Party-Hotspot der Antike? Römer lebten in England im Luxus
Vor knapp 2.000 Jahren kamen die Römer nach Großbritannien. Antike Funde zwischen Coventry und Cambridge zeugen von einem Leben in Saus und Braus.
Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana, einer kartografischen Darstellung, die das Straßennetz im Spätrömischen Reich zeigt. Auf den Britischen Inseln ließen es sich die Römer damals vermutlich gut gehen.
Ausschweifende Feste und importierte Luxusgüter: Während ihrer Anwesenheit in Britannien zwischen 43 und 410 n. Chr. ließen die Römer es sich gut gehen. Das legen Ausgrabungen des Museum of London Archaeology (MOLA) nahe, die begleitend zum Ausbau der Autobahnstrecke A428 zwischen Coventry und Cambridge in England durchgeführt wurden.
Auf einer knapp 90 Fußballfelder großen Fläche zwischen Bedfordshire und Cambridgeshire finden seit dem Jahr 2021 archäologische Grabungen statt, die immer wieder Artefakte und Siedlungsstrukturen aus dem Neolithikum, der Eisenzeit oder der Römerperiode zutage fördern. Eine der letzten offenbarte nun Details aus dem luxuriösen Leben der Römer in England, die von großen Festen über Ess- und Trinkgewohnheiten bis hin zu weitreichenden Handelsbeziehungen erzählen.
Berauschende Nächte: Hatten die Römer selbstgebrautes Bier und Wein?
Bereits im Jahr 2022 konnten die Archäolog*innen des MOLA anhand von Dinkel- und Weizenkörnerfunden zeigen, dass die Römer vor knapp 2.000 Jahren in England Getreide anbauten. Dieses nutzten sie nicht nur zum Brotbacken, wie gekeimter Dinkel vermuten lässt, den die Forschenden neben einem sogenannten Getreidetrockner fanden. Er ist ein Hinweis darauf, dass die Römer Malz herstellten – möglicherweise, um ihr eigenes Bier zu brauen.
Die Strukturen des Getreidetrockners, der in der archäologischen Stätte gefunden wurde. Rechts wurde Feuer gemacht, die beiden gelben Linien links sind die Überreste der Wände des Schornsteins, über denen sich der Trockenboden befand.
Das lokale Bier war wahrscheinlich nicht das einzige alkoholische Getränk, das die damalige Bevölkerung in England genoss. Kürzlich entdeckte das Forschungsteam Traubenpollen in Bohrkernen aus dem wassergesättigten Boden und schloss daraus, dass die Einheimischen während der Römerzeit auch Wein angebaut haben.
Festmähler mit Importen aus Spanien und Frankreich
Doch damit nicht genug: Überreste von Tieren wie Schafen und Schweinen, die an der Stelle gefunden wurden, lassen zudem einen Einblick in die Ernährungsweise der Menschen der Römerperiode zu. Die Art und Weise, wie die Reste entsorgt wurden – getrennt voneinander und in verschiedenen Siedlungen –, ist für die Forschenden ein mögliches Indiz für antike Festmähler.
Bei diesen kamen vermutlich luxuriöse Köstlichkeiten auf den Tisch, die wiederum die weitreichenden Handelsbeziehungen der Römer in jener Zeit belegen. Bei Ausgrabungen im Jahr 2022 förderte das Team unter anderem Amphoren zutage – antike Vorratsgefäße, die mit verschiedenen Flüssigkeiten befüllt wurden. Die Forschenden fanden heraus, dass die Artefakte aus einer Region in Südspanien stammen. Bei ihrem einstigen Inhalt handelte es sich wohl um wertvolles Olivenöl, das in der Römerzeit nach England importiert wurde.
Auch andere Funde zeugen von den regen Handelsbeziehungen der Römer: So fanden die Archäolog*innen außerdem Fragmente samischer Ware – einer Art feinen römischen Keramik mit glatter Oberfläche und in leuchtendem Orange –, die vermutlich in Gallien, dem heutigen Nordfrankreich, hergestellt wurden. „Diese unglaublichen Funde zeigen, dass Bedfordshire und Cambridgeshire unfassbar gut mit anderen Regionen in Großbritannien und Europa verbunden waren“, sagt Lorraine Bennetts, Projektmanagerin von National Highways, die eng mit dem MOLA zusammenarbeiten.
Zusammengenommen zeichnen die einzelnen Funde ein umfassendes Bild des Lebens in England vor knapp 2.000 Jahren. Die Forschenden wollen die Spuren der Römer in Großbritannien weiter verfolgen und hoffen, so noch mehr über ihren opulenten Lebensstil ans Licht zu bringen.