Lass die Wildnis rein!
Schmetterlinge in Not – der Rückgang heimischer Arten ist dramatisch. Mit einfachen Mitteln können Balkon- und Gartenbesitzer vielen Faltern eine kleine Oase schaffen. Jetzt ist die beste Zeit dafür.
Ein Frühling ohne Schmetterlinge? Für viele Menschen undenkbar. Doch die Zahl der Insekten in Deutschland geht drastisch zurück. Um 75 Prozent sei die Biomasse bei Fluginsekten in den letzten 27 Jahren gesunken, berichteten Wissenschaftler Ende 2017 im Fachmagazin „Plos One“. Für die Studie wurden seit 1989 wissenschaftliche Daten an über 60 Standorten gesammelt. Auch wenn sich Forscher über Methodik und Datenqualität streiten, einig sind sie sich in einem Punkt: Die Lage der Insekten ist nicht gut. Das sieht auch das Bundesumweltministerium so. „In den vergangenen Jahren hat nicht nur die Zahl der Arten abgenommen, sondern auch die Zahl der Tiere einzelner Arten. Zum Teil sind die Verluste dramatisch.“
Unverzichtbar für die Ökosysteme
Dabei sind Insekten für die Ökosysteme unverzichtbar: Sie sind nicht nur Nahrungsgrundlage unzähliger anderer Tierarten. Sie tragen auch zur Vermehrung von Pflanzen bei und verbessern die Bodenfruchtbarkeit. Die Bestäuber unter ihnen leisten einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Menschen mit Obst und Gemüse. Schmetterlinge spielen hierbei eine große Rolle. Das Dilemma: Etwa 50 Prozent der nachgewiesenen 1450 Großschmetterlingsarten in Deutschland sind gefährdet, zwei Prozent bereits ausgestorben oder verschollen. Das geht aus der Roten Liste gefährdeter Tiere hervor, die das Bundesamt für Naturschutz veröffentlicht. Schmetterlinge leiden unter dem Verlust ihrer Lebensräume, unter Monokulturen und Insektiziden in der Landwirtschaft und dem Klimawandel. Auch der Trend zu naturfremden Gärten setzt vielen Arten zu.
Die gute Nachricht: Jeder, der einen Balkon, eine Terrasse oder einen Garten besitzt, kann etwas für Schmetterlinge tun. Jetzt ist die beste Zeit dafür – denn der Frühling kommt mit großen Schritten. Der einfachste Weg ist ein Wildblumenbeet. Dafür braucht es nicht mal den eigenen Garten. Auch in Kübel lassen sich Blumen einsäen. Etwa von Mitte März bis Mitte Mai sollte ausgesät werden. Entscheidend: Nur mit den richtigen Pflanzen lockt man Schmetterlinge an. Spezielle Wildblumenmischungen gibt es im Gartencenter. Auch bekannte Kräuter wie Thymian, Oregano oder Lavendel ziehen Falter an. „Wichtig ist, dass die Blüten nicht gefüllt sind, damit die zarten Insekten leichten Zugang zum Nektar haben“, unterstreicht Thomas Schmidt, Biologe und Experte des Naturschutzbundes Deutschland (NABU). „Eine besonders ergiebige Nektartankstelle ist der Sommerflieder.“ Sogar Kunstnahrung bringe Erfolge. „Bewährt hat sich ein Schmetterlingscocktail aus Honig, Zucker und einer Prise Salz – alles in Wasser gelöst.“
Grüne Inseln in einer lebensfeindlichen Umwelt
Schmidts Appell an Gartenbesitzer, die eine Wildblumenwiese anlegen möchten: Keine Pestizide einsetzen, den Rasen weniger mähen und möglichst aufs Düngen verzichten. Die meisten Wildblumen gedeihen auf mageren Böden. Wer Platz hat, sollte eine wilde Ecke mit „Unkräutern“ stehen lassen. Brennnesseln und Disteln etwa sind wichtige Futterpflanzen für den Nachwuchs verschiedener Schmetterlingsarten wie Distelfalter, Tagpfauenauge oder Admiral. Denn die Raupen interessieren sich nicht für den Blütennektar, sondern für die Blätter spezieller Pflanzen. Heimische Arten sollten hier bevorzugt werden. „Während der Schmetterling eine Vielzahl unterschiedlicher Nektarquellen aufsucht, ist seine Raupe in Bezug auf ihre Futterpflanze schon wählerischer“, betont Schmidt. „Neunzig Prozent der Blätter exotischer Pflanzen bleiben unangetastet, weil sie für Raupen ungenießbar sind.“ Das Bundesamt für Naturschutz bietet eine Hitliste von Pflanzen, die für Schmetterlinge von Bedeutung sind.
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