Das ist der älteste flüssige Wein der Welt
Lange Zeit galt der Römerwein von Speyer als ältester flüssiger Wein der Welt. Nun wurde ihm der Rang abgelaufen – von einem mehr als 300 Jahre älteren römischen Weißwein.

Die Glasurne, in der die Forschenden den Wein entdeckten: Bis heute sind von ihm ganze fünf Liter flüssig erhalten geblieben.
Archäolog*innen haben in einem etwa 2.000 Jahre alten Römergrab in der Stadt Carmona im Südwesten Spaniens eine Glasurne entdeckt. Ihr Inhalt: Fünf Liter rot-braune Flüssigkeit, die im Rahmen einer Studie, die in der Zeitschrift Journal of Archaeological Science erschienen ist, als Weißwein aus der Römerzeit identifiziert wurde.
Damit ist dieser Wein ganze 300 Jahre älter als der Römerwein von Speyer, der bisher als ältester je entdeckter flüssiger Wein galt. Er war vor etwa 1.700 Jahren in ein römisches Grab im Südwesten Speyers gelegt worden.
Verbrannte Knochen und ein goldener Ring
Gefunden wurden Glasurne und Wein aus Carmona bereits im Jahr 2019 in einer römischen Grabkammer aus dem frühen 1. Jahrhundert n. Chr. Die Urne befand sich in einer von acht Nischen in den Wänden des Mausoleums – und enthält neben dem Wein auch die Überreste eines eingeäscherten, römischen Mannes und einen goldenen Ring mit einem eingravierten Januskopf. Bereits im Juni 2023 hatte die Grabkammer Schlagzeilen gemacht, weil dort ein Glasflakon mit Resten eines römischen Parfüms entdeckt worden war.

Loculi 8, der Fundort der Urne im bis heute gut erhaltenen römischen Mausoleum. Insgesamt fanden die Forschenden in den acht Nischen sechs Urnen aus Kalkstein, Sandstein, Glas und Blei.
Die Forschenden vermuten, dass der Wein eine Grabbeigabe für den in der Urne bestatteten Mann war – und deshalb gemeinsam mit seinen Überresten in die Urne gefüllt wurde. Wein hatte in der römischen Antike einen hohen religiösen Symbolwert. Dass der Wein bis heute flüssig ist, ist den Bedingungen im Mausoleum zu verdanken. Bis zu seiner Entdeckung war es 2.000 Jahre lang durchgängig verschlossen.
Weißwein mit Noten von Asche
Dass es sich bei der rot-braunen Flüssigkeit in der Urne um Wein handelt, wurde anhand der darin enthaltenen Polyphenolen nachgewiesen, die nur in Wein zu finden sind. In Rotwein ist außerdem die sogenannte Syringasäure enthalten. Diese fehlt aber in dem 2.000 Jahre alten Römerwein aus Carmona, sodass es sich bei diesem um Weißwein handeln muss.
Laut José Rafael Ruiz Arrebola, Archäologie an der University of Cordoba in Spanien und Mitautor der Studie, ist der Wein auch heute noch genießbar. „Er ist absolut ungiftig – wir haben ihn mikrobiologisch analysiert“, sagt er gegenüber dem Guardian. „Da er sich aber 2.000 Jahre lang gemeinsam mit dem eingeäscherten Körper eines toten Römers in der Urne befand, würde ich ihn ungern probieren.“
