Die Geisterdörfer Italiens

In Italien gibt es tausende verlassener Häuser.

Von Abby Sewell
bilder von Bruno Zanzottera
Veröffentlicht am 23. Aug. 2018, 16:17 MESZ

Ein einsames Minarett überragt die Überreste eines einst luxuriösen Einkaufszentrums in einer Stadt im Norden Italiens. Ein exzentrischer Unternehmer ließ hier die „City of Toys“ erbauen.

Die Rede ist von der Stadt Consonno, früher ein verschlafenes Bauerndorf circa eine Autostunde nördlich von Mailand. Der Geschäftsmann Mario Bagno kaufte das ganze Gelände in den 60er-Jahren auf, machte das Dorf dem Erdboden gleich und errichtete das Las Vegas Italiens.

Im Jahr 1976 allerdings, nur wenige Jahre nach der Eröffnung dieses Spielplatzes für Erwachsene am Fuße der Alpen, zerstörte ein Erdrutsch die Zufahrtstraße ins Paradies, und aus Bagnos Traum wurde eine Geisterstadt. In den letzten Jahren wurde das Dorf zum Schauplatz von Underground-Raves. Zweimal fand dort bereits die “Nascondino World Championship”, die Weltmeisterschaft im Versteckspiel, statt, und viele Touristen werden vom unheimlichen Charme des verlassenen Vegas angelockt.

Die antiken Ruinen Italiens zählen zu seinen beliebtesten Sehenwürdigkeiten – wen wundert es da, dass auch die abgelegenen Geisterdörfer ihre Anhängerschaft haben?

Jedes Dorf hat seine ganze eigene Geschichte. Einige wurden nach Naturkatastrophen wie Erdbeben, Erdrutschen oder Überflutungen verlassen. Andere aus wirtschaftlichen Gründen – beispielsweise die Stilllegung einer Mine, der Bau einer Umgehungsstraße, oder die Landflucht der Bewohner auf der Suche nach besseren Jobs.

Viele der verlassenen Orte liegen in landschaftlich atemberaubenden Gegenden, an idyllischen Küstenstreifen oder hoch oben auf den Klippen, wie die verlassenen Bergarbeiterdörfer auf Sardinien oder die mittelalterliche Stadt Craco, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts aufgrund von Erdrutschen sich selbst überlassen wurde.

In Italien gibt es tatsächliche tausende solcher Geisterhäuser. Manche wurden ganz sich selbst überlassen, an anderen Orten gibt es ein paar sture übriggebliebene Bewohner, die weiterhin ausharren. 2007 unternahm die italienische Regierung den Versuch, nicht eingetragene Grundstücke zu verzeichnen und fand über 2 Millionen Parzellen mit namenlosen Geisterhäusern, die meisten davon im wirtschaftlich schwachen Süden des Landes.

In den letzten Jahren haben die Gemeinden, in denen die Einwohnerzahl drastisch zurückging, unterschiedliche Taktiken ausprobiert, um sich wieder vergrößern. Das mittelalterliche Dorf Pratariccia in der Toskana beispielsweise, dessen Einwohner in die Stadt abgewandert waren, stand auf ebay zum Verkauf. Der Bürgermeister eines anderen Dorfs, Bormida, hatte Berichten des Guardian zufolge die Idee, jedem, der hierhin zieht, 2.000 Euro zu schenken. Und die Stadt Ollalai bot laut CNN Häuser zum Kaufpreis von je einem Euro an.

Es ist unmöglich zu sagen, ob diese Tricks wirklich helfen und verhindern können, dass auch diese Dörfer zu Geisterdörfern werden. Bis es soweit ist, können neugierige Reisende ja noch durch die Überreste der bereits verlassenen Dörfer wandeln und sich vorstellen, wie das Leben hier früher war.

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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