Spektakuläre Fundstellen: Eine archäologische Zeitreise durch Deutschland

Von der Steinzeit bis in die Neuzeit, von den Alpen bis an die Nordsee: Im Laufe der Geschichte haben die Menschen auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands immer wieder und vielerorts ihre Spuren hinterlassen – man muss sie nur finden.

Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 25. Mai 2022, 16:36 MESZ
Vor 40.000 Jahren erschufen eiszeitliche Menschen in den Höhlen des Lonetals die ältesten heute bekannten figürlichen ...

Vor 40.000 Jahren erschufen eiszeitliche Menschen in den Höhlen des Lonetals die ältesten heute bekannten figürlichen Darstellungen von Menschen und Tieren – ein Entwicklungssprung, dem viele weitere folgten.

Foto von Landratsämter Alb-Donau und Heidenheim / burkert gestaltung

Das keltische Oppidum im bayerischen Manching, die sagenumwobene bronzezeitliche Himmelsscheibe von Nebra oder die Reste des mittelalterlichen Lübecks, die von ihrer Zeit als eine der größten Städte des heiligen Römischen Reichs erzählen – die Liste von Orten, die Einblicke in das Leben der Völker und Kulturen bieten, die vor uns hier waren, ist schier endlos. Deutschland ist eine große, archäologische Schatzkammer – ein guter Grund, sich auf den Spuren unserer Vorfahren auf eine Reise durch die Zeitalter zu begeben.

Erste Teile des sogenannten Löwenmenschen wurden von Archäologen im Jahr 1933 entdeckt, weitere Fragmente tauchten bei Nachgrabungen in den Jahren 2008 bis 2013 im Hohlenstein-Stadel auf. Die aus dem Stoßzahn eines Mammuts geschnitzte Figur erlaubt einen Einblick in die geistig-religiösen Vorstellungen der Menschen der letzten Eiszeit.

Foto von Oleg Kuchar / Museum Ulm

Altsteinzeit: Der Löwenmensch aus dem Lonetal

Im Lonetal im heutigen Baden-Württemberg machte die Entwicklungsgeschichte des Menschen vor Zehntausenden Jahren einen gewaltigen Sprung: Die eiszeitlichen Menschen, die die Höhlen dieser Felsmassive bewohnten, erschufen die weltweit ältesten bekannten Musikinstrumente und figürlichen Darstellungen von Tieren und Menschen. Sie sind ein wichtiger Beleg für die Entstehung des modernen menschlichen Geistes, der sich in Kunst, Musik, Ritualen und Glaubensvorstellungen ausdrückte. Im Jahr 2017 wurden die sechs „Höhlen der ältesten Eiszeitkunst“ des Lonetals deswegen von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Zu den bekanntesten Entdeckungen, die in den Höhlen gemacht wurden, zählt der sogenannte Löwenmensch aus dem Hohlenstein-Stadel: Es handelt sich um die Figur eines aufrechtstehenden Mischwesens aus Mensch und Höhlenlöwe, das heute im Ulmer Museum besichtigt werden kann. Sie wurde vor rund 40.000 Jahren aus Mammutelfenbein gefertigt und hat eine Höhe von 31 Zentimetern – damit ist sie das größte bisher sichergestellte Relikt aus dem Lonetal.

Die Stadelhöhle ist eine von zwei Höhlen des Hohlenstein-Felsmassivs am südlichen Rand des Lonetals. Archäologische Untersuchungen, die hier erstmals im Jahr 1861 durchgeführt wurden, förderten Kulturschichten aus der Zeit des Neandertalers, dem Jungpaläolithikum mit dem Aurignacien – in dem der Löwenmensch entstand –, der Jung- und Mittelsteinzeit sowie jüngeren Epochen bis in das Mittelalter zutage.

BELIEBT

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    Das archäologische Freilichtmuseum in Unteruhldingen am Bodensee zeigt Nachbauten von Pfahldörfern aus der Stein- und Bronzezeit.

    Foto von Pfahlbauten / F.Müller

    Jungsteinzeit: Die Pfahlbauten vom Bodensee

    Das Phänomen der Pfahlbausiedlungen breitete sich um 4300 v. Chr. im Alpenraum aus, ohne dass man es einer einheitlichen Kulturentwicklung hätte zuschreiben können: Mehr als 30 archäologische Kulturgruppen bauten ihre Häuser erhöht auf Pfählen in und am Wasser. Am Bodensee rückten erstmals Siedler der „Hornstaader Gruppe“ ab 3919 v. Chr. in die Flachwasserzone vor.

    Die um 1864 entdeckte Fundstelle Unteruhldingen-Stollenwiesen in Baden-Württemberg ist das bedeutendste Pfahlfeld einer ehemals stark befestigten spätbronzezeitlichen Siedlung in dieser Region. Sie umfasst drei Siedlungsphasen – von der Jungsteinzeit ab etwa 2900 v. Chr. bis in die Bronzezeit um 850 v. Chr. –, die mithilfe dendrologischer Untersuchungen nachgewiesen werden konnten. Die wissenschaftliche Untersuchung der Pfahlbauten findet am Bodensee als Ausgrabung aber auch als Unterwasserarchäologie statt. Erste Tauchgänge wurden bereits in den Fünfzigerjahren unternommen und konnten vor allem zahlreiche Bronzeobjekte zutage fördern. Im Laufe der Zeit half das archäologische Projekt dabei, Grabungstechniken entscheidend weiterzuentwickeln und zu standardisieren.

    Heute wird das Bild der Pfahlbausiedlungen durch das Freiluftmuseum von Unteruhldingen geprägt. Die hier rekonstruierten Häuser geben eine Vorstellung von den Bauten, in denen die Menschen vor Jahrtausenden rund um den Bodensee – aber auch an den Schweizer Seen – gelebt haben. Seit dem Jahr 2011 gehören die Pfahlbauten zum UNESCO-Weltkulturerbe.

    117 Einzelteile umfasst der sogenannte Goldhort von Gessel. Er wurde nach seiner Entdeckung eingeschlossen in einen Erdblock geborgen und zunächst mit verschiedenen bildgebenden Verfahren untersucht. Heute befindet er sich im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover.

    Foto von Volker Minkus

    Bronzezeit: Der Goldhort von Gessel

    Oft sind es große Bauvorhaben und die damit verbundenen archäologischen Voruntersuchungen, die zu der Entdeckung wertvoller Relikte aus vergangenen Zeiten führen. So auch im Fall eines bronzezeitlichen Goldschatzes – dem sogenannten Goldhort von Gessel –, der im April 2011 in der Nähe von Syke in Niedersachsen gefunden wurde.

    Im Rahmen des Baus der Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL) stießen die begleitenden Archäologen auf einen geschlossenen, 117 Einzelteile umfassenden Fund aus Gold. Er besteht größtenteils aus Spiralen verschiedener Art und Größe, hinzu kommen Fibeln und Nadeln. Der vermutlich aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. stammende Goldhort zählt mit einem Gesamtgewicht von etwa 1,7 Kilogramm zu den größten prähistorischen Funden dieser Art in Mitteleuropa. Unter ihnen ist er der bisher einzige, der unter wissenschaftlichen Bedingungen freigelegt wurde, und damit der am besten dokumentierte bronzezeitliche Depotfund.

    Darüber, wieso und von wem der Schatz deponiert wurde, kann nur spekuliert werden. Möglich ist, dass das Gold zum Schutz vor fremden Zugriffen geplant versteckt wurde – darauf deutet die wohlüberlegte, platzsparende Ablage der teils ineinander gesteckten Gegenstände hin. Da sich in der Nähe der Fundstelle während der Bronzezeit keine Siedlungen befanden und im Umfeld keine Gräber entdeckt wurden, nehmen die Wissenschaftler an, dass es sich bei dem Hort um das Wertversteck oder Materialdepot eines Fernhändlers handelte. Dafür sprechen die teilweise nur halbfertigen, noch nicht mit Verzierungen versehenen Armreifen. Möglicherweise gehörten die Stücke aber auch einer religiösen Gemeinschaft oder waren Beute von Plünderern auf Kriegszügen.

    Fast 2.700 Jahre lang ruhten die sterblichen Überreste von Moora im Großen Moor bei Uchte. Die älteste Moorleiche Niedersachsens, die zufällig bei Torfbauarbeiten entdeckt wurde, verschafft Archäologen einen selten Einblick in die Lebensumstände der Menschen der Eisenzeit.

    Foto von Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege

    Eisenzeit: Moora, das Mädchen aus dem Uchter Moor

    Als im September des Jahres 2000 bei Torfbauarbeiten Skelettteile und Schädelfragmente im Großen Moor bei Uchte im niedersächsischen Landkreis Nienburg gefunden wurden, glaubte man zunächst, es handele sich um die sterblichen Überreste eines Mädchens, das in den Sechzigerjahren in der Region verschwand. DNA-Analysen widerlegten diese Annahme jedoch und so lagerten die Gebeine mehrere Jahre in der Hamburger Rechtsmedizin, bis man im Januar 2005 an derselben Stelle im Moor auf eine mumifizierte menschliche Hand stieß. Die Ermittlungen wurden – nun mit der Unterstützung des Niedersächsischen Amts für Denkmalpflege – wieder aufgenommen. Es zeigte sich: Die Knochen gehörten zu einer jungen Frau, die im Alter von 16 bis 19 Jahren gestorben war – ungefähr im Jahr 650 v. Chr.

    Das Mädchen aus der vorrömischen Eisenzeit – die bisher älteste Moorleiche Niedersachsens – wurde auf den Namen „Moora“ getauft. Ob sie vor fast 2.700 Jahren im Moor verunglückte, beigesetzt oder verscharrt wurde, ist unklar. Da keine Grabbeigaben gefunden wurden, gilt es als unwahrscheinlich, dass sie normal bestattet wurde. Aus Mooras Knochen lasen die Wissenschaftler, dass sie häufig schwere Lasten auf ihrem Kopf getragen, an Mangelernährung gelitten und eine Hirnhautentzündung überstanden hatte, die vermutlich durch Tuberkulose verursacht worden war.

    In der Eisenzeit waren Feuerbestattungen die übliche Bestattungsform – bei Funden menschlicher Überreste aus dieser Zeit handelt es sich also vor allem um verkohlte Knochensplitter und Asche. Moora bietet somit die seltene Gelegenheit eines archäologischen Einblicks in die Lebensumstände der Menschen zu Beginn dieser Epoche.

    Das Kastell von Welzheim in Baden-Württemberg ist ein Beispiel für die zahlreichen Militärlager, die Römer entlang des Obergermanisch-Rätischen Limes errichteten. Sie bieten einen umfassenden Einblick in die Vegetation und in die Lebensbedingungen der Bewohner im 2. und 3. Jahrhundert.

    Foto von Horst Eisele / Adobe Stock

    Antike: Der Obergermanisch-Rätische Limes

    Das größte Bodendenkmal Deutschlands zieht sich zwischen Rhein und Donau auf einer Strecke von rund 550 Kilometern Länge: vom Kleinkastell Rheinbrohl in Rheinland-Pfalz bis zum niederbayerischen Kastell Eining – entlang der ehemaligen Außengrenze des Römischen Reichs.

    Nach der verheerenden Niederlage gegen die Germanen in der sogenannten Varusschlacht im 9. Jahrhundert n. Chr. zogen sich die Römer auf die linke Seite des Rheins und die rechte Seite der oberen Donau zurück. Etwa im Jahr 107 n. Chr. begannen Sie damit, entlang dieser Grenze einen Schutzwall – den Limes – zu errichten. Hinter Graben und Palisadenzaun standen hier im Abstand von jeweils rund 800 Metern zueinander zehn Meter hohe, hölzerne Wachtürme, zwischen denen Sichtverbindung bestand. Im Abstand von etwa zehn Kilometern zueinander wurden entlang des Limes kleinere Kastelle erbaut, in deren Umfeld Siedlungen entstanden, in denen die Besatzung der Wachtürme und ihre Angehörigen lebten. Neuesten archäologischen Untersuchungen zufolge begann der Verfall des Limes im 3. Jahrhundert n. Chr.

    Seit dem Jahr 2005 ist der Obergermanische-Rätische Limes als Bodendenkmal von internationaler archäologischer Bedeutung Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Große Teile der Kastelle und Türme sowie Siedlungen und Straßen haben die Zeit überdauert, wurden teilweise rekonstruiert und erlauben heute einen eindrucksvollen Blick in das Leben und das technische Know-How der Alten Römer.

    Als Haithabu aufgegeben wurde, lebten in dem Ort etwa 1.500 Menschen. Die Stelle, an der sich die Siedlung einst befand, wurde nie wieder bebaut, was den Archäologen ihre Arbeit erleichterte. Heute stehen auf dem Gelände sieben aus Befunden rekonstruierte Wikingerhäuser.

    Foto von Rita Priemer / Adobe Stock

    Frühmittelalter: Die Wikinger in Haithabu

    Die um das Jahr 770 gegründete Wikingersiedlung Haithabu – was in der altnordischen Sprache so viel wie „Heidehof“ bedeutet – war in ihrer Blütezeit im 10. Jahrhundert einer der bedeutendsten Fernhandelsplätze im westlichen Ostseeraum. Ihre Lage an der Schlei – einem langen, schiffbaren Arm der Ostsee in der Nähe der heutigen schleswig-holsteinischen Stadt Schleswig – bot ideale Voraussetzungen: Waren aus der Ostsee wurden hier verladen, über den historischen Ochsenweg zur Eider gebracht und von dort weiter in die Nordsee verschifft. Neben ihrer Funktion als Handelsknotenpunkt, von dem aus Schiffsrouten bis nach Schweden und in das Byzantinische Reich führten, war die Siedlung am äußersten Süden der von Wikingern besiedelten Gebiete auch für die Herstellung von Tonwaren, Glas und Werkzeug bekannt.

    Nachdem sie in einer Schlacht im Jahr 1050 erstmalig zerstört und nur teilweise wieder aufgebaut wurde, führte ein Angriff durch die Westslawen im Jahr 1066 zum endgültigen Untergang der Handelsstadt – zeitgleich mit dem allgemeinen Ende der Wikingerzeit.

    Erste archäologische Untersuchungen der Stätte fanden bereits Ende des 19. Jahrhunderts statt – unter günstigen Bedingungen, denn die Fläche war nie überbaut worden. Seitdem werden in und um Haithabu mit Unterbrechungen immer wieder Grabungen durchgeführt, die unter anderem Runensteine und Gräbertypen unterschiedlichster Art hervorgebracht haben. Im Jahr 1953 wurde im Hafenbecken das Wrack eines Langschiffs entdeckt, das heute restauriert neben vielen anderen Fundstücken im Wikinger-Museum Haithabu besichtigt werden kann. Seit Juni 2018 ist die wikingerzeitliche Stätte UNESCO-Weltkulturerbe.

    Wenn die Ebbe es erlaubt, suchen Wissenschaftler des Rungholt-Projekts im Watt nach Überresten und Hinweisen auf den versunkenen Handelsort, der sich einst an der nordfriesischen Küste befand.

    Foto von Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein / Linda Hermannsen

    Spätmittelalter: Rungholt, die versunkene Stadt

    Die versunkene nordfriesische Siedlung Rungholt wird auch gern als „Atlantis der Nordsee“ bezeichnet. Im Gegensatz zu dem mystischen Inselreich der griechischen Antike ist von Rungholt jedoch bekannt, wo es einst lag: Zeitgenössische Karten verorten es im Verwaltungsbezirk Edomsharde, als Teil der Küstenlandschaft Strand zwischen den Inseln Pellworm und Nordstrand nahe der Hallig Südfall. Heute ist dort, wo die Siedlung einst stand, nur noch Wattenmeer zu finden, denn im 14. Jahrhundert wurde sie von einer Katastrophe heimgesucht, die der Legende nach eine Gottesstrafe für ihre hochmütigen Bewohner gewesen sein soll: In nur einer Nacht ist demnach der gesamte Ort von einer mächtigen Sturmflut – der zweiten Marcellusflut vom 15. auf den 16. Januar 1362, die auch als Grote Mandränke bekannt ist – zerstört worden und in der Nordsee versunken.

    Zwischen 1921 und 1938 wurden nördlich von Südfall immer wieder Überreste von Warften, Bauten und Zisternen im Watt freigespült, hinzu kamen Kleinfunde aus Keramik. Durch den Abgleich der Fundorte mit alten Karten konnten die Objekte der verschwundenen Rungholt-Siedlung zugeordnet werden. Diese hatte basierend auf der Anzahl und Verteilung von Brunnenresten an der Fundstelle zum Zeitpunkt ihres Untergangs eine Einwohnerzahl von 1.500 bis 2.000 Menschen – für die damalige Zeit und im Hinblick auf die Lage der Ortschaft eine überraschend hohe Zahl, die der Bevölkerung des damaligen Kiels entsprach.

    Rungholt war nicht die einzige Siedlung, die der Sturmflut Mitte des 14. Jahrhunderts zum Opfer fiel: Neben viel Ackerland und Höfen zerstörte diese weitere 41 Kirchspiele. Was von der mittelalterlichen Kulturlandschaft danach noch übrig war, vernichtete die Grote Mandränke von 1634, sodass Pellworm und Nordstrand, die früher über Land verbunden waren, heute isolierte Inseln in der Nordsee sind. Wie die Menschen in diesen Gebieten einst lebten, untersuchen Forschende der Universitäten Kiel und Mainz mithilfe geophysikalischer und archäologischer Untersuchungen sowie seismischer Messungen im Rahmen des Rungholt-Projekts.

    Die Toten lagen in mehreren Lagen in dem Massengrab, das bei Wittstock entdeckt wurde. Die unteren Leichname lagen sich so gegenüber, dass sich ihre Füße berührten, oberhalb ihrer Beine war Platz für weitere sechs Reihen aus jeweils drei bis vier Individuen.

    Foto von A. Grothe / BLDAM

    Frühe Neuzeit: Das Schlachtfeld bei Wittstock

    In der Schlacht bei Wittstock, einer der größten Feldschlachten des Dreißigjährigen Kriegs, trafen am 4. Oktober 1636 rund 16.000 Kämpfer der Schweden auf das etwa 22.000 Mann starke kaiserlich-kursächsische Heer. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit gelang es den Schweden nach grausamer, verlustreicher Schlacht, die Kaiserlichen zum Rückzug zu drängen. Schätzungen zufolge verloren um die 8.000 Menschen während und nach der Schlacht am Scharfenberg ihr Leben. Am Tag nach den Kämpfen befahl der schwedische Feldmarschall Banér seinen Truppen, die Toten an Ort und Stelle zu beerdigen.

    Im Zuge von Bauarbeiten wurde im April 2007 eines dieser nach der Schlacht angelegten Massengräber entdeckt. In ihm lagen die Überreste von etwa 125 Soldaten, die alle männlich waren und zum Zeitpunkt ihres Todes zwischen 17 und 45 Jahre alt waren. 88 Skelette konnten in Originallage geborgen werden, bei 26 Skeletten wurden Kleinfunde ­wie Haken und Ösen aus Eisen sowie Knöpfe festgestellt.

    Das Massengrab von Wittstock bietet die europaweit einzigartige Möglichkeit, durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Lebensrealität von Söldnern während des Dreißigjährigen Krieges zu erforschen. Dabei bildete die Untersuchung der Skelette die ganze Brutalität des Kriegs ab: An den Knochen zeigten sich Spuren von Infektionen – Atemwegserkrankungen und Syphilis –, Gelenkschäden und Knochenbrüche. Außerdem Verletzungen durch Schuss- und Blankwaffen: Hieb- und Schlagverletzungen an den Schädeln, Einschusslöcher, Berstungsfrakturen und Bleikugeln, die noch in den Knochen steckten.

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