Halla: Der Planet, den es nicht geben dürfte
Eigentlich sollte der Exoplanet Halla längst im All verglüht sein: Seine eigene Sonne hätte ihn verschlucken müssen. Doch er existiert – entgegen aller Erwartung.
Animation des Exoplaneten Halla in der Umlaufbahn seines Wirtssterns Baekdu. Es ist ein Rätsel, wie der Planet das Ausdehnen seiner Sonne überleben konnte.
Es ist ein astronomisches Rätsel der besonderen Art, das ein Forschungsteam des Instituts für Astronomie der University of Hawaiʻi in Honolulu, Hawaii, derzeit beschäftigt: Eigentlich hätte der jupiterähnliche Exoplanet 8 UMi b, genannt Halla, längst im Universum verglühen und das Zeitliche segnen sollen. Seine sterbende Sonne hätte ihn bei ihrer letzten Ausdehnung verschlucken müssen.
Doch der Planet existiert – entgegen allen Vorhersagen – und gibt der Forschung damit neue Fragen auf. Die drängendste: Wieso gibt es den Exoplaneten immer noch?
Gefräßige Sterne und planetare Überlebenskünstler
Halla befindet sich 520 Lichtjahre von der Erde entfernt und umkreist dort seinen Wirtsstern Baekdu mit einer Entfernung von circa 69 Millionen Kilometern – der Hälfte des Abstands zwischen Erde und Sonne. Mithilfe des Nasa-Weltraumteleskops Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) konnte das Forschungsteam unter der Leitung von Astronom Marc Hon herausfinden, dass Baekdu in seinem Zentrum Helium verbrennt – ein Anzeichen dafür, dass sich sich der Stern in der Vergangenheit einmal enorm ausgedehnt haben muss.
Das passiert, wenn Sterne ihr Lebensende erreichen: Sie dehnen sich noch einmal gigantisch aus und verschlingen alles, was ihnen dabei in die Quere kommt – auch die Planeten in ihrer eigenen Umlaufbahn. Damit reißen sie ihre eigenen Planeten in den Tod, denn diese verglühen daraufhin im Umfeld ihres sterbenden Sterns. So lautet die gängige Theorie, gemäß der es auch bei dem Roten Riesen Baekdu, der Sonne des Exoplaneten Halla, hätte ablaufen sollen.
Dieser Theorie zufolge hätte sich Baekdu bis zur 1,5-fachen Entfernung zwischen ihm und Halla aufgeblähen und den Planeten dabei verschlingen müssen, erklären die Forschenden in ihrer Studie, die in der Zeitschrift Nature erschien. Daraufhin hätte Baekdu auf seine derzeitige Größe schrumpfen müssen. Das Merkwürdige: Sein Planet Halla scheint dabei nicht verglüht zu sein, denn er existiert immer noch.
„Das Verschlingen von Planeten hat normalerweise katastrophale Konsequenzen, entweder für den Planeten, den Stern selbst – oder beide“, sagt Hauptautor Hon. „Die Tatsache, dass Halla es geschafft hat, in unmittelbarer Nähe eines Riesensterns zu überleben [...], zeigt, dass der Planet ein außergewöhnlicher Überlebenskünstler ist.“ Doch wie ist Halla das schier Unmögliche gelungen?
Der Planet, der überlebte
Dazu haben die Forschenden der University of Hawaiʻi verschiedene Theorien aufgestellt. Zum einen könnte Halla nie der Gefahr seines gefräßigen Wirtssterns ausgesetzt gewesen sein. Das Forschungsteam stellt die Vermutung auf, dass Baekdu einst Teil eines Doppelsternsystems gewesen ist, das aus ihm – dem Roten Riesen – und einem sehr kompakten alten Stern – einem sogenannten Weißen Zwerg – bestanden hat. Die beiden Sterne könnten miteinander verschmolzen sein, sodass Baekdu daran gehindert wurde, sich weit genug auszudehnen, um seinen Planeten Halla zu verschlingen.
Alternativ könnte der Planet auch erst nach dem Ausdehnen seines Wirtssterns entstanden sein. Das Verschmelzen von Baekdu und dem Weißen Zwerg hätte dann erst dazu geführt, dass es Halla überhaupt gibt. Bei der heftigen Kollision vom Roten Riesen und dem Weißen Zwerg könnten Trümmer freigesetzt worden sein, aus denen sich der Planet Halla formte.
Fest steht, dass Halla ein besonderer Himmelskörper ist, denn er ist der erste bekannte Planet in der Nähe eines heliumhaltigen Sterns. Die Forschenden wollen in Zukunft herausfinden, ob der Tod durch den eigenen Stern wirklich ein unumgehbares Schicksal für alle Planeten in der Nähe ihrer Sonnen ist oder ob es Ausnahmen gibt – wie den Überlebenskünstler Halla.