verlangt. Wer sich nicht an verabredete Termine hält. Er nennt mir Telefonnummern und Adressen. Wenn ich eine Figur schmuggeln wolle, die zu groß sei, um sie in meinem Koffer zu verstecken, könne ich möglicherweise ein Zertifikat des philippinischen Nationalmuseums bekommen, das meine Figur als Antiquität einstuft. Oder ich könne einen Schnitzer überreden, mir ein Papier auszustellen, das sie als Imitation ausweist. Egal was ich in Auftrag geben wolle: Garcia verspricht, es für mich zu segnen.

Die Elfenbeinschnitzerei in Manila wird von wenigen Familien beherrscht. Wie Termiten arbeiten sie sich durch gigantische Mengen von Stoßzähnen. Während meiner fünf Reisen auf die Philippinen besuche ich jedes einzelne von Garcia empfohlene Elfenbeingeschäft und erkundige mich nach dem Kauf von Elfenbein. Mehr als einmal werde ich gefragt, ob ich ein Priester sei. In fast jedem Laden gibt man mir Ratschläge, wie ich Elfenbein in die Vereinigten Staaten schmuggeln könne. Ein Mann bietet mir an, mein Elfenbein mit abwaschbarer brauner Farbe anzumalen, damit es wie Holz aussieht; ein anderer will mir identische handbemalte Statuetten aus Harz anfertigen, mit denen ich mein Jesuskind aus Elfenbein tarnen könne. Würde man mich erwischen, solle ich lügen und behaupten, es sei Harz. Während eines Besuchs sagt eine Händlerin, Monsignore Garcia habe gerade angerufen. Da ich ihm erzählt hätte, meine Familie betreibe ein Bestattungsinstitut, habe er vorgeschlagen, ich könnte doch ihr neues, neun Kilo schweres Santo Niño auf dem Boden eines Sargs versteckt mit nach Hause nehmen.

Er müsse wohl einen Witz gemacht haben, erwidere ich. Aber sie verneint.

Die katholisch-muslimische Spur

Priester, Emigranten und Schwule sind laut Manilas bekanntestem Elfenbeinhändler die besten Kunden. Ein New Yorker Antiquitätenhändler unternimmt regelmäßig Einkaufsreisen, ebenso ein Händler aus Mexiko-Stadt. Beide kaufen in großen Mengen neue Elfenbeinkruzifixe, Madonnen und Jesukinder und schmuggeln sie im Gepäck nach Hause. Der philippinische Elfenbeinmarkt ist klein, gemessen zum Beispiel am chinesischen. Doch er besteht seit Jahrhunderten, und man stößt unweigerlich auf ihn: Sammler und Händler zeigen Fotos von ihren Elfenbeinfiguren auf Flickr und Facebook.

Die wichtigsten Lieferanten, berichten mir Händler in Manila, seien philippinische und malaiische Muslime mit Verbindungen nach Afrika. Aktuelle Fotos von koptischen Elfenbeinkreuzen neben islamischen Gebetsperlen aus Elfenbein, aufgenommen auf dem Kairoer Markt, kann ich jetzt besser einordnen.

Der heutige Elfenbeinhandel folgt uralten Handelsrouten – beschleunigt durch Flugzeuge, Mobilfunk und Internet.

Ich fahre nach Manolos, etwas außerhalb von Manila. Die jährlich stattfindende Santo-Niño- Ausstellung der Erzdiözese von Manolos ist in ein Meer frischer Blumen gebettet und in solch sanfte Ave-Maria-Musik gehüllt, dass ich mich an ein Begräbnis erinnert fühle, während ich die blassen, als winzige Könige gekleideten Figuren betrachte. Padre Vicente Lina Junior, der lieber Padre Jay genannt wird, ist Direktor des Diözesanmuseums und als solcher Kurator der Ausstellung, mit der die besten Sammlungen seiner Gemeindemitglieder gewürdigt werden. Die mehr als 200 Ausstellungsstücke füllen ein zweigeschossiges Gebäude.

Elfenbeinerne Santo Niños tragen vergoldete Kronen, Juwelen und Halsketten aus Swarovski-Kristallen. Die Augen sind handbemalt und aus importiertem deutschen Glas. Die Augenwimpern bestehen aus einzelnen Ziegenhaaren. Die winzigen Umhänge der Statuetten sind mit echten indischen Goldfäden durchwirkt.

Nicht selten gehören die aufwendigen Ausstellungsstücke Familien mit erstaunlich bescheidenen Mitteln. Santo-Niño-Anhänger eröffnen Sparbücher im Namen ihrer Figuren. Sie bedenken sie in ihrem Testament. «Ich würde das nicht als überspannt bezeichnen», sagt Padre Jay. «Für mich ist das eine Opfergabe an Gott.»

Padre Jay zeigt auf ein Santo Niño, das eine Taube hält. «Die meisten alten Elfenbeinfiguren sind Erbstücke», sagt er. «Die neuen stammen aus Afrika, sie kommen durch die Hintertür herein.» Mit anderen Worten: Sie sind geschmuggelt. «Es ist, als begradige man eine krumme Linie – man kauft Elfenbein aus einer trüben Quelle und macht es zu einem spirituellen Gegenstand. Verstehen Sie?», sagt er und kichert. Die Menschen sollten neue Elfenbeinfiguren kaufen, damit schütze man sich vor Betrügern, die geschnitzte Stoßzähne mit Tee oder Coca-Cola färben, um sie wie Antiquitäten aussehen zu lassen.

Als ich ihn frage, wie denn neues Elfenbein auf die Philippinen gelange, erklärt er mir, Muslime von der Südinsel Mindanao schmuggelten es ein. Dann steckt er, um eine Bestechung anzudeuten, zwei Finger in meine Hemdtasche. «Für die Küstenwache zum Beispiel», sagt er. Wieder steckt er seine Finger in meine Tasche. «Und du bezahlst und bezahlst, einen nach dem anderen, bis das Elfenbein in deinem Land ankommt.» Das ist Teil des Opfers, das man dem Santo Niño de Cebu bringt: Elfenbeinschmuggel als Akt der Verehrung.

Mit römischem Segen

«Elfenbein, Elfenbein, Elfenbein», sagt eine Verkäuferin in der Galleria Savelli am Petersplatz in Rom: «So viel haben Sie wohl nicht erwartet. Ich sehe es Ihnen am Gesicht an.» Der Vatikan bekannte sich vor kurzem dazu, grenzübergreifender Kriminalität entgegenzutreten, und unterschrieb Übereinkommen zu Drogenhandel, Terrorismus und organisiertem Verbrechen. Doch den CITES-Vertrag unterzeichnete er nicht – und daher ist er auch nicht an das Elfenbeinhandelsverbot gebunden. So kommt es, dass man in dem Devotionaliengeschäft Galleria Savelli jede Art religiöser Elfenbeinfiguren erstehen kann. Auf Wunsch auch mit priesterlicher Segnung.

Die Welt hat Ersatz für viele Verwendungen von Elfenbein gefunden: Billardkugeln, Klaviertasten, Haarbürstengriffe. Seine Nutzung für religiöse Zwecke jedoch ist wie in Stein gemeißelt. Im vergangenen Jahr überreichte der libanesische Präsident Michel Sleiman Papst Benedikt XVI. ein Weihrauchfass aus Elfenbein und Gold. Die philippinische Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo schenkte ihm 2007 ein elfenbeinernes Santo Niño. Selbst Kenias Präsident Daniel arap Moi, Vater des globalen Elfenbeinhandelsverbots, verehrte einem Papst – Johannes Paul II. – einst einen Elefantenstoßzahn.

Der Elefantenmönch

Die Elfenbeinschnitzer von Phayuha Khiri und Surin sind die berühmtesten in ganz Thailand und somit Ziel der meisten dortigen Ermittlungen in Sachen illegaler Elfenbeinhandel. Phayuha Khiri hat sich dermaßen dem Elfenbein verschrieben, dass man im Stadtzentrum, wo eigentlich ein Springbrunnen zu erwarten wäre, einen Kreis aus vier großen Stoßzähnen vorfindet. Ich brauche nur ein paar Minuten die Hauptstraße entlangzugehen, um festzustellen, dass ich einen solchen Ort schon einmal gesehen habe: Tayuman, Manilas Devotionalienbezirk. Nur gibt es hier statt Kruzifixen und Darstellungen der Heiligen Familie lebensgroße Figuren von berühmten Mönchen, kleine in Kunststoff gegossene Buddhastatuen, Armbänder und andere religiöse Gegenstände, zu Dutzenden abgepackt. Entlang der Straße reiht sich ein Laden an den nächsten, jeder ein Supermarkt für buddhistische Devotionalien. Die Kunden sind in Orange gekleidete Mönche.

Phayuha Khiris Schnitzereigewerbe wurde von einem buddhistischen Mönch begründet,der gern Elfenbeinamulette anfertigte. Mit Amuletten bedanken sich die Mönche für Spenden. Je größer die Spende, desto besser das Amulett.

Auch Kruba Dharmamuni segnet Amulette. Er trägt das braune Gewand eines Waldmönchs und kaut ununterbrochen Betelnuss-maak, das er in großen, blutig aussehenden Klumpen ausspuckt. Die Mahouts, die staatlich unterstützten Elefantenhalter, kennen ihn gut. Sie nennen ihn Elefantenmönch, weil er glaubt, dass er in einem früheren Leben ein Elefant gewesen ist. Und weil er Elefanten in seinem Tempel hält. Er habe 100.000 Anhänger in der ganzen Welt, sagt er.

Der Elefantenmönch nimmt mich in Surin mit auf eine Elfenbeineinkaufstour. Früher einmal wohnten in der Stadt die Elefantenjäger des Königs von Siam. Heute bieten Händler am Eingang des Touristenparks Ringe, Armreife und Amulette aus Elfenbein feil. «Elfenbein vertreibt böse Geister», erklärt mir der Elefantenmönch. Auch er trägt es: als Anhänger in Form eines Elefantenkopfs an einer Halskette aus elfenbeinernen Gebetsperlen.

Der Elefant ist ein Symbol Thailands, und die Buddhisten verehren ihn. Einer Legende zufolge drang ein weißer Elefant mit sechs Stoßzähnen in jener Nacht, in der Königin Maya von Siddhartha Gautama schwanger wurde, in deren rechte Seite ein. Viele Thai tragen Amulette, manchmal Dutzende, die ihnen Glück bringen und sie vor Unglück und schwarzer Magie schützen sollen. Bangkoks Amulettmarkt ist riesig, zahllose Verkäufer bieten Zehntausende kleiner Talismane an, aus Materialien wie Metall, Knochen und Elfenbein. Erstklassige Stücke können 100.000 Dollar und mehr einbringen. In fast jedem thailändischen Taxi baumelt eines am Rückspiegel. Der abgesetzte thailändische Staatschef Thaksin Shinawatra sagt, sein buddhistisches Amulett habe ihn bei Anschlägen gerettet, und das thailändische Militär verteilt die Glücksbringer an seine Grenzsoldaten – um die schwarze Magie Kambodschas abzuwehren.

Das Haupteinkommen des Elefantenmönchs stammt aus dem Verkauf von Amuletten. Er bietet eine merkwürdige Auswahl an, darunter Darstellungen von sich selbst und Buddha sowie solche mit in Kunststoff gegossenen Knochen­ splittern von Schädeln toter schwangerer Frauen, Erde von Friedhöfen, Tigerfell, Elefantenhaut und geschnitztem Elfenbein. Das Geschäft geht gut, derzeit baut er einen neuen Tempel, der teil­weise Thailands beliebten Tigerparks nachemp­funden ist – Kritikern zufolge dienen sie oft dazu, den illegalen Handel mit Tigern zu tarnen. Der Elefantenmönch war kürzlich Vorwürfen aus­ gesetzt, als eine Fernsehdokumentation behaup­tete, er habe einen Elefanten wegen der Haut und des Elfenbeins verhungern lassen. Er wider­sprach: Das Tier sei eines natürlichen Todes ge­storben. Übrigens, sagt er mir, könne er in Surin so viel Elfenbein und Elefantenhaut bekommen, wie er wolle. Vor Ausstrahlung des Berichts habe er mit seinem Geschenkeshop, über das Internet und bei Auslandsreisen monatlich etwa eine Mil­lion Baht eingenommen, umgerechnet mehr als 25.000 Euro. Jetzt seien die Einnahmen auf ein Drittel gesunken.

Der Lieblingsschnitzer des Elefantenmönchs, Jom, wohnt an einer unbefestigten Straße an einem entlegenen Ort. Als ich dort ankomme, muss ich zweimal hinschauen: Was ich zuerst für Gemüsestände vor seinem Haus hielt, sind mit buddhistischen Elfenbeinfiguren gefüllte Schmuckkästen aus Glas. Der größte Teil des Elfenbeins ist thailändischer Herkunft.

«Wenn ich Ihnen afrikanisches Elfenbein be­sorgen könnte», frage ich Jom, «würden Sie es für mich schnitzen?»

«Dai», antwortet er, «kein Problem.»

Es braucht nicht viel, um den Elefanten­mönch in ein Gespräch über Schmuggel zu ver­wickeln. Er rät mir, das Elfenbein so zuschneiden zu lassen, dass es in meinen Koffer passt. So machten es seine Anhänger, von denen auch einige bei der Einreisebehörde arbeiteten. Wenn trotzdem etwas schiefgehe, solle ich sagen, ich brächte das Elfenbein in seinen Tempel. Die Religion schützt also auch mich.

Das thailändische Schlupfloch

In Thailand lebt eine kleine Population Asiati­scher Elefanten, eine gefährdete Art, die schon seit langem für den internationalen Handel tabu ist. Im Inland gelten jedoch weniger strikte Re­geln. Mahouts und andere Elefantenbesitzer können die Stoßzahnspitzen lebender gezähm­ter Elefanten verkaufen – sowie die Stoßzähne von Tieren, die eines natürlichen Todes gestor­ben sind. Jahrelang haben illegale Elfenbein­händler dies ausgenutzt, indem sie afrikanisches Elfenbein einschmuggelten und unter das asiatische mischten.

Naturschützer bezeichnen das als „thailändi­sches Schlupfloch“. Doch es gibt eine viel größere Gesetzeslücke: Der Verkauf von afrikanischem Elfenbein, das vor 1989 ins Land gebracht wurde, ist in Thailand legal. Und so bedient sich, wer mit Elfenbein erwischt wird, der üblichen Ausrede: «Mein Elfenbein stammt aus der Zeit vor dem Verbot.» Da nie ein Inventar der globalen Elfen­beinvorräte aus dieser Zeit erstellt wurde und Elfenbein mehr oder weniger ewig hält, ist das ein Argument ohne Ablaufdatum.

Thailand hat wie die Philippinen noch etwas anderes zu bieten, das illegale Händler zu schätzen wissen: korrupte Beamte. Kürzlich verschwand eine Tonne afrikanisches Elfenbein aus einem Zolldepot. Als ich der Sache nachgehen will, verweigern die Zöllner eine Antwort. Erst nach hartnäckigem Nachfragen rücken sie mit der Wahrheit heraus: Man vermute, dass Mit­arbeiter dahinterstecken. Auf den Philippinen greift die Korruption dermaßen um sich, dass die Abteilung für Wildtiere und ­-pflanzen im Jahr 2006 sogar hochrangige Zollbeamte verklagte, weil diese mehrere Tonnen beschlagnahmtes Elfenbein „verloren“ hatten. Geläutert übergab die Zollbehörde die nächste große Elfenbein­beschlagnahme. Bald entdeckten die Mitarbeiter der Abteilung für Wildtiere und ­-pflanzen je­ doch, dass man ihr eigenes Depot geplündert hatte. Statt Stoßzähnen fanden sie dort exakte Duplikate aus Plastik vor.

Chinas Elfenbeinschnitzer

In der Pekinger Elfenbeinschnitzfabrik riecht und klingt es nach dem, was es im Grunde ja auch ist: nach einer gigantischen Zahnarzt­praxis. Das Surren elektrischer Bohrer erfüllt die Luft. Elfenbeinstaub liegt schwer auf Fenster­scheiben und Türrahmen. Ich spüre ihn auf meinen Zähnen, während ich mir den Weg durch Männer und Frauen bahne, die sich über geschnitzte Figuren beugen, denen ich in China überall begegne: zum Beispiel von Fu, Lu und Shou, den Göttern des Glücks, des Geldes und des langen Lebens, vom Glücksbuddha und von Guanyin, der buddhistischen Göttin der Gnade. Wo immer ich Elfenbein finde, ist die Religion nicht weit.

Zur Zeit des Elfenbeinhandelsverbots kauften Amerikaner, Europäer und Japaner 80 Prozent des geschnitzten Elfenbeins der Welt. Heute ist China dem Vernehmen nach weltweit führend, wenn es um geschmuggeltes Elfenbein geht. In den vergangenen Jahren war das Land in mehr große Elfenbeinbeschlagnahmen involviert als jeder andere nichtafrikanische Staat. Zum ersten Mal seit Generationen blicken viele Chinesen in eine reiche Zukunft. Im Zentrum von Peking reihen sich Geschäfte, die Maseratis, Bentleys und Ferraris anbieten, gleich neben Gucci­ und Prada­ Shops. In der Nähe liegt das Pekinger Kunsthandwerkszentrum, dessen Geldautomat im ersten Stock 24­karätige Goldbarren aus­spuckt. Mein Weg führt die Rolltreppe hoch, vorbei an Galerien mit Jade und Seide zur Hauptboutique für Elfenbein, die funkelt wie eine verschneite Tiffany-­Filiale. Mir fällt eine aus Elfenbein geschnitzte Guanyin ins Auge. Sie kostet 1.360.000 Yuan (etwa 174.000 Euro).

In jedem Geschäft und jeder Fabrik, die ich in China besuche, besteht ein beträchtlicher Teil des Sortiments aus religiösen Schnitzereien, darunter viele äußerst wertvolle Stücke. Unter den besten Käufern finden sich Offiziere – in China erstaun­lich gut bezahlt –, die Vorgesetzte mit Elfenbein beglücken, sowie Unternehmen, die Behörden Schnitzereien zukommen lassen. Und so spielt Elfenbein eine Rolle wie früher vielleicht eine Flasche Johnnie Walker Blue Label, wenn das Geschenk denn seine Wirkung tut.

In einer Galerie in Guangzhou zeigt mir Gary Zeng eine „Wunderkugel“ aus Elfenbein, die aus 26 individuell geschnitzten Schichten besteht, eine in der anderen. Der 42­jährige Zeng hat soeben zwei dieser Kugeln in der Elfenbein­schnitzfabrik Daxin gekauft. Nun ist er in die Galerie gekommen, um zu sehen, ob die Kunst­werke ihr Geld wert sind. Ich steige in seinen neuen Mercedes, fahre mit ihm zu seiner mit zwei Toren gesicherten Wohnanlage und sehe zu, wie er die „Wunderkugel“ seinem dreijährigen Sohn gibt. Sie soll das Prunkstück seines neuen Heims werden, das Zeng gerade baut, und «das Haus gegen Teufel schützen». Doch im Moment ist die 50.000­-Dollar-­Kugel nur ein äußerst kost­bares Spielzeug. Ich frage Zeng, warum ein Jung­unternehmer wie er Elfenbein kauft.

«Es ist ein Wert», antwortet er. «Und Kunst.» «Denken Sie an den Elefanten?», frage ich. «Überhaupt nicht», sagt er.

Das Japan-Experiment

Nachdem zehn Jahre lang alle zehn Minuten mindestens ein Elefant sein Leben lassen musste und Afrika mehr als 600.000 Tiere – vermutlich die Hälfte der Population – verloren hatte, verkündete US-­Präsident George Bush 1989 einen Importstopp für Elfenbein. Kenia verbrannte seine zwölf Tonnen Elfenbeinvorräte. Und CITES erließ ein globales Handelsverbot für Elfenbein.

Nicht alle Länder stimmten dem Verbot zu. Auf einem CITES­-Treffen 1997 in Harare (Sim­babwe) sagte Präsident Robert Mugabe, da Ele­fanten viel Raum brauchen und Wasser trinken, müssten sie mit ihrem Elfenbein zahlen. Sim­babwe, Botswana und Namibia machten CITES ein Angebot: Sie würden das Handelsverbot re­spektieren, wenn man ihnen erlaube, Stoßzähne von Elefanten zu verkaufen, die gekeult wurden oder eines natürlichen Todes starben. CITES akzeptierte den Kompromiss und autorisierte einen einmaligen „experimentellen Verkauf “ an Japan. 1999 erwarb das Land für fünf Millionen Dollar 55 Tonnen Elfenbein. Kurz darauf erklärte Japan, es wolle noch mehr kaufen, und wenig später beantragte auch China legales Elfenbein.

Vor einer etwaigen Erlaubnis eines weiteren Elfenbeinverkaufs wollte CITES die Ergebnisse des Japan-Experiments auswerten: Hatte der Verkauf das Problem verschärft? Insbesondere: Waren Elefantenwilderei und Elfenbeinschmuggel gestiegen? Um dies herauszufinden, startete CITES ein Programm zur Zählung illegal getöteter Elefanten und ein weiteres zur Feststellung von Elfenbeinschmuggel.

Es ist leicht, einen Elefanten zu töten (letzthin haben Wilderer in Kenia und Tansania vergiftete Wassermelonen benutzt), aber es ist schwer, die Kadaver zu orten, und CITES brauchte Jahre, um das Zählprogramm zu starten. Laut Kenneth Burnham, dem offiziellen Statistiker des CITES- Programms zur Überwachung illegal getöteter Elefanten, ist es «äußerst wahrscheinlich», dass Wilderer im Jahr 2011 mindestens 25.000 Afrikanische Elefanten töteten. Im selben Jahr wurden weltweit 31,5 Tonnen illegales Elfenbein konfisziert. Kalkuliert man nach einer Faustregel von Interpol, die besagt, dass sichergestellte Ware etwa zehn Prozent des tatsächlichen Schmuggelguts darstellt, und legt man weiterhin zugrunde, dass jeder Elefant etwa zehn Kilo Elfenbein trägt, entspricht dieses hochgerechnete Gewicht 31.500 toten Elefanten. Und die Zahlen, sagen Tierschützer, würden dramatisch steigen.

Auch die Bezifferung des illegalen Elfenbeinhandels ist schwierig. Schmuggler archivieren schließlich keine Verkaufsberichte. Mehr Elfenbeinbeschlagnahmen können bedeuten, dass mehr geschmuggelt wurde. Oder dass Strafverfolgungsbehörden besser gearbeitet haben. Oder beides. Weniger Beschlagnahmen können bedeuten, dass weniger Elefanten getötet wurden, aber es könnte auch heißen, dass sich die Strafverfolgungsbehörden schmieren lassen. Auf den Philippinen zum Beispiel traf ich Elfen­beinhändler, die Zollbeamte beschuldigten, ille­gales Elfenbein nur dann zu konfiszieren, wenn kein Bestechungsgeld gezahlt wird.

Zur Überprüfung von Elfenbeinbeschlagnah­men engagierte CITES die Organisation Traffic, die den globalen Handel mit Wildtieren und ­-pflanzen überwacht. Traffic ist eine Unter­organisation des World Wide Fund for Nature (WWF) und der International Union for Con­servation of Nature and Natural Resources (IUCN). Beide unterhalten wie viele NGOs For­schungsprojekte und Büros in Ländern mit El­fenbeinhandel. Dies macht es für Traffic schwie­rig, unabhängige Urteile zu fällen.

Seit 1998 sammelt Traffic Daten aus Stichpro­ben. Doch zu Beschlagnahmen in den wichtigen Ländern gab es nur wenige Zahlen – auch weil viele Regierungen sich kaum die Mühe machten, ihre Funde zu melden. Als es Zeit wurde, das Japan-­Experiment auszuwerten, enthielt die Traffic-­Datenbank zahlreiche Fälle aus den Ver­einigten Staaten und der Europäischen Union (mehr als 60 Prozent), aber wenige aus der Welt­gegend, auf die es ankam: Asien (weniger als zehn Prozent). Letzlich konnte Traffic keine Kor­relation zwischen dem Japan-­Verkauf und den Beschlagnahmen von Elfenbein feststellen. Tom Milliken, Direktor von Traffic Ost­ und Süd­afrika, behauptete später, der Japan­-Verkauf habe funktioniert: «Es ist ermutigend festzustellen, dass der illegale Handel stetig abgenommen hat.» Doch Milliken kannte den wirklichen Umfang des illegalen Handels gar nicht. Er hatte lediglich seine Statistiken.

Im Juli 2008 genehmigte CITES Chinas Antrag auf Elfenbeinankauf. Traffic und der WWF hatten keine Einwände. Die Mitgliedsstaaten stimmten zu, und in jenem Herbst hielten Bo­tswana, Namibia, Südafrika und Simbabwe Auktionen ab: 104 Tonnen Elfenbein gingen an chi­nesische und japanische Händler.

Die Frage, ob legale Elfenbeinverkäufe zu illegalen Geschäften mit Elfenbein führen, konnte das Japan­-Experiment aufgrund seines fehlerhaften Ansatzes nicht beantworten. Als Prognoseinstrument für die Entwicklung in China war es noch weniger geeignet. Japan ist ein Inselstaat, das Elfenbein wird hauptsächlich für Signaturstempel verwendet, hanko genannt. China grenzt an 14 Staaten; es hat endlose Küs­ten, eine boomende Wirtschaft, zehnmal so viele Menschen, ein eigenes politisches System für das elfenbeingierige Hongkong, es investiert groß in Afrika. Und China hat Elfenbeinbedarf für viele Gegenstände, von Skulpturen bis zu Handyschalen. Die Regierung hat Lizenzen an mindestens 35 Schnitzfabriken und 130 Ein­zelhandelsgeschäfte für den Verkauf von Elfenbein vergeben und unterstützt die Elfen­beinschnitzerei in Ausbildungsstätten wie der Beijing University of Technology. Alles in Chi­nas Elfenbeinindustrie ist auf Wachstum pro­ grammiert. Jetzt ist China selber ins Elfenbeingeschäft eingestiegen. Kein Grund zur Sorge, befand CITES.

Schwarzmarkt auf ewig?

Meng Xianlin ist geschäftsführender General­direktor der chinesischen CITES-­Verwaltungsbehörde, also Chinas höchster Beamter für den Handel mit Wildtieren und ­-pflanzen. Er nahm 2008 an den Elfenbeinauktionen im Süden Afri­kas teil. In der Nähe seines Pekinger Büros enthüllt er mir bei Schafsinnereien und Nudeln ein Geheimnis: Bei den afrikanischen Auktionen gab es keine Konkurrenz. Bevor die japanische Käufergruppe nach Afrika reiste, flog sie nach Peking, um einen strategischen Vorschlag zu unterbreiten. Da die Japaner in erster Linie mit­ telgroße Stoßzähne für ihre hanko verwenden und die Chinesen entweder große, vollständige Stoßzähne für Skulpturen oder kleine Stücke für dekorative Details vorziehen, schlugen die Japa­ner vor, jedes Land solle für verschiedene Arten von Elfenbein bieten und so alle Preise niedrig halten. Am Ende zahlten China und Japan so wenig, erzählt mir Meng, dass eine Beamtin aus Namibia den asiatischen Delegationen von Land zu Land folgte: Auf der Suche nach Beweisen, dass Namibia betrogen worden sei.

Doch für das CITES-­Büro waren die Auktionen ein Erfolg. Der Erlös von 15,5 Millionen Dollar sollte größtenteils an afrikanische Naturschutzprojekte gehen. Und während ein Durchschnittspreis von nur 147 Dollar pro Kilo Elfenbein zwar bedeutete, dass die Afrikaner weniger Geld für Naturschutz ausgeben konnten, hieß es CITES zufolge auch, dass China nun seinen inländischen Markt mit preiswertem legalen Elfenbein überschwemmen könne. Das würde illegale Händler vertreiben, die, wie CITES erfahren hatte, bis zu 850 Dollar für ein Kilo Elfenbein zahlten. Niedrige Preise, so die Hoffnung, könnten dazu beitragen, der Wilderei den Boden zu entziehen.

Stattdessen tat die chinesische Regierung et­was Unerwartetes. Sie hob die Elfenbeinpreise an. Durch ihren Kunsthandwerksverband ver­langte die Regierung 1095 Dollar für das Kilo – ein Aufschlag von 650 Prozent! – und nahm Gebühren für die Pekinger Elfenbeinschnitzfabrik. Dadurch stiegen die Kosten des Unter­nehmens für ein Kilo Elfenbein der Klasse A auf 1168 Dollar an. China entwickelte einen Zehn­jahresplan zur Limitierung des Angebots: Etwa fünf Tonnen bringt es jährlich auf den Markt. Die chinesische Regierung, die kontrolliert, wer in China Elfenbein verkaufen darf, unterbot da­mit nicht die Schwarzhändler – sondern nutzte ihr Monopol, um sie zu überbieten.

Folgt man der Logik des Sekretariats, wonach niedrige Preise und große Mengen die Schmuggler abschrecken, dann müssten Chinas hohe Preise und beschränkte Mengen sie im Gegenteil nun anlocken. Tatsächlich hat der illegale Elfenbeinhandel zugenommen, wie internatio­nale Überwachungsgruppen und Händler berichten, die ich in China und Hongkong traf. Und die Preise steigen weiter. Den Geist bekommt man nicht wieder in die Flasche: Das legale Elfenbein von 2008 wird Schmuggelware auf ewig schützen.

Um die Zustimmung für den legalen Elfen­beinverkauf zu gewinnen, führte China eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen ein, ins­besondere die Forderung, dass es zu jeder El­fenbeinschnitzerei, die größer als ein kleines Schmuckstück ist, eine Kennkarte mit Foto gibt. Clevere Kriminelle haben das Kennkartensystem in ein Schmuggelinstrument verwandelt. Auf den winzigen Fotos der Kennkarten sehen Schnitzereien mit ähnlichen religiösen und tra­ditionellen Motiven alle gleich aus. Kürzlich stellte ein Bericht des internationalen Tier­schutz-­Fonds IFAW fest, dass chinesische Elfen­beinhändler zwar die Elfenbeinschnitzereien verkaufen, deren Kennkarten aber behalten, um damit Kunstwerke aus geschmuggeltem Elfen­bein zu legalisieren. Die Karten selbst werden jetzt auf dem Schwarzmarkt gehandelt.

Noch wertvoller als das weiße Elfenbein der Savannenelefanten ist das gelbe Elfenbein der kleineren Waldelefanten. «Es ist das beste», sagt Feng You Min von der Elfenbeinschnitzfabrik Daxin und hält ein Stück vom Stoßzahn eines Waldelefanten hoch. Schnitzereien aus Elfenbein von Waldelefanten verkaufen sich dermaßen gut, dass Kunden sie gezielt in Auftrag geben. Das Problem ist: In keinem der Länder, von denen China legal Elfenbein gekauft hat, gibt es Waldelefanten. Sie leben in Zentral­ und West­ afrika – unter anderem in Kamerun, dem Land, das Anfang dieses Jahres von muslimischen Wilderern überfallen wurde.

(NG, Heft 10 / 2012, Seite(n) 86 bis 113)

BELIEBT

    mehr anzeigen
    loading

    Nat Geo Entdecken

    • Tiere
    • Umwelt
    • Geschichte und Kultur
    • Wissenschaft
    • Reise und Abenteuer
    • Fotografie
    • Video

    Über uns

    Abonnement

    • Magazin-Abo
    • TV-Abo
    • Bücher
    • Disney+

    Folgen Sie uns

    Copyright © 1996-2015 National Geographic Society. Copyright © 2015-2024 National Geographic Partners, LLC. All rights reserved