Luxus im Alten Rom: Hier sprudelte der Wein in Brunnen

Die Eliten des Alten Roms machten die alljährliche Weinlese gern zum imposanten Spektakel. Ausgrabungen in den Ruinen der antiken Villa der Quintilier zeigen: Dies geschah zum Leidwesen der Arbeiter.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 21. Apr. 2023, 16:24 MESZ
Die Villa der Quintilier aus dem Alten Rom.

In der Villa der Quintilier vor den Toren Roms ließen es sich die Eliten im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. einst gut gehen. Die Arbeiter, die den Luxus garantierten, wurden dabei oft vergessen.

Foto von Valery Rokhin / Adobe Stock

Den Ruf als recht elitäres Getränk hat der Wein teilweise bis heute. Und das kommt nicht von ungefähr: Schon vor Tausenden von Jahren war der Weinbau von zentraler Bedeutung für die kulturelle Identität der Eliten verschiedenster Kulturen. Durch ihn zeigten sie Reichtum und gesellschaftlichen Stand als Landbesitzer. 

Dabei waren die alten Römer keine Ausnahme. Die neue Studie eines Forschungsteams unter der Leitung von Emlyn Dodd, Historiker am Institute of Classical Studies der Universität London, zeigt, dass auch die Bewohner der Villa der Quintilier – einer opulenten Residenz vor den Toren Roms – ihren Reichtum gerne mithilfe ihres Weins zur Schau stellten. Auf dem Gelände der Villa gruben Archäologinnen und Archäologen eine ausufernde Weinkellerei aus, die zeigt: Die einstigen Bewohner inszenierten im Rahmen ihrer Weinfeste gern das Handwerk der Weinherstellung – und machten damit den Arbeitern das Leben schwer.

Luftaufnahme der Ausgrabungsstätte.

Die sogenannte Cella Vineria mit dem Trittboden und den Weinpressen.

Foto von S. Castellani, after Paris et al. 2019

Ein Brunnen voller Wein

Erbaut wurde die Villa der Quintilier im späten 2. Jahrhundert n. Chr. von zwei Brüdern, die die Residenz allerdings nicht lange genießen konnten. Denn nur wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung ließ Kaiser Commodus die Erbauer töten und nahm die Villa an sich. Daraufhin erlebte das imposante Gebäude unter verschiedenen römischen Herrschern ihre Hochzeit: Zwischen dem 2. und 4. Jahrhundert n. Chr. fanden dort unzählige aufwändige Feste statt – bei denen oft die Weinherstellung im Mittelpunkt stand.

Erste Hinweise auf die Feiern gab es bereits in den frühen 2000er Jahren, als bei Ausgrabungen auf dem Gelände der Villa Überreste einer Weinkellerei gefunden wurden. Bei aktuellen Ausgrabungen entdeckten Archäologinnen und Archäologen dann zusätzlich zwei Weinpressen, einen Trittbereich, auf dem die Trauben gestampft wurden, und mehrere üppig dekorierte Räume, die sich neben dem Arbeitsbereich befanden. Diese dienten laut der Studie einem ganz bestimmten Zweck: Gäste und Besitzer der Villa hatten so direkte Sicht auf die Arbeiter und die Prozesse in der Weinkellerei.

Innerhalb des Arbeitsbereichs entdeckten die Forschenden außerdem ein brunnenartiges System aus imposantem Marmor, durch das der frisch gepresste Most wie in einem Brunnen fontänenartig zu den Lagerbehältern floss – eine weitere Besonderheit der Anlage, die das Spektakel der Weinherstellung zur Schau stellen sollte.

Arbeiter im Schatten des Luxus

Diese Einblicke in die handwerkliche Praxis der Weinherstellung beruhten allerdings nicht auf Wertschätzung für die Arbeiter. Vielmehr dienten sie dem Vergnügen der Zuschauenden, für die das Handwerk ansprechend dargestellt werden sollte. „Die Kombination aus Wein- und Wasserfontänen, luxuriösen Materialien und den Geräuschen der Arbeiter und der Musik sollte damals ein wahres Spektakel für die Zuschauer ergeben“, sagt Dodd.

Dabei spielte vor allem die Selbstdarstellung der Villenbesitzer eine Rolle. „Wohlhabende Römer [...]  romantisierten die Rolle des Arbeiters und feierten den Landbesitzer als Herrscher über die Natur“, so die Forschenden. Architektonisch wurde diese Idee durch die Weinkellerei widergespiegelt. „Antike Eliten verbanden nützliche Funktionen mit pompösem Luxus, um ihren sozialen und politischen Status zu gestalten.“

BELIEBT

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    Mauern und Boden der ausgegrabenen Thermenanlage.

    Für die Arbeiter, die den Eliten das Trinken des luxuriösen Weins erst ermöglichten, bedeutete das allerdings eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Das zeigen vor allem die Materialien, die für den Arbeitsbereich der Weinkellerei verwendet wurden. Normalerweise wurden Trittflächen, auf denen die Trauben gestampft wurden, mit wasserfestem Beton, sogenanntem Cocciopesto, ausgekleidet. In der Villa der Quintilier wurde hingegen mit rotem Breccia-Marmor gearbeitet. „Marmor wird bei Nässe sehr rutschig und ist eine unpraktische Wahl für hydraulische Arbeitsbereiche“, heißt es in der Studie. Durch den fontänenartig strömenden Wein im Arbeitsbereich sei die Arbeit zusätzlich erschwert worden.

    So zeigen die Funde, dass die Arbeit, die hinter dem Produkt Wein steckte, zwar explizit gezeigt wurde, allerdings in einer romantisierten Version, bei der Luxus und Spektakel im Mittelpunkt standen – und nicht die praktischen Bedürfnisse der Arbeiter.

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