Handel mit wilden Pflanzen: Das windige Geschäft mit Gelbwurz, Süßholz und Co.

Pflanzliche Produkte stecken in vielen Alltagsgütern und gehen oft mit versteckten menschlichen und ökologischen Kosten einher. Was wir beachten sollten.

Von Rachel Fobar
Veröffentlicht am 3. Jan. 2024, 12:34 MEZ
Gummi arabicum

Das Gummi arabicum stammt unter anderem vom Akazienbaum. Es wird etwa in der Medizin und als Lebensmittelzusatz verwendet.

Foto von Pxhere.com

Naturstoffe boomen. Sie sind in Süßigkeiten, in Tee oder Hautcremes enthalten und stammen nicht selten aus Wildpflanzen. Verbraucher schätzen natürliche Inhaltsstoffe – für den Artenschutz, die Ökosysteme, aus denen die Pflanzen stammen, und die Arbeiter, die sie ernten, ist der Einsatz nicht unbedingt von Vorteil. In einem kürzlich erschienenen Bericht der Vereinten Nationen haben Heilpflanzenexperten die Nachteile aufgezeigt, die mit einigen Naturstoffen verbunden sind, darunter Paranüsse, Weihrauch, Kanadischer Gelbwurz, Gummi arabicum oder Süßholz.

Pflanzliche Derivate in Haushaltsprodukten „stehen irgendwo in der Mitte der Zutatenliste“ auf den Produktetiketten und bleiben oft unbemerkt, sagt Caitlin Schindler vom Institute of World Politics in Washington, Hauptautorin des Berichts. Selbst wenn Verbraucher darauf achten, gebe es oft keine Informationen darüber, wie die Stoffe gewonnen und verarbeitet worden seien. Dabei seien viele dieser Pflanzen durch Überernte, Krankheiten und invasive Schädlinge, den Klimawandel und den Verlust ihres Lebensraums vom Aussterben bedroht.

Außerdem könne ihre Gewinnung mit Kinderarbeit, Verletzungen der Arbeitnehmerrechte und sogar moderner Sklaverei verbunden sein, heißt es in dem Bericht. Die Arbeiter seien oft arm, weiblich und Bild einer lumineszierenden kämen aus marginalisierten ländlichen Gebieten. Der Gefährdungsstatus von mehr als 20000 Heil- und Aromapflanzenarten sei noch nie bewertet worden, was bedeute, dass es unmöglich sei, zu wissen, ob ihre Verwendung nachhaltig sei.

Der Handel mit Wildpflanzen für Aromatherapie, Naturmedizin, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetikprodukte nimmt stetig zu. In Deutschland zum Beispiel stieg der Umsatz bei Naturkosmetik in den zehn Jahren zwischen 2012 und 2022 von 0,86 auf 1,43 Milliarden Euro. Pflanzen wie Süßholz finden sich im Angebot pflanzlicher Präventivund Heilmittel gegen Covid-19, und die Rinde des in Chile endemischen Seifenrindenbaums ist im Covid-19-Impfstoff der Firma Novavax enthalten.

Wildpflanzen werden seit Jahrhunderten lokal verwendet – Weihrauch am Horn von Afrika, Paranüsse in Südamerika, Baobab-Pulver im südlichen Afrika –, aber die heutige globale Nachfrage gefährdet viele von ihnen. Und die internationale Kundschaft hat oft keine Ahnung, woher die Produkte stammen. Das kann übrigens auch für Allerweltskräuter gelten, etwa Kamille, Arnika oder Minze. Viele Unternehmen wollen keine geschützten Informationen preisgeben, und die Verbraucher beachten nicht, dass sie einfach fragen könnten.

Doch was können wir tun – etwa den Kauf der Produkte einstellen? Nein, erklärt Schindler, „die betreffenden Inhaltsstoffe sind für viele Menschen lebenswichtig“. Der erste Schritt bestehe in der Schulung der eigenen Aufmerksamkeit. „Es ist wichtig zu bemerken, dass man etwas kauft, das eine Zutat aus der Natur enthält“, sagt sie. Dabei gibt es ein paar Grundregeln: Im Allgemeinen sei es sicherer, lokale Produkte zu erwerben und bei teureren Artikeln etwas mehr Geld auszugeben, wenn man sich das denn erlauben könne.

Am einfachsten ist es, auf Bio- und Fair-Trade-Zertifizierungen zu achten. Verschiedene Programme prüfen und bewerten die Lieferketten von Wildpflanzen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Arbeitsbedingungen, und viele Unternehmen werben mit diesen Zertifizierungen, meist auf der Verpackung oder auch online. Fehlen die Angaben, ermutigt Schindler uns Verbraucher dazu, bei den Unternehmen nachzufragen.

„Solange kein Druck von den Kunden da ist, werden wir keine Veränderungen sehen“, sagt sie. Dafür böten sich etwa die Websites der Unternehmen an. Und die Fragen seien ganz einfach, etwa: Beziehen Sie biologische und fair gehandelte Zutaten? Machen Sie oder Ihre Lieferanten Besuche in den Gemeinden, in denen Ihre Produkte angebaut werden? Was tun Sie zur Bekämpfung des Klimawandels?

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