Südirak: 4.700 Jahre alte Taverne mit Kühlschrank entdeckt

Bei Ausgrabungen im ehemaligen sumerischen Zentrum Lagasch haben Archäologen eine alte Taverne zutage gefördert. Neben Steinbänken und Vorratskammern fanden sie in der antiken Begegnungsstätte einen der ältesten Kühlschränke der Welt.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 3. Feb. 2023, 15:40 MEZ
Luftaufnahme der Grabungsstätte von Lagasch im Irak.

Die Grabungsstätte von Lagasch. Das Grabungsteam vermutet, dass die antike Stadt ein bedeutendes Bevölkerungszentrum war, das leichten Zugang zu fruchtbarem Land und Menschen hatte, die sich der intensiven handwerklichen Produktion widmeten. 

Foto von Lagash Archaeological Project

Speis und Trank in Gesellschaft zu sich zu nehmen, ist keine moderne Erfindung. Bars und Wirtshäuser tauchen in vielen Kulturen auf und haben eine lange Geschichte. Nun haben Archäologen bei Ausgrabungen im Südirak ein weiteres Puzzleteil in der Geschichte solcher Begegnungsstätten aufgedeckt. In Lagasch, einem der wichtigsten ehemaligen Zentren Mesopotamiens, förderten sie eine Taverne zutage, die die Menschen bereits im 3. Jahrtausend vor Christus aufsuchten. 

„Es handelt sich um einen öffentlichen Speiseraum, der etwa auf das Jahr 2700 v. Chr. datiert wird“, sagt Grabungsleiterin Holly Pittman, Professorin für Kunstgeschichte an der Penn University. „Er ist aufgeteilt in einen Sitzbereich unter freiem Himmel und einen Küchenbereich.“ Der Fund soll nun helfen, das Leben der Bürger Lagaschs vor 5.000 Jahren aufzuschlüsseln.

Taverne mit integriertem Kühlschrank

Die Ausgrabung, bei der die Taverne zum Vorschein kam, ist bereits die vierte in einer ganz besonderen Ausgrabungsreihe. Im Rahmen dieser wird Lagasch bereits seit 2019 mit besonderen Hightech-Instrumenten untersucht. Die Archäologen nutzen dabei unter anderem Wärmebildtechnik und Magnetometrie, die die magnetische Intensität von vergrabenen Objekten erfasst, um den Bereich kurz unterhalb des Sandbodens minimal-invasiv zu analysieren. Anschließend graben sie genau dort, wo es erfolgversprechend erscheint. In der aktuellen Ausgrabung beschäftigen sich die Forschenden vor allem mit einem Stadtviertel, in dem gewöhnliche Bürger lebten und arbeiteten.

Rechts im Bild: Der noch eingegrabene Kühltopf oder Zeer. Er besteht aus zwei Töpfen, deren Zwischenraum mit Sand befüllt und bewässert, bevor die gesamte Konstruktion mit einem Tuch bedeckt wird. Nach einiger Zeit beginnt das Wasser aus dem Zwischenraum durch die poröse Wand des äußeren Topfes zu wandern. An der Außenwand der Konstruktion verdunstet es schließlich – so wird dem inneren Topf Energie entzogen und die Temperatur sinkt.

Foto von Lagash Archaeological Project

Dabei kam auch die Taverne zutage – laut dem Forschungsteam ein besonders überraschender Fund, der zusätzlich extrem gut ausgestattet ist. Im Außenbereich des ehemaligen Wirtshauses fand das Team lange Steinbänke, auf denen sich vor etwa 5.000 Jahren zahlreiche Gäste niedergelassen haben mussten. In der Küche befand sich neben einem Ofen und Vorratsbehältern, in denen noch Speisereste zu finden waren, auch eine Art Kühlschrank – ein sogenannter Tonkrugkühler oder Zeer.

Bedeutende sumerische Stätte in Mesopotamien

Lagasch ist eine von mehreren sumerischen Stätten, die sich vor etwa 6.000 Jahren in Süd-Mesopotamien entwickelten und im Laufe der Geschichte immer mehr an Bedeutung gewannen. Zunächst umfasste Lagasch als Stadtstaat auch die Städte Girsu und Niĝin. Bis zum 3. Jahrtausend v. Chr. entwickelte sich die Stadt allerdings unabhängig zu einem der bedeutendsten Zentren Süd-Mesopotamiens und einem wichtigen Ort der sumerischen Hochkultur. „Mit mehr als 450 Hektar war Lagasch damals eine der größten Stätten im Südirak“, sagt Pittman. 

Lagasch sei jedoch nicht nur von großer politischer, wirtschaftlicher und religiöser Bedeutung gewesen. „Wir gehen auch davon aus, dass Lagasch ein bedeutendes Bevölkerungszentrum war, das leichten Zugang zu fruchtbarem Land und Menschen hatte, die sich der intensiven handwerklichen Produktion widmeten“, so die Grabungsleiterin. 

BELIEBT

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    Auch deshalb stehen genau diese Menschen aktuell im Mittelpunkt der Grabungen. „Während der Ausgrabungen entwickelt man eine Geschichte, die hoffentlich immer näher an die Realität der Vergangenheit herankommt“, sagt Zaid Alrawi, Archäologe und Projektmanager der Ausgrabungen. Diese Geschichte soll nun durch weitere Funde innerhalb des Stadtviertels vervollständigt werden.

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