Grabfund aus Deutschland gibt Einblick in die Schmucktrends des 7. Jahrhunderts

Ein Team aus Archäologen und Restauratoren hat in Bonn-Beuel ein Frauengrab aus der Merowingerzeit ausgegraben. Die prachtvollen Grabbeigaben geben Einblicke in die Schmuck- und Kleidungsvorlieben aus der Merowingerzeit.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 27. Juni 2023, 17:01 MESZ
Freigelegtes Frauengrab

Das Grab der Frau barg neben ihren Überresten mehrere prunkvolle Schmuckstücke.

Foto von Dáire Leahy, Fa. Goldschmidt Archäologie & Denkmalpflege, Düren

Gold, Rotgold, Silber oder doch lieber Roségold? Ohrringe und Kette oder Ringe und Armreifen? Die Entscheidung, welchen Schmuck wir tragen, treffen wir oft nicht nur aufgrund persönlicher Vorlieben, sondern auch aus Mode- oder Traditionsgründen.

Doch wie sah das im 7. Jahrhundert aus? Welcher Schmuck war damals en vogue und kann man solche Trends heutzutage überhaupt noch ausmachen? Antworten auf diese Fragen liefern Archäolog*innen des LVR-Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinland, des LVR-LandesMuseums Bonn und der archäologischen Fachfirma Goldschmidt Archäologie & Denkmalpflege. 

Im Juni 2023 hat das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege gemeinsam mit dem LandesMuseum nun erstmals das etwa 1.350 Jahre alte Grab einer erwachsenen Frau aus der Merowingerzeit als Fund des Monats vorgestellt – mitsamt dem prachtvollen Schmuck, der ihr einst auf dem Weg ins Jenseits mitgegeben wurde.

Wohlhabende Frau aus der Merowingerzeit

Entdeckt wurde das Grab der Frau in einem Gräberfeld in Bonn-Beuel, in dem unter der Leitung des Archäologen Dáire Leahy fast 100 Gräber freigelegt wurden. Es gehörte zu einer merowingerzeitlichen Siedlung und wurde zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert n. Chr. genutzt. 

In dem Frauengrab wurden zahlreiche Grabbeigaben entdeckt. Laut Michaela Aufleger, Archäologin und Abteilungsleiterin Fachdienste/Öffentlichkeitsarbeit am LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, kann man anhand solcher Beigaben viel über das Leben und Sterben einer Person erfahren. „Das sind Dinge und Symbole, die der Bestattungsgemeinschaft wichtig waren, und mit denen die gesellschaftliche Position der Bestatteten etwa bei der Aufbahrung und Grablegungszeremonie demonstriert wurde“, sagt auch Elke Nieveler, Archäologin und Wissenschaftliche Referentin für das Frühe Mittelalter am LVR-LandesMuseum Bonn. 

So konnten die Forschenden anhand der Grabbeigaben schlussfolgern, dass die Tote zu den reicheren Frauen innerhalb der Siedlung gehört haben musste. In ihrem Grab wurden neben einer mehrreihigen Perlenkette mit Metallanhängern, einem Finger- und Armring und zwei Gewandschließen – sogenannten Fibeln – auch metallverzierte Wadenbinden und ein kunstvolles Gehänge mit einer Amulettkapsel gefunden. „Eine solch aufwändige, mehrteilige Schmuckausstattung war nicht für jede Frau verfügbar“, sagt Grabungsleiter Leahy. 

Mode aus dem 7. Jahrhundert n. Chr.

Die gefundenen Schmuckstücke spiegeln wider, was in der Merowingerzeit in Mode war: „Obwohl alle Schmuckstücke nördlich der Alpen hergestellt wurden, orientierten sich die Frauen der reichen Familien bis hin zur Königsfamilie an den Trendsettern im Mittelmeerraum, insbesondere an der Mode am byzantinischen Kaiserhof.“ So imitierten die halbmondförmigen Ohrhänger der Frau byzantinische Ohrringtypen und auch ihre mehrreihige Perlenkette ahmt perlenbesetzte Kragen nach byzantinischem Vorbild nach.

BELIEBT

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    Links: Oben:

    Zwei halbmondförmige Ohrringe aus Metall.

    Rechts: Unten:

    Ein Armring, den die Frau wohl bei ihrer Bestattung trug. 

    bilder von Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn

    Sogar das Outfit, das die Frau bei ihrer Beerdigung trug, konnten die Forschenden teilweise noch identifizieren. Bei der Freilegung des Grabes fanden sie Reste von Lederriemen an Gehänge und Wadenbinden und bei der Restaurierung kleine Stoffreste, darunter ein gewebter Stoff an einer der Fibeln. Das lässt Schüsse auf das Outfit zu, das die Frau bei ihrer Beerdigung trug: einen Mantel, den die Scheibenfibel verschloss, und darunter ein tunikaartiges Untergewand. 

    Wie diese Kleidungsstücke konkret ausgesehen haben, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Beim Schmuck sieht das anders aus: Trotz der typischen starken Korrosion von Bronze und Eisen im Boden konnten die Restaurator*innen LVR-LandesMuseums Bonn ihn durch aufwändige Restaurierungsarbeiten in altem Glanz erstrahlen lassen.

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