Wie giftig ist die Luft in Kletterhallen?
Zum Klettern und Bouldern sind eng sitzende Schuhe mit dem nötigen Grip unerlässlich. Allerdings geht von ihnen auch eine nicht zu unterschätzende Gefahr aus, wie Forschende aus der Schweiz und Österreich in einer Studie zeigen.
Wer klettert oder bouldert, fördert seine Gesundheit ganzheitlich – eigentlich. Was viele beim Indoor-Klettern nicht bedenken: die Hallenluft. Sie enthält nicht nur Schweiß- und Staubpartikel, sondern auch potenziell gefährliche Chemikalien. Diese gelangen laut einer Studie der Universität Wien und der technisch-naturwissenschaftlichen Universität in Lausanne durch Kletterschuhe in die Hallen – und in die Lungen der Kletternden.
Luftqualität in Kletterhallen: So schlecht wie an viel befahrenen Straßen
Begriffe wie Abrieb oder Partikel werden häufig mit dem Straßenverkehr und Autoreifen in Verbindung gebracht. Dass die Luft in den Kletterhallen tatsächlich sehr vergleichbar mit viel befahrenen Straßen ist, zeigen Untersuchungen der Umweltwissenschaftler*innen Anya Sherman vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft (CeMESS) der Universität Wien und Thibault Masset von der École Polytechnique Fédérale de Lausanne.
Das Forschungsteam analysierte Luftproben, die mithilfe eines sogenannten Impingers aus fünf Wiener Boulderhallen sowie weiteren Einrichtungen in Frankreich, Spanien und der Schweiz entnommen wurden. Das Partikelmessgerät ahmt die menschliche Atmung nach und filtert die Partikel heraus, die über die Atemwege bis in die menschliche Lunge gelangen können.

Anya Sherman untersucht mit einem Partikelmessgerät die Atemluft in einer Wiener Boulderhalle.
Die Ergebnisse waren eindeutig: In einigen der Kletterhallen war die Luftqualität laut der Studie vergleichbar mit der an stark befahrenen, mehrspurigen Straßen in Großstädten. Je kleiner die Kletterhalle, desto höher war die Konzentration der gemessenen Chemikalien.
Gummi in der Luft: Abrieb von Kletterschuhen als Ursache
Nach der Quelle für die potenziell giftigen Partikel mussten die Forschenden nicht lange suchen. Die schwarzen Rückstände an den Klettergriffen, die vom Abrieb der Schuhsohlen stammen und durch Abbürsten in die Luft gelangen, sind Sportkletter*innen weitläufig bekannt.
Überraschen dürfte allerdings, wie schädlich die Kletterschuhe wirklich sind: Insgesamt fanden die Forschenden in den 30 untersuchten Schuhpaaren 15 sogenannte Additive. Diese Zusatzstoffe werden dem Gummi beigemischt, um die Sohlen möglichst langlebig und robust zu machen. In besonders hoher Konzentration nachgewiesen wurden etwa gummibasierte Chemikalien wie Benzothiazole oder p-Phenylendiamine. Des Weiteren fand das Team vor allem den Gummistabilisator 6PPD vor. In Autoreifen gemischt, soll dieser den Verschleiß minimieren. Seine Umweltauswirkungen sind allerdings fatal: Für Wasserlebewesen wie Fische gilt der Stoff als hochgiftig, selbst geringe Konzentrationen können akutes Fischsterben auslösen.
In der Kletterhalle eingeatmet, können die Stoffe bei Menschen auf lange Sicht zu gesundheitlichen Problemen führen. So stehen die in der Luft gefundenen Additive in Verdacht, Schäden an Lunge, Leber, Darm, Herz und Nervensystem zu verursachen und die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Als hilfreiche Gegenmaßnahmen schlagen die Forschenden etwa bessere Lüftungssysteme, eine gleichmäßige Auslastung der Hallen oder die Nutzung von Sohlen mit weniger zugeführten Zusatzstoffen vor.
