Das Geheimnis des ältesten Runensteins der Welt

In Norwegen haben Forschende einen Stein gefunden, auf dem einige der wohl ältesten Runen der Welt eingemeißelt sind. Was bedeutet die 2.000 Jahre alte Inschrift der Germanen?

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 26. Jan. 2023, 09:55 MEZ
Inschrift auf dem Runenstein aus Svingerud.

Dieser Runenstein könnte bis zu 2.000 Jahre alt sein – genau wie die Nachricht, die auf ihm verewigt ist.

Foto von Alexis Pantos/KHM, UiO.

Die Runenschrift birgt bis heute unzählige Rätsel. Neben wandelnden Bedeutungen einzelner Schriftzeichen und regionalen Unterschieden ist bislang nicht eindeutig geklärt, wann und wo genau die allerersten Runen verwendet wurden. Umso sensationeller ist der Fund, den Archäologen der Universität Oslo und des dortigen Museums für Kulturgeschichte nun auf einem Gräberfeld bei Tyrifjord in Ringerike, Norwegen, gemacht haben: In einem der Gräber offenbarte sich ihnen der bisher wohl älteste bekannte Runenstein.

Durch die Datierung von Knochenresten und verbrannter Holzkohle aus dem Grab konnten der Stein und die darauf eingemeißelten Runen auf die Zeit zwischen 1 und 250 n. Chr. datiert werden. Die Inschrift ist somit 1.800 bis 2.000 Jahre alt – und eines der ersten bekannten Beispiele der alten Schriftform.

Der Svingerud Runenstein 

Benannt wurde der Stein nach seinem Fundort Svingerud. Der Sandstein-Block ist etwa 31 mal 32 Zentimeter groß und besitzt gleich mehrere Inschriften. „Einige Linien bilden ein Gittermuster, und es gibt kleine Zickzackfiguren und andere interessante Merkmale“, sagt Kristel Zilmer, Runologin an der Universität Oslo. Zusätzlich könne man bereits bekannte Runen identifizieren. Jene gelte es nun in Zusammenhang mit den unbekannten Zeichen zu entschlüsseln. Laut Zilmer ist das gerade bei solch frühen Inschriften nicht leicht, da sie gleich mehrere Interpretationsmöglichkeiten bieten.

Neben Buchstaben oder Silben können einzelne Runen als sogenannte Begriffsrunen nämlich auch einzelne Worte bezeichnen. Außerdem hat sich die Bedeutung einiger Zeichen seit ihrer frühen Benutzung durch germanische Völker über die Zeit gewandelt. In der Zeit der Wikinger, aus der bislang die meisten Runensteine gefunden wurden, war die Runenschrift also teilweise bereits anders als zu Anfang des 1. Jahrtausends, aus dem auch der Svingerud Runenstein stammt.

Die Nachschrift einer der Inschriften aus dem Stein. Neben den erkennbaren Runen wurden auch mehrere ungenaue Linien und Formen in den Stein geritzt.

Foto von Alexis Pantos/KHM, UiO.

Nachricht an eine Frau?

Die älteste Form des Runenalphabets beginnt mit einer Folge von sechs Zeichen: ᚠ ᚢ ᚦ ᚨ ᚱ ᚲ, also f u th a r k. Bekannt ist diese Version der Runenschrift deshalb auch als Futhark-Schrift. Gleich drei dieser Zeichen finden sich in der Inschrift: f, u und th. Außerdem glauben die Forschenden, einen Namen auf dem Stein lesen zu können: Idibera. „Der Text könnte sich auf diese Frau beziehen und die Inschrift könnte Für Idibera bedeuten“, so Zilmer. Aber auch der Familienname Idiberung sei eine mögliche Interpretation.

Zilmer und ihre Kolleginnen und Kollegen ziehen auch in Betracht, dass nicht alle der Zeichen eine tatsächliche Bedeutung haben müssen – oder, dass es sich gar um eine besonders frühe Form der Futhark-Runenschrift handeln könnte. „Es ist möglich, dass jemand die Schrift nachgeahmt, erforscht oder mit ihr gespielt hat. Vielleicht hat jemand gelernt, wie man Runen schnitzt“, so Zilmer. Umso spannender sei es nun, den 2.000 Jahre alten Zeichen noch weiter auf den Grund zu gehen.

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