Elizabeth II.: Die Queen, die Technik liebte
Vom Fernsehen über Zoom bis hin zur Weltraumforschung: Die britische Monarchin war eine begeisterte Befürworterin des technischen Fortschritts in ihrer 70-jährigen Amtszeit.
Queen Elizabeth II. verkündet am 25. Dezember 1957 zum ersten Mal die Königliche Weihnachtsansprache im Fernsehen – 25 Jahre nachdem ihr Großvater König George V. die Tradition mit einer Radioübertragung begann.
Im Jahr 1990 verliebt sich die Welt in die E-Mail. Ein bisschen spät, könnte man meinen. Schrieb Queen Elizabeth II. die digitalen Botschaften doch schon Jahrzehnte früher. Nur wenige Jahre, nachdem die E-Mail als Möglichkeit, universitätsintern Nachrichten zu verschicken, entwickelt wurde, verfasste die Queen bereits 1976 ihre erste. Der Anlass war eine Feierlichkeit zugunsten des frühen Aufkommens des Internets in England.
Die Begeisterung für technologische Entwicklungen zieht sich durch Queen Elizabeths ganzes Leben. Innerhalb ihrer 96-jährigen Lebenszeit, von der sie 70 Jahre auf dem Thron verbrachte, konnte die Queen als beliebtes Oberhaupt einen enormen Wandel in ihrem Königreich begleiten: technologisch, sozial und wissenschaftlich. Ihr Leben lang stellte sie sich dabei als überzeugte Unterstützerin von Wissenschaft und Technologie heraus.
Die junge Elizabeth: Frühes Interesse an Technik
Eigentlich sollte sie gar nicht Königin werden: Prinzessin Elizabeth Alexandra Mary wurde 1926 geboren und war die Nichte des damals herrschenden Königs Edward VII. Als dieser jedoch 1936 abdankte und ihr Vater, George VI., König wurde, änderte sich schlagartig alles. Plötzlich wurde die damals 10-jährige Elizabeth zur angehenden Thronfolgerin.
Während des Zweiten Weltkriegs diente die zukünftige Queen als zweiter Subalternoffizier – das Äquivalent zum zweiten Leutnant – im Women’s Auxiliary Territorial Service, der Frauenabteilung der Britischen Armee. Dort wurde sie zur Automechanikerin ausgebildet.
Elizabeths royale Verpflichtungen haben ihr aufkeimendes Interesse an der Technologie nie überschattet. Während des Zweiten Weltkriegs bat die Prinzessin ihren Vater darum, ihrem Land dienen zu dürfen. Mit seiner Zustimmung konnte sie sich als Freiwillige im Women’s Auxiliary Territorial Service, der Frauenabteilung der Britischen Armee, melden. Dort wurde sie als Fahrerin und Automechanikerin ausgebildet. Ein bahnbrechender Schritt: Sie war nicht nur das erste royale Familienmitglied, das jemals dem Militär diente, sondern signalisierte mit ihrer Arbeit auch einen Wandel von sozialen Bildern und Geschlechterrollen. Ein Thema, das sie noch ihr Leben lang begleiten würde.
Als ihr Vater 1952 starb, wurde Elizabeth schließlich früher als erwartet zur Königin. Ihr Name verbindet sie mit Elizabeth I., deren Herrschaft während der Ära der Renaissance heute als Goldenes Zeitalter der Technologie und Wissenschaft angesehen wird.
Die Herrschaft von Queen Elizabeth II. war geprägt von der Moderne – von Anfang an. Zu der Zeit, als Elizabeth zur Queen wurde, kam das Fernsehen gerade neu auf. Während der Planungen zu ihrer Krönung brach sie mit der Tradition und erlaubte der BBC eine Live-Übertragung des Events im Fernsehen. Es war die erste Krönung, die jemals im TV übertragen wurde – mit großem Erfolg: Mehr als 20 Millionen Menschen schauten die Übertragung weltweit, was dafür sorgte, dass sich das Fernsehen in der breiten Masse etablierte.
Queen Elizabeth II. trägt die Edwardskrone bei ihrer Krönungszeremonie in der Westminster Abbey am 2. Juni 1953. Hier zu sehen ist die Sicht der Fernsehzuschauer, unmittelbar nachdem der damalige Erzbischof von Canterbury, Dr. Geoffrey Fisher, die Krone auf dem Kopf der Queen platziert hatte.
Überall auf der Welt wurden Zuschauer von Queen Elizabeths II. Krönung in den Bann gezogen. Es war die erste Krönung, die jemals im Fernsehen übertragen wurde. In Vancouver, Kanada, sahen sich mehr als 1.200 Menschen in diesem Gemeinschaftshaus die Festivitäten an.
In einer Straße in New York City halten Passanten vor einem Laden an, um die Krönung der Königin auf dem Fernseher im Schaufenster zu verfolgen.
Regieren im Atomzeitalter
Auch weitere neue Technologien beeinflussten Elizabeths Regentschaft. Als sie an die Macht kam, hatte das Atomzeitalter gerade seinen Aufschwung und beeinflusste die Geopolitik und die Wissenschaft. Die Angst vor Nuklearwaffen beförderte die Bevölkerung in einen immer kühler werdenden Kalten Krieg. Auch das Vereinigte Königreich testete seine eigenen atomaren Waffen während der 1950-er Jahre. Für das Unterbringen von U.S.-Nuklearwaffen bekam Großbritannien den Ruf als „Amerikas ,unsinkbarer Flugzeugträger‘“.
Elizabeth half dabei, der Bevölkerung die nuklearen Errungenschaften näherzubringen. 1956 eröffnete sie das weltweit erste Atomkraftwerk Calder Hall. Aber die Technologie brachte auch ihre Risiken mit sich: Im folgenden Jahr fing ein Reaktor im nahen Kernkraftwerk Windscale Feuer – Großbritanniens schlimmste Nuklearkatastrophe.
Besorgt über die Möglichkeit eines nuklearen Angriffs, entwickelte die britische Regierung einen Plan für die Queen, um der Katastrophe im Fall der Fälle in einem schwimmenden Bunker, der in einem der schottischen Lochs platziert wurde, entfliehen zu können. Dieser Evakuierungsplan wurde kürzlich erst überarbeitet – aufgrund der Angst vor Aufständen, die durch einen No-Deal-Brexit hervorgerufen hätten werden können. Nach Jahren des Kalten Kriegs wird Elizabeth außerdem eine „einflussreiche“ Rolle bei seiner Beendigung zugeschrieben: Sie hieß den damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow 1991 im Windsor Castle willkommen.
Langjährige Unterstützerin der Wissenschaft
Die Monarchin traf außerdem auf Größen der Wissenschaft und Technologie: die sowjetischen Kosmonauten Yuri Gagarin und Valentina Tereshkova sowie 1969 die Apollo 11-Astronauten, denen sie eine eigens aufgenommene Nachricht zum Platzieren auf dem Mond mitgab. Sie kannte Hunderte einflussreicher Wissenschaftler und zeichnete unter anderem Primatologin Jane Goodall und DNA-Pionier James D. Watson für ihre besonderen Leistungen als Dame und Knight Commander des British Empire aus.
Queen Elizabeth II. empfängt die Apollo 11-Astronauten Michael Collins, Neil Armstrong und Buzz Aldrin im Oktober 1969 im Buckingham Palace im Rahmen ihrer weltweiten Tour – nur Monate nach ihrer historischen Mondlandung.
Während Elizabeths II. Amtszeit nahm das British Empire ein Ende: Die vielen Kolonien Großbritanniens erlangten Unabhängigkeit und formierten sich zu einer losen Koalition, die als Commonwealth bekannt ist. Obwohl die Queen stark in der Kritik stand, vom Kolonialismus zu profitieren und zu wenig dafür zu tun, dessen brutales Vermächtnis anzuerkennen oder Entschädigungen zu veranlassen, wurde ihre royale Schirmherrschaft auf gemeinnützige Organisationen im gesamten britischen Commonwealth ausgeweitet – viele von ihnen mit Fokus auf medizinischer und wissenschaftlicher Forschung.
Immer vorn mit dabei war Elizabeth II. auch bei allen technologischen Neuerungen: Sie sorgte dafür, dass royale Ansprachen live übertragen wurden, erlaubte den royalen Gebrauch des Internets und war eine der ersten Personen, die den Eurotunnel passierte – die Unterwasser-Zugstrecke, die Großbritannien mit dem Rest von Europa verbindet. Elizabeth ließ außerdem eine ihrer traditionellen Weihnachtsansprachen in 3D senden und benutzte sogar Instagram, um ein Foto eines Briefes zu teilen, den Computer-Pionier Charles Babbage 1843 ihrem Ur-Ur-Großvater sendete.
Auch die Queen etablierte während der Corona-Pandemie virtuelle Meetings. Auf diesem Bild sieht man sie per Videolink auf dem Bildschirm erscheinen, um Gaitri Issar Kumar, die indische Diplomatin der U.K., bei einem Besuch des Buckingham Palace im März 2022 zu begrüßen.
In den letzten Jahren nahm sich die Queen zusätzlich der Verbreitung einer umweltfreundlichen Botschaft an, indem sie eine Initiative absegnete, die sich für die Walderhaltung im gesamten Commonwealth stark macht. Sie ging sogar den Plastikverbrauch auf den königlichen Anwesen an, nachdem sie mit David Attenborough – dem britischen Naturforscher – an einer Dokumentation über ihre Wälder arbeitete.
Mit dem Tod der am längsten regierenden Königin des Vereinigten Königreichs geht ein zweites Elisabethanisches Zeitalter zu Ende. In ihrer Amtszeit baute die Queen Brücken zwischen Altem und Neuem und brachte der Monarchie eine neue Zukunft, was zu Beginn ihrer Herrschaft noch für unmöglich gehalten wurde. Die britische Monarchie mag 1.500 Jahre alt sein, aber das letzte Elisabethanische Zeitalter wird als eines mit enormen technologischen und wissenschaftlichen Errungenschaften in die Geschichte eingehen.
Dieser Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.