Intergalaktische Schatzkammer: Gold in der Milchstraße

Das überdurchschnittlich hohe Vorkommen des Metalls in unserer Galaxie gibt der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. Forschende könnten nun eine Erklärung für seinen Ursprung gefunden haben.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 25. Nov. 2022, 09:56 MEZ
Die Milchstraße leuchtet im Nachthimmel.

Die Milchstraße ist voll von goldreichen Sternen. Doch woher kommt dieses Gold?

Foto von mandritoiu / Adobe Stock

Es funkelt, glänzt und ist seit mindestens sechs Jahrtausenden bei den Menschen heiß begehrt: Gold. Doch das gelbliche Metall lagert nicht nur in der Erdkruste und in Tresoren – unsere gesamte Galaxie ist voll davon.  

In unserer Milchstraße existieren rund fünfmal mehr goldreiche Sterne, als sich dort im Laufe der Jahrmillionen theoretisch von selbst hätten bilden können. Dieser Überschuss an vor allem alten, goldreichen Sternen gibt der Forschung schon seit langer Zeit Rätsel auf. Denn: Wenn das Gold nicht in der Milchstraße selbst entstanden ist, woher kommt es dann?

Ein Team unter der Leitung des Astrophysikers Shinya Wanajo vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik hat nun möglicherweise eine Antwort auf diese Frage gefunden. Für ihre Studie, die in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erschienen ist, rekonstruierten die Forschenden die chemische Entwicklung der Milchstraße, ihres Halo – also dem Bereich, der sie umgibt – und ihrer Satellitengalaxien wie der Großen Magellanschen Wolke. Das erstaunliche Ergebnis: Die alten, goldreichen Sterne sind nicht in der Milchstraße selbst entstanden, sondern extragalaktisch in angrenzenden Zwerggalaxien. 

Wie entsteht Gold?

Schwere Elemente wie Gold oder Blei können sich nicht einfach so in Sternen oder durch normale Supernovae bilden. Sie entstehen im Zuge des sogenannten r-Prozesses. Das ist ein schneller Neutroneneinfangprozess, welcher der Theorie zufolge beim Verschmelzen zweier Neutronensterne abläuft, wenn diese zum Beispiel miteinander kollidieren. In unserem Sternsystem sind Neutronensternkollisionen allerdings relativ selten. Vor allem in der frühen Phase der Milchstraße, in der die alten, goldreichen Sterne entstanden sein müssen, war die Neutronensterndichte so gering, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass es zu Kollisionen gekommen ist. Darum argumentieren manche Forschende, dass auch Schwarze Löcher oder spezielle Formen von Supernovae die schweren Elemente hervorgebracht haben könnten.

Um herauszufinden, bei welchem Ereignis und vor allem wo der r-Prozess ablief, bei dem das Milchstraßen-Gold entstanden ist, simulierten Wanajo und sein Team mithilfe eines Supercomputers die Elemententwicklung in Sternen und deren Relikten von der Entstehung des Kosmos bis heute. Dabei betrachteten sie neben der Milchstraße auch deren Halo und benachbarte Galaxien und untersuchten, wie Ereignisse wie Hypernovae, Supernovae vom Typ 1A und Neutronensternkollisionen zur Entstehung schwerer Elemente beigetragen haben könnten. 

Extragalaktisches Gold 

Die Ergebnisse ihrer Studie überraschen. „Basierend auf unseren Ergebnissen argumentieren wir, dass Neutronensternkollisionen die vorherrschende Quelle der r-Prozess-Elemente sein müssen“, heißt es in der Studie. Den Forschenden zufolge haben die nötigen Verschmelzungen von Neutronensternen aber nicht in der Milchstraße stattgefunden, sondern in „zwerggroßen und massiven Bausteinen“.

BELIEBT

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    Diese waren einst Teil von benachbarten Zwerggalaxien, in denen laut der Studie bereits vor über zehn Milliarden Jahren Neutronensternkollisionen stattfanden – und zwar genug, um eine große Menge schwerer Elemente wie Gold hervorzubringen. Durch Kollisionen dieser Zwerggalaxien mit der frühen Milchstraße gelangten die dabei entstandenen goldreichen Sterne schließlich in unser Sternsystem. 

    Mit dieser Theorie der extragalaktischen r-Prozesse könnte eine Erklärung für das bislang rätselhaft hohe Vorkommen von Gold in der Milchstraße gefunden sein. Um sie aber abschließend zu bestätigen, sind weitere theoretische Simulationen und astrophysikalische Beobachtungen nötig. 

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