Der Heilige Geist und die erste Massentaufe: Die Bedeutung von Pfingsten

Nach Weihnachten und Ostern ist Pfingsten das dritte große Fest der Christen – doch was genau gefeiert wird, wissen viele nicht. Von Feuerzungen, plötzlichem Spracherwerb und dem mutmaßlichen Geburtstag der Kirche.

Von Katarina Fischer
Veröffentlicht am 16. Mai 2024, 09:46 MESZ
Mehrere Menschen umringen eine Frau während von oben ein gelber Strahl auf die Menge scheint.

Darstellung der Ausgießung des Heiligen Geistes des flämischen Malers Otto van Veen. 

Foto von Otto van Veen, 1556-1629 / Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Staatsgalerie Neuburg / Wikimedia Commons

Zu Weihnachten wird die Geburt Jesu Christi gefeiert, am Karfreitag betrauert man seinen Tod, am Ostersonntag freut man sich über seine Auferstehung. Die Anlässe der großen christlichen Feiertage sind den meisten Menschen bekannt – selbst dann, wenn sie nicht gläubig sind und einfach nur die freien Tage genießen.

Fragt man aber, welchen Hintergrund Pfingsten hat, sind viele Menschen ratlos. Dabei wird an Pfingstsonntag und -montag das dritte große Hauptfest der christlichen Kirche begangen, was den Menschen in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern jedes Jahr einen arbeitsfreien Montag beschert. Im Jahr 2023 beklagte Georg Bätzing, Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz und Bischof von Limburg, die inhaltliche Entleerung dieser Feiertage, bei denen es für viele Menschen nur noch darum ginge, „ein Frühlingsfest zu feiern“.

Die Pfingsterzählung in der Bibel

Dass sich die Bedeutung von Pfingsten den meisten entzieht, lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass die Geschichte dahinter weitaus weniger greifbar ist als die von Weihnachten und Ostern. Erzählt wird sie im 2. Kapitel der Apostelgeschichte im Neuen Testament.

Wissen kompakt: Christentum
Als größte Weltreligion hat das Christentum etwa zwei Milliarden Gläubige, die den Lehren Jesus Christus folgen. Erfahrt mehr über die Ursprünge des Christentums als jüdische Sekte und jene Personen, die zur Verbreitung des Glaubens beitrugen.

Nach Jesus’ Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt versammeln sich seine Jünger während des jüdischen Erntedankfests Schawout in einem Haus, das plötzlich von einem Brausen, wie von einem Sturm, erfüllt wird. „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“, heißt es in der Apostelgeschichte.

Die Menschen in Jerusalem bemerken das Getöse und strömen neugierig zum Haus. Sie stammen aus unterschiedlichen Nationen und sprechen unterschiedliche Sprachen – und sind erstaunt, weil sie die Jünger plötzlich verstehen können, die vom Heiligen Geist erfüllt ihre Sprachen beherrschen und „Gottes große Taten verkünden“. „Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?“, fragen sie. „Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören?“

Während die Jünger predigen, sind einige Menschen ratlos, andere denken, sie seien „vom süßen Wein betrunken“. Doch viele folgen dem Aufruf des Jüngers Petrus, sich im Namen Jesu Christi taufen zu lassen – 3.000 sollen es der Pfingsterzählung zufolge an diesem Tag gewesen sein.

Beginn der Verbreitung des christlichen Glaubens

Im Kern beschreibt dieses Kapitel der Bibel den Beginn der Verbreitung des christlichen Glaubens und der Entstehung der christlichen Glaubensgemeinschaft. Manche bezeichnen das sogenannte Pfingstwunder beziehungsweise die Geistausgießung darum auch als Geburtsstunde der Kirche, wobei diese Auslegung nicht allgemein anerkannt ist.

Das Wort Pfingsten leitet sich von dem altgriechischen Begriff pentēkostē hēméra ab – zu Deutsch „der fünfzigste Tag“ –, denn der Pfingstsonntag fällt auf den 50. Tag der Osterzeit, die mit dem Fest zu Ende geht. Weil es mehrere Tage umfasst, sprach man in Deutschland früher auch von „den Pfingsten“.

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    Vom heidnischen Frühlingsfest zum Pfingstbrauch

    Natürlich ist das lange Pfingstwochenende perfekt dafür geeignet, eine Reise zu machen oder das hoffentlich schöne Frühlingswetter mit Freizeitaktivitäten zu füllen. Es gibt außerdem eine Reihe spezieller Bräuche, die mit dem Fest in Verbindung stehen: Blütenblätter roter Rosen, Pfingstfeuer oder, im kleineren, heimischen Rahmen, Pfingstkerzen. Sie stehen für die in der Pfingsterzählung erwähnten Feuerzungen und sind sowohl Symbol für den Heiligen Geist als auch Zeichen der Erleuchtung. Mancherorts lässt man weiße Tauben, die ebenfalls den Heiligen Geist symbolisieren, gen Himmel steigen oder segnet Felder. Außerdem ist Pfingsten traditionell eine Zeit, zu der besonders häufig getauft wird.

    Andere Bräuche haben ihre Wurzeln im heidnischen Glauben. Der Frühling ist die Zeit des Wachstums und der Fruchtbarkeit und so stehen oft Bäume oder andere Pflanzen im Zentrum der Feierlichkeiten. In vielen Gegenden werden Pfingstbäume aufgestellt, in anderen Regionen lehnen Junggesellen beim „Birkenstecken“ der Dame ihres Herzens eine Birke an die Hauswand, um ihre Zuneigung zu zeigen. Der „Pfingstsprützling“ ist ein junger Mann, der in Buchenzweige und -blätter gehüllt einen Vegetationsgott symbolisiert und durch das Dorf zum Brunnen geführt wird, mit dessen Wasser er Umstehende bespritzt.

    Brunnen und Quellen spielen auch beim Pfingstbrunnenfest eine Rolle. Dieses hat seinen Ursprung in der germanischen Verehrung von Brunnen- und Quellgeistern, deren Zuhause mit Blumen und Zweigen geschmückt werden. Beim „Pfingstsingen“, „Heischeumgang“ oder „Pfingstquack“ wird von Tür zu Tür gezogen und um Gaben gebeten. Zudem ist Pfingsten das Fest der Hirten, weil zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal im Jahr das Vieh ausgetrieben wird. Um das zu feiern, werden in ländlichen Gegenden Pfingstochsen mit Blumenkränzen geschmückt und durch das Dorf auf die Weide geführt.

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