Die Farbvielfalt des Menschen

Die Künstlerin Angélica Dass erstellte für ihr Projekt „Humanae“ einen menschlichen Farbkreis aus Pantone-Farben.

Von Nina Strochlic
bilder von Angélica Dass
Veröffentlicht am 23. Juni 2020, 11:05 MESZ

Wenn Leute die braune Haut der Brasilianerin Angélica Dass und die rosa Hautfarbe ihres spanischen Ehemannes sahen, spekulierten sie gern über die Hautfarbe ihrer zukünftigen Kinder. Wenn sich Dass selbst ausmalen wollte, wie ihre Kinder wohl aussehen würden, schaute sie einfach auf ihre Familie: Deren europäische und afrikanische Hauttöne reichen von „Pfannkuchen über Erdnuss bis hin zu Schokolade“.

Im Jahr 2012 fotografierte sie sich selbst, ihren damaligen Ehemann und ihre beiden Familien, um diese faszinierende Vielfalt zu zeigen. Sie ordnete einen Pixelstreifen von der Nase des jeweiligen Motivs einer Pantone-Farbkarte zu. Das Pantone Matching System wird seit vielen Jahren im Grafik- und Druckbereich eingesetzt. So begann „Humanae“ – ein Projekt, das mittlerweile 4.000 Porträts von Menschen alle Couleur aus 18 Ländern umfasst.

Die Hautfarbe bestimmt auch im 21. Jahrhundert noch, wie Menschen behandelt werden. „Diese Entmenschlichung geschieht hier und jetzt“, sagt Dass. „An der Grenze zu Libyen und in unserem Alltag. Wenn jemand nicht die gleiche Freiheit wie man selbst hat, dann deshalb, weil man ihn so behandelt, als wäre er ein bisschen weniger menschlich.“

Dass macht dafür unsere „binäre“ Farbpalette verantwortlich, wie sie es nennt. Als sie sechs Jahre alt war, sagte ihre Lehrerin beim Malen zu ihr, sie solle den „hautfarbenen“ Buntstift verwenden. „Ich sah mir das Pink an und dachte: Wie kann ich ihr sagen, dass das nicht meine Hautfarbe ist?“ In dieser Nacht betete sie zu Gott, dass sie als Weiße aufwachen würde.

Als Design- und Modestudentin lernte Dass später, Tausende von Nuancen innerhalb jeder Farbe zu sehen. Wenn sie mit ihrem Projekt Schulen besucht, erzählt sie das den Lernenden – aber die meisten wissen das bereits. „Kinder bezeichnen sich selbst nicht als Schwarz und Weiß. Wir bringen ihnen das bei“, sagt Dass. Sie erzählt, dass es Kinder waren, die Farbnamen wie Erdnuss und Schokolade geprägt haben, die sie jetzt auch für ihre eigene Familie verwendet.

Ihr Projekt „Humanae“ hat sie schon an zahlreiche Orte geführt: Von Tennessee in den USA, wo ein ehemaliger Weißer Rechtsextremer in ihren Armen weinte, bis die Schweiz, wo sich Senioren mit den Flüchtlingen trafen, gegen deren Umsiedlung sie protestierten. „Gerade die Orte, an denen man keine Empathie erwartet, können Orte sein, an denen ein kleiner Samen zu keimen beginnt“, sagt sie. „Und vielleicht kann es dieser Same sein, der unsere Zukunft als Menschen verändert.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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