Verlassene US-Basen auf Grönland verseuchen die Umwelt

Verlassene US-Basen auf Grönland verseuchen die Umwelt

Von Hannah Lang
Veröffentlicht am 22. Jan. 2018, 17:47 MEZ
Die Basis Bluie East Two im Osten Grönlands wurde 1947 verlassen. Alles blieb zurück, inklusive 10.000 ...
Die Basis Bluie East Two im Osten Grönlands wurde 1947 verlassen. Alles blieb zurück, inklusive 10.000 Fässern mit Treibstoff. Damals wurde noch verbleiter Treibstoff benutzt, der deutlich giftiger als das heutzutage verwendete Gemisch ist.
Foto von Ken Bower

Die Einheimischen bezeichnen die Tausenden rostigen Fässer als „amerikanische Blumen“. Von Weitem und an sonnigen Tagen sehen die 70 Jahre alten, orangeroten Fässer auf der grönländischen Insel Ikkatteq wie Felder voller Ringelblumen aus und nicht wie giftige Überbleibsel des Zweiten Weltkriegs.

1941 etablierte die US-Luftwaffe die Basis Bluie East Two auf der Insel. Der Vorgang fußte auf einer Vereinbarung zwischen den USA und Dänemark, welches Grönland im frühen 18. Jahrhundert für sich beansprucht hatte. Nach dem Krieg wurde die Basis 1947 wieder aufgegeben.

Das US-Militär ließ mit Asbest verseuchte Gebäude, zahllose Fässer mit verbleitem Flugzeugtreibstoff, rostende Metallfahrzeuge und womöglich sogar Hunderte Kisten mit nicht detoniertem Dynamit zurück, wenn man den Aussagen eines Mannes glaubt, der behauptet, auf der Basis gedient zu haben.

ZURÜCKGELASSENE BASEN

Bluie East Two ist nur eine von über 30 aufgegebenen Militärbasen in Grönland, die aus dem Zweiten Weltkrieg oder dem Kalten Krieg stammen, erklärte Inuuteq Holm Olsen. Er ist ein Repräsentant für Grönland an der US-Botschaft in Dänemark.

Unter den großen Mengen Schrott und Trümmern, die vom US-Militär in der verlassenen Basis Bluie East Two im Osten Grönlands zurückgelassen wurden, befinden sich zahlreiche Militärfahrzeuge.
Foto von Ken Bower

Für die Einwohner Grönlands sind die verwitternden Basen eine bittere Erinnerung an eine Vereinbarung, bei der sie keinerlei Mitspracherecht hatten. Erst 1979 gewährte Dänemark Grönland die Autonomie. Aber die Reste des Krieges stellen auch eine Gefahr für die Gesundheit der Grönländer dar. Viele von ihnen versorgen sich über die Jagd und Fischerei selbst, und niemand weiß so genau, was vielleicht schon alles verseucht wurde, so Olsen.

 „Sie sind angewidert, um es milde auszudrücken“, sagte er. „Wir alle bringen unseren Kindern bei, dass man seinen Müll nicht in die Gegend werfen und darauf achten soll, was man der Umwelt zuführt.“

DIE AMERIKANISCHEN BLUMEN

Der amerikanische Fotograf Ken Bower reiste 2014 und 2015 nach Ikkatteq. Freunde aus Island hatten ihm von der Basis erzählt und er beschloss, ihre Überreste zu fotografieren.

„Ich war richtig geschockt, als ich sah, wie viel da noch ist und dass es um die 70 Jahre später eben immer noch da ist“, sagte er.

Als seine Bilder 2016 im Internet die Runde machten, erstellte Bower online eine Petition, die die USA darum bat, Bluie East Two zu säubern. Insgesamt haben über 36.000 Menschen unterschrieben.

„Mir liegt die Umwelt hier in meinem Land am Herzen“, schrieb ein Unterstützer. „Räumt euren Dreck weg, USA.“

Die Petition erreichte leider nicht die 100.000 notwendigen Unterschriften, um es bis ins Weiße Haus zu schaffen. Im vergangenen Juni gelangte sie allerdings bis ins dänische Parlament. Die dänischen Abgeordneten unterzeichneten eine Absichtserklärung, Grönland über fünf Jahre hinweg 150 Millionen Kronen (etwa 20 Millionen Euro) zu zahlen, um einen Teil der alten US-Militärbasen zu beseitigen.

„Es ist an für sich positiv, dass Dänemark dafür Verantwortung übernommen hat“, sagte Olsen.

Allerdings muss noch immer eine offizielle Vereinbarung ausgehandelt und unterzeichnet werden, wie er anmerkt. Auch die Beteiligung der USA an den Aufräumarbeiten wurde noch nicht debattiert.

GEFAHR FÜR MENSCH UND UMWELT

Eine Klausel in der ursprünglichen Vereinbarung, welche über die Etablierung der Militärbasen geschlossen wurde, könnte die USA von jeglicher Verantwortung bei der Beseitigung der Überreste befreien. Abschnitt 11 der Vereinbarung besagt, dass Equipment und Gebäude nach Absprache mit den dänischen Behörden von den USA in Grönland entsorgt werden dürfen.

Grönland hat die USA bereits im Hinblick auf die Basis Camp Century um Hilfe gebeten. In dem Forschungszentrum, das einen Kernreaktor besaß, wurde im Kalten Krieg ein Programm betrieben, in dessen Zuge ein Netzwerk aus nuklearen Abschussanlagen unter dem Grönländischen Eisschild errichtet werden sollte. Neue Forschungsergebnisse lassen befürchten, dass durch die globale Erwärmung und das schmelzende Eis Schadstoffe freigesetzt werden könnten, die in der Basis gelagert wurden. Darunter befinden sich auch polychlorierte Biphenyle – giftige und krebserregende Chlorverbindungen.  

Im vergangenen Oktober hatte der grönländische Außenminister Vittus Qujaukitsoq einen Brief geschrieben, der in der dänischen Zeitung Berlingske veröffentlicht wurde. Darin war zu lesen, dass Grönland Dänemark angeblich schon seit 2014 bittet, Informationen darüber zu Verfügung zu stellen, welche Auswirkungen diese Schadstoffe auf die Gesundheit und Sicherheit zukünftiger Generationen haben könnten. Qujaukitsoq zufolge hat Grönland bisher keinerlei Antwort darauf erhalten.

Es ist möglich, dass auch der Müll von Bluie East Two sich negativ auf Gesundheit und Umwelt auswirken könnte. Genau kann man das derzeit aber nicht sagen, da das nicht untersucht oder beobachtet wird, sagte Olsen.

Repräsentanten der US-Luftwaffe und des US-Außenministeriums erklärten auf eine Anfrage hin, dass sie keinerlei Informationen über verlassene Militärbasen in Grönland hätten.

Allerdings haben mittlerweile andere Länder begonnen, sich für die Basen zu interessieren. Letztes Jahr hatte ein chinesisches Bergbauunternehmen angeboten, eine verlassene Marinebasis zu kaufen, die als Bluie West Seven bezeichnet wurde. Dänemark hat das Angebot abgelehnt, um die Beziehung zu den USA nicht zu gefährden.

Welche Zukunft Bluie East Two bevorsteht, wird wohl nur die Zeit zeigen.

„Es gibt so viele Unsicherheiten und ungeklärte Fragen“, sagte Olsen.

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