Historischer Fund unter Notre-Dame

Bei Bodenuntersuchungen im Rahmen des Wiederaufbaus von Notre-Dame haben Archäologen mittelalterliche Gräber unter der Kathedrale entdeckt. Sie fanden auch einen antiken Bleisarg – mitsamt Leichnam.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 28. März 2022, 08:54 MESZ
Nahaufnahme des Bleisargs, der unter der Kathedrale Notre-Dame gefunden wurde.

Jahrhundertelang versteckt unter Notre-Dame: Der Bleisarkophag, der im Rahmen der präventiven archäologischen Ausgrabung zum Vorschein kam, ist erstaunlich gut erhalten.

Foto von Denis Gliksman, Inrap / EPRND

In Paris sind Archäologen im Rahmen des Wiederaufbaus der Kathedrale Notre-Dame auf eine Sensation gestoßen: Bei archäologische Vorsorgeuntersuchen des Bodens wurden mehrere bis dahin unbekannte Gräber mitsamt eines fast vollständig erhaltenen Bleisargs zutage gefördert. Die Funde stammen vermutlich aus dem 14. Jahrhundert.

Zusätzlich fand man Fragmente alter Bauteile der Kathedrale, die bislang auf das 13. Jahrhundert datiert werden. „Die Fundstücke sind für unser Verständnis der Geschichte von Notre-Dame de Paris unglaublich wichtig“, erklärt das französische Kulturministerium und misst ihnen eine „bemerkenswerte wissenschaftliche Bedeutung“ zu. Die Kathedrale stand 2019 in Brand, seitdem läuft die Stabilisierung und Rekonstruktion des historischen Gebäudes.

Seit dem Brand der Kathedrale Notre Dame im April 2019 wird unermüdlich an ihrem Wiederaufbau gearbeitet. In diesem Rahmen finden aktuell auch archäologische Vorsorgeuntersuchen des Bodens unter der Kathedrale statt.

Foto von Nivenn Lanos / Unsplash

Mittelalterliche Gräber und ein Bleisarg 

Die Ausgrabung, bei der die Gräber entdeckt wurden, fand in der Höhe der Vierung – dem Bereich, an dem sich Haupt- und Querschiff des Gebäudes kreuzen – statt. Die DRAC Île-de-France, die regionale Archäologiebehörde des Kulturministeriums, hatte die präventive Ausgrabung angeordnet, weil an der Stelle im Rahmen der Bauarbeiten ein Teil des Bodenbelags ausgehoben werden sollte. Ziel war es, mögliche verschüttete Fragmente aus den verschiedenen Bauphasen des Gebäudes und alte Gewölbe oder Skelette zu finden, bevor die Bauarbeiten an jener Stelle weitergingen. Das Vorhaben führte zu einem ungeahnten Erfolg.

Der wohl spektakulärste der Funde ist der vollständig erhaltene anthropomorphe Bleisarg, in dem noch immer die Überreste der darin bestatteten Person erhalten sind. Die Archäologen gehen aktuell davon aus, dass die Überreste zu einem hohen Würdenträger aus dem 14. Jahrhundert gehören. Mithilfe einer endoskopischen Kamera, die in das Innere des Sargs eingeführt wurde, fanden sie Pflanzenreste unter dem Kopf des Verstorbenen, Haare, Textilfragmente und organisches Material. „Das lässt auf einen sehr guten Erhaltungszustand schließen“, erklärt das Kulturministerium.

Die Geschichte Notre-Dames

Neben den Gräbern und dem Bleisarg interessieren sich die Archäologen vor allem für die bisher versteckte Geschichte der historischen Kathedrale. Die bunten Fragmente, die sie bei den Ausgrabungen nur unmittelbar unter dem heutigen Bodenbelag fanden, sollen helfen, diese Geschichte zu vervollständigen. Die Skulpturenfragmente gehörten offenbar zu dem alten Lettner von Notre-Dame, der im Jahr 1230 erbaut wurde. Ein Lettner ist eine Art Raumtrenner, häufig kunstvoll verziert, der den Raum der Geistlichen vom restlichen Kirchenraum abgrenzt. Der Lettner der Notre-Dame wurde Anfang des 18. Jahrhunderts zerstört.

Nach Beendigung der Ausgrabungen am 25. März wollen die Archäologen weitere Untersuchungen anstellen, um das genaue Alter der Gräber, des Bleisargs und der Lettner-Fragmente festzustellen. „Die Entdeckungen werden dazu beitragen, die Geschichte des Denkmals zu dokumentieren“, so das Kulturministerium.

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