Vom Wolf zum Wuffi

Vor rund 12 000 Jahren legten in der Region, die heute Israel heißt, Menschen eine Leiche ins Grab. Ihre Hände halten ein junges Tier - ob Hund oder Wolf, ist nicht zu erkennen. Die Grabstätte ist auf jeden Fall einer der ältesten Belege für die Domestizi

Von Karen E. Lange
Foto von Joël Sartore, National Geographic Creative

Vor rund 12 000 Jahren legten in der Region, die heute Israel heißt, Menschen eine Leiche ins Grab. Ihre Hände halten ein junges Tier - ob Hund oder Wolf, ist nicht zu erkennen. Die Grabstätte ist auf jeden Fall einer der ältesten Belege für die Domestizierung des Hundes. Nach heutigen Erkenntnissen begann sie vor 14 000 Jahren.

Manche Fachleute glauben, die Menschen hätten sich junge Wölfe gehalten, und die natürliche Selektion habe dann jene Tiere begünstigt, die weniger aggressiv waren und besser um Futter betteln konnten. Andere behaupten, die Hunde hätten von sich aus eine neue ökologische Nische - die Abfallhaufen der Menschen - besetzt und sich selber domestiziert. Mit jeder Generation wurden sie zahmer, weil jene Tiere am besten überlebten und sich fortpflanzten, die vor dem Menschen nicht flohen. So erklärt es der Wildbiologe Raymond Coppinger aus Amherst, Massachusetts.

Vom Äußeren abgesehen, änderte sich aber kaum etwas: Die Gene von Wolf und Hund sind beinahe identisch. Eine solche Formenvielfalt wie bei den Hunden gibt es bei keiner anderen Tierart. Aber trotz großer Unterschiede haben alle Hunde gemeinsame Merkmale: ein von Natur aus zahmes Temperament, Gelehrigkeit, die Fähigkeit zum Schwanzwedeln und ein mehrfarbiges Fell. Seitdem die Hunde selber keine großen Beutetiere mehr erlegen müssen, wurden ihre Schädel und Zähne im Verhältnis zur Körpergröße kleiner als bei ihrem Stammvater, dem Wolf. Und seit sie ihre Ernährung von selber erlegter Beute auf die Abfälle der Menschen umgestellt haben, schrumpfte auch ihr Gehirn. Das Zwischenprodukt der Evolution war jene Art Straßenköter, die wir heute ganz ähnlich auf der ganzen Welt an den Stadträndern sehen können: mittelgroß und gelblich gefärbt.

BELIEBT

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    Aus ihnen entwickelten sich die ersten Rassen fast ohne Zutun des Menschen einfach dadurch, dass manche Hunde wegen besonderer Fähigkeiten als Wächter oder Jäger ausgewählt wurden und sich bevorzugt fortpflanzen durften. Auch die Ausbreitung des Menschen trug dazu bei, Rassen zu formen: In kalten Klimazonen zum Beispiel konnten größere Hunde mit dichtem Fell besser überleben und sich vermehren. Jahrhunderte später kreuzten die Menschen dann gezielt Tiere mit erwünschten Eigenschaften. Die dabei entstandenen Mischlinge zeigten eine größere Formenvielfalt, als von Natur aus entstehen oder erhalten bleiben würde.

    Ohne den Menschen gäbe es den Hund nicht. Selbst die wilden Streuner, die sich von Abfällen ernähren, sind in ihrer Mehrzahl auf die Nähe des Menschen angewiesen. Die Beziehung zwischen beiden Arten ist so eng geworden, dass Hunde häufig als ganz besondere Tiere gelten. Der Biologe James Serpell schreibt: "Der Haushund hat eine heikle Stellung im Niemandsland zwischen Menschlichem und Nichtmenschlichem..., er ist weder Mensch noch Tier."

    (NG, Heft 1 / 2002)

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