Studie widerlegt Vorurteile gegenüber Sandwich-Kindern
Mittlere Geschwister haben oft mit hartnäckigen Vorurteilen zu kämpfen. Doch nun konnten Forschende zeigen: Gerade sie glänzen mit besonders positiven Eigenschaften.

Eine neue Studie zeigt, dass mittlere Kinder – entgegen aller Vorurteile – mit äußerst positiven Persönlichkeitseigenschaften glänzen.
Erstgeborene sind verantwortungsbewusst, Nesthäkchen sind mutig und Sandwich-Kinder schreien permanent nach Aufmerksamkeit, um zwischen ihren Geschwistern nicht unterzugehen. So die gängigen Vorurteile, die auch in der Wissenschaft immer wieder heiß diskutiert werden.
Eine kanadische Studie der Brock University und der University of Calgary hat sich nun genauer damit befasst, wie sich die Geschwisteranzahl und die Geburtsreihenfolge auf die Persönlichkeit einer Person auswirken. Dabei konnten die Forschenden feststellen, dass Sandwich-Kinder längst nicht so negative Eigenschaften besitzen, wie ihr Ruf glauben macht. Im Gegenteil: Sie schneiden unter den Geschwistern sogar am besten ab, wenn es um kooperative Eigenschaften geht.
Sandwich-Kinder haben positivere Eigenschaften als ihre Geschwister
Die Studie, die in der Zeitschrift PNAS erschien, ist eine der größten Untersuchungen zu den Zusammenhängen zwischen Persönlichkeit und Geburtsreihenfolge. Insgesamt 700.000 Teilnehmende wurden dafür befragt. Sie stammten hauptsächlich aus Kanada, den USA, Australien und dem Vereinigten Königreich.
Die Studienteilnehmer*innen machten in der Befragung Angaben zu ihrem Geschwisterstatus: Sie erklärten, ob sie Einzelkind oder ob sie erst-, mittel- oder letztgeborenes Kind sind. Als Geschwister galten dabei alle Kinder, die im selben Haushalt aufwuchsen, unabhängig von einer biologischen Verwandtschaft. Daraufhin füllten die Teilnehmenden einen detaillierten Persönlichkeitstest aus – den sogenannten HEXACO-Persönlichkeitsfragebogen, den die Studienleiter Michael Ashton und Kibeom Lee vor etwa 20 Jahren entwickelt haben.
Der Test misst sechs Hauptdimensionen der Persönlichkeit, darunter Ehrlichkeit-Bescheidenheit und Verträglichkeit. In diesen beiden kooperativen Dimensionen gab es laut den Forschenden die größten Unterschiede zwischen den Geschwistern. „Wir haben festgestellt, dass mittlere Kinder die höchsten Werte für kooperative Eigenschaften aufweisen, gefolgt von jüngsten Kindern, ältesten Kindern und schließlich Einzelkindern“, sagt Ashton.
Bedeutet: Mittlere Kinder sind kompromissbereiter und kooperativer, sie urteilen weniger schnell, vergeben leichter und können sogar ihren Ärger besser kontrollieren als ihre älteren Geschwister oder Einzelkinder. Außerdem tendieren Sandwich-Kinder weniger dazu, andere zu ihrem Vorteil zu manipulieren, Regeln zu brechen oder nach Reichtum und sozialem Status zu streben.
Sind mittlere Kinder besonders?
Liegt es also an der Position der mittleren Kinder, dass sie mit besonders positiven Persönlichkeitsmerkmalen glänzen? Oder steigen die Werte auch, wenn man mehr als zwei Geschwister hat? Das versuchten die Forschenden mit einem weiteren Test herauszufinden. Dazu befragten sie 77.000 Studienteilnehmer*innen nach der Anzahl ihrer Geschwister.
“Menschen, die mit mehr Geschwistern aufwuchsen, waren im Durchschnitt kooperativer und bescheidener.”
Es zeigte sich, dass nicht unbedingt die mittlere Geburtsposition für die guten Werte verantwortlich war, sondern die Geschwisteranzahl. Je mehr Geschwister die Teilnehmenden hatten, desto höher waren ihre durchschnittlichen Werte in den Dimensionen Ehrlichkeit-Bescheidenheit und Verträglichkeit.
„Menschen, die mit mehr Geschwistern aufwuchsen, waren im Durchschnitt kooperativer und bescheidener“, erklärt Psychologieprofessor Ashton. „Das könnte einfach daran liegen, dass man mit Geschwistern mehr Kompromisse eingehen und kooperieren muss.“
Einzelkinder und Erstgeborene glänzen mit intellektueller Neugier
Doch auch Einzelkinder können aufatmen: Sie stechen in der HEXACO-Kategorie Offenheit für Erfahrungen, die unter anderem durch intellektuelle Neugier geprägt ist, besonders hervor. Der Grund dafür liegt laut Ashton darin, dass man in jungen Jahren häufiger mit Erwachsenen interagiert. Auch Erstgeborene haben in diesem Bereich einen Vorteil gegenüber ihren Geschwistern.
