Kontaminierte Orte: Wie die Maya ihre Städte vergifteten

Forschungen zufolge waren ganze Städte der Maya mit Quecksilber verseucht. Eine Studie zeigt nun, woher das Gift kam und welche weitreichenden Folgen es gehabt haben könnte.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 29. Sept. 2022, 08:49 MESZ
Der Maya Tempel in Tikal.

Maya Tempel wie dieser in Tikal wurden einst mit Zinnober verziert. Das leuchtend rote Pulver kontaminierte allerdings wohl ganze Städte. 

Foto von diegograndi / Adobe Stock

Ein leuchtendes Rot – das war wohl einst die Lieblingsfarbe der Maya. In ihrer Klassischen Zeit zwischen 250 und 1.100 n. Chr. wurde fast alles mit der blutähnlichen Farbe verziert: Paläste und Wohnhäuser, Keramiken und Werkzeuge. Sogar bei Ritualen wie Begräbnissen kam das Pigment zum Einsatz, das für die rote Färbung sorgte: Zinnober. 

Archäologische Funde aus Maya-Stätten belegten in den letzten Jahrzehnten immer wieder den antiken Einsatz des Minerals. Problematisch ist dabei die Häufigkeit, mit welcher der Stoff verwendet wurde, denn Zinnober ist ein Quecksilbersulfid – und damit giftig. Laut einer neuen Studie eines Forschungsteams unter der Leitung von Duncan Cook von der Australian Catholic University in Brisbane, die in der Zeitschrift Frontiers in Environmental Science erschien, haben die Maya so ihre eigenen Städte mit Quecksilber kontaminiert. Mussten sie diese also womöglich aus gesundheitlichen Gründen verlassen? 

Toxische Belastung

In vielen Maya-Städten ist die Quecksilberbelastung sehr hoch. An einigen Orten wurden sogar die Schwellenwerte für toxikologische Unbedenklichkeit deutlich überschritten. Die bedenklich hohen Werte führen die Forschenden aus Brisbane auf die Verwendung von quecksilberhaltigen Farben wie Zinnoberrot zurück. „Zinnober in Pulverform – und auch vereinzelt Zinnobererz – ist allgegenwärtig in der Maya-Welt”, so die Studie.

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Cook und sein Team sammelten alle verfügbaren Daten zur Quecksilberbelastung von antiken Maya-Städten in Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador und Honduras und fanden bei ihrer Auswertung Erschreckendes heraus: „Sieben von zehn Stätten besitzen jeweils mindestens einen Ort, an dem die Quecksilberkonzentration gleich oder höher des heutigen Schwellenwerts für toxikologische Unbedenklichkeit ist.” 

Vor allem die berühmte Stätte Tikal im Norden Guatemalas, eines der dominierenden Zentren der Maya-Welt während der späten Klassischen Zeit, war betroffen. 25 Proben lagen dort über dem Schwellenwert von einem Mikrogramm Quecksilber pro Gramm Sediment (1 ppm). Der Höchstwert lag in dieser Stätte bei erstaunlichen 17,16 ppm. Es sind Werte, die gesundheitsgefährdend sind – vor allem für Archäologen, die in dieser stark belasteten Umgebung arbeiten. 

Maya-Städte: Aus gesundheitlichen Gründen verlassen?

Schon kleine Mengen Quecksilber können über einen längeren Zeitraum zu Schädigungen des Nervensystems, der Niere oder Leber führen. Die Maya waren diesen gesundheitsschädlichen Einflüssen permanent ausgesetzt. Gegen Ende der zwei Jahrtausende, in denen sie in Mittelamerika herrschten, verließen sie schließlich viele ihrer Städte. Wurde das Leben an diesen Orten aufgrund der Quecksilberbelastung immer gesundheitsgefährdender?

BELIEBT

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    Ob die Maya deshalb ihre Städte verließen, lässt sich bisher nicht ausreichend archäologisch belegen. Die australischen Forschenden raten aber, neben bisherigen Erklärungen für das Verlassen der Städte – darunter potenzielle Klimaveränderungen oder Konflikte – ebenfalls die Quecksilberbelastung der Maya-Städte in Betracht zu ziehen. Zusätzlich empfehlen sie Archäologen, sich bei der Arbeit an diesen Orten entsprechend zu schützen. 

    Da die Daten des Forschungsteams hauptsächlich vom Ende der Klassischen Zeit stammen, wollen sie in Zukunft noch weitere Untersuchungen anschieben. Insbesondere aus der frühklassischen und vorklassischen Zeit existieren kaum Daten, erklären Cook und sein Team. Um ein vollständiges Bild der Quecksilberbelastung der Städte sowie ihrer genauen Ursachen und Anfänge zu bekommen, müssten auch diese Perioden näher untersucht werden. 

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