Größtes Waldgebiet der Erde zunehmend von Bränden durch Blitzschläge bedroht

Eine neue Studie der NASA zeigt, wie Blitzschläge nördlichen Wäldern zusetzen. Daran ist wahrscheinlich auch der Klimawandel nicht unschuldig.

Von Laura Parker
Veröffentlicht am 7. Nov. 2017, 09:45 MEZ
Dieser Waldbrand wurde durch einen Blitzschlag verursacht. Seit 1975 scheinen Blitze zunehmend mehr Brände auszulösen.
Foto von Mark Thiessen, National Geographic Creative

Die Waldbrandzeit nähert sich ihrem jährlichen Höhepunkt im Sommer – aber die Rolle, die Blitze als Auslöser von Bränden spielen, lässt einen besorgniserregenden Trend erkennen. Das sind keine guten Nachrichten für den borealen Nadelwald – das größte Waldbiom der Welt –, in dem praktisch alle Brände durch Blitzeinschläge verursacht werden.

Seit 1975 ist die Zahl der so verursachten Brände um zwei bis fünf Prozent gestiegen. Laut einer neuen Studie die NASA, die in „Nature Climate Change“ veröffentlicht wurde, liegt dieser Anstieg in der Zunahme der instabilen und zu Gewitterstürmen neigenden Wetterlage begründet. In zwei der letzten drei Jahre boten gewaltige Brände in Alaska und den nordwestlichen Territorien Kanadas eine gute Fallstudie, sagt Sander Veraverbeke. Der Hauptautor der Studie ist ein Geowissenschaftler an der Vrije Universiteit Amsterdam.

Etwa 82 Prozent der Fläche, die 2014 in den nordwestlichen Territorien brannte, ging auf Blitzschläge zurück. Für die Fläche, die 2015 in Alaska brannte, ist die Zahl mit 95 Prozent sogar noch höher. Damit ergab sich eine Rekordzahl an Waldbränden, die durch Blitzeinschläge ausgelöst wurden. Wissenschaftler sprechen von einem „außergewöhnlich großen Ausmaß von Bränden in der Nähe der nördlichen Baumgrenze.“

„Ich war wie gebannt von dem gewaltigen Feuersturm, der da passierte“, sagt Veraverbeke und erklärte, was ihn zu der Studie veranlasste. „Man kann diese großen Ereignisse mittlerweile regelmäßig in den nördlichen Breitengraden beobachten. Im Normalfall traten sie bloß einmal alle 18 Jahre auf.“

Der boreale Nadelwald umschließt als immergrünes bis sommergrünes Band den nördlichen Teil des Globus auf Nordamerika und Eurasien. Er macht etwa 30 Prozent der weltweiten Walddecke aus und speichert circa 30 Prozent des Kohlenstoffs auf der Erdoberfläche. Die Klimaveränderungen und die Brände transformieren den borealen Nadelwald deutlich schneller, als die Veränderungen andernorts vonstattengehen. Große Brände kriechen nordwärts und verbrennen die arktische Tundra. Wenn der Torf verbrennt, wird dabei Kohlenstoff freigesetzt.

„Diese Feuer fordern ein Gebiet ein, das in der Vergangenheit unberührt von ihnen blieb. Das heißt auch, dass sie die Kohlenstoffbilanz verändern und ganze Ökosysteme in einen anderen Zustand versetzen können“, sagt Veraverbeke.

Er und sein Team analysierten Satellitenbilder und Daten von am Boden befindlichen Blitznetzwerken, um zu untersuchen, wodurch Brände ausgelöst werden.

Mike Flannigan, Direktor einer kanadischen Initiative für Waldbrandwissenschaften an der Universität von Alberta in Edmonton, sagt, dass die Analyse zu dem Bild über Brände in der Taiga beiträgt, das bereits Gestalt annimmt.

„Die Arbeit dieser Autoren deutet darauf hin, dass es noch mehr Brände durch Blitzschläge geben wird, also wird es insgesamt mehr Feuer geben“, sagt er. „Das hat an vielen Fronten Konsequenzen: Es wird mehr Rauch geben. Der verbreitet sich über den ganzen Globus. Er kann über die kontinentalen Vereinigten Staaten und nach Europa ziehen, den ganzen Weg bis nach Asien und wieder zurück. Diese Brände verursachen eine beträchtliche Menge an Treibhausgas-Emissionen, besonders, wenn sie Torf verbrennen. Das könnte die [globale] Erwärmung beschleunigen. Je mehr Brände es gibt, desto mehr Emissionen hat man auch und umso wärmer wird es. Je wärmer es wird, desto mehr Brände gibt es und so weiter.“

Es gibt aber nicht nur schlechte Nachrichten. Wenn sich die Feuer nördlich bis in die Tundra hineinfressen, verbrennen sie die dicke Schicht organischer Böden und legen mineralreiche Böden frei. Diese bieten gute Saatbeete für südlichere Wälder, die nach Norden wandern, um den wärmeren Temperaturen zu entkommen.

„Durch die schnelle Erwärmung der letzten drei oder vier Jahrzehnte hinken viele Baumarten in ihrer klimatischen Nische hinterher“, sagt Veraverbeke. „Sie können sich nicht so schnell nach Norden ausbreiten, weil die Klimaerwärmung zu schnell voranschreitet. Sie liegen in ihrer Nische also ziemlich weit zurück. Die Brände könnten ihnen als treibende Kraft dabei helfen, ihre Nische wiederzufinden.“

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