Neue Krokodil-Art ist ein alter Bekannter
Eine Untersuchung des zentralafrikanischen Tieres mit der ungewöhnlich weichen Haut offenbarte, dass dessen Cousin vom Aussterben bedroht ist.
Man entdeckt nicht jeden Tag eine neue Krokodil-Art. Zum ersten Mal seit mehr als 80 Jahren haben Forscher im Fachmagazin „Zoology“ eine neue Art vollständig beschrieben und benannt: Mecistops leptorhynchus lebt in einem breiten Streifen des Kontinents zwischen Kamerun und Tansania.
Bis vor Kurzem galt die zentralafrikanische Art als dieselbe wie ihr westafrikanisches Gegenstück Mecistops cataphractus, das Panzerkrokodil. Dieses wird seinen ursprünglichen wissenschaftlichen Namen behalten. Durch die neue Unterteilung sinkt die Bestandszahl des westafrikanischen Panzerkrokodils aber so weit ab, dass sie nun als vom Aussterben bedroht gilt. In der Wildnis leben Schätzungen zufolge nur noch um die 500 Tiere, erzählt Matt Shirley, der Hauptautor der Studie und ein Forscher an der Florida International University.
Die zentralafrikanische Krokodilart hat eine weichere, glattere Körperform als ihre westafrikanischen Cousins, die sich durch ihre größeren, schwereren Schuppen und ihre rauere Haut auszeichnen, wie Shirley sagt. Außerdem fehlt der neu beschriebenen Art der Knochenkamm am Schädel, den das Panzerkrokodil aufweist.
Die größten Unterschiede liegen aber in den Genen der Tiere. Die Studie zeigt, dass sich die beiden Linien vor etwa acht Millionen Jahren voneinander trennten, als auf dem Gebiet des heutigen Kameruns Vulkane entstanden. Durch die vulkanische Aktivität entstand ein unpassierbares Gebirge, welches das Verbreitungsgebiet der Reptilien zweiteilte. Seither haben sich die beiden Populationen nie wieder miteinander vermischt, erklärt Shirley, der auch ein National Geographic Explorer ist.
Durch die Isolation entwickelten sich die Reptilien zu einer jeweils eigenen Art und die Basenpaare, aus denen einige wichtige Gene bestehen, weisen zwischen den beiden Arten einen mehr als fünfprozentigen Unterschied auf.
Natürlich haben Wissenschaftler in den letzten Jahren auch andere neue Krokodil-Arten beschrieben. So zeigte beispielsweise der Forscher George Amato vom American Museum of Natural History, dass es sich beim Stumpfkrokodil nicht um eine, sondern um drei Arten handelt. Darüber hinaus entdeckten Shirley, Amato und ihre Kollegen, dass es zwei verschiedene Arten von Nilkrokodilen gibt.
Aber M. leptorhynchus ist die erste Art seit 1935, die den gesamten formalen Beschreibungs- und Benennungsprozess durchlaufen hat, so Shirley. Dafür musste er mit Hilfe von Kollegen der University of Iowa und der University of Florida Hunderte von Proben und Exemplaren in Museen auf der ganzen Welt begutachten. Shirley selbst hat in 14 afrikanischen Ländern intensive Feldforschung betrieben und erkrankte im Laufe seiner Forschungen mehr als ein Dutzend Mal an Malaria, wie er sagt.
Ihre Arbeit wurde dadurch erschwert, dass der Holotypus von M. cataphractus nirgends zu finden war – also jenes Museumsexemplar, auf dessen Basis die ganze Art beschrieben und benannt wurde. Schuld daran waren wahrscheinlich die Nationalsozialisten: Der Holotypus wurde vermutlich zerstört, als deutsche Flugzeuge im Zweiten Weltkrieg das Natural History Museum bombardierten, wie Shirley sagt. Also mussten die Forscher einen neuen Holotypus bestimmen. Darüber hinaus ist der Holotypus für M. leptorhynchus ein Jungtier und damit generell schwieriger zu identifizieren.
Die Studie sollte den Artenschutzbemühungen für diese beiden Krokodile zugutekommen, insbesondere im Fall der westafrikanischen Art. Shirley und seine Kollegen arbeiten mit den Regierungen von Ghana und der Elfenbeinküste sowie einer Reihe Nichtregierungsorganisationen zusammen, um die Tiere in Gefangenschaft zu züchten und auszuwildern. Das größte Projekt dieser Art findet in einem Zoo der Elfenbeinküste statt, in dem aktuell mehr als 30 der Reptilien gehalten werden.
Der Verlust von Lebensraum und die Wilderei machen beiden Arten zu schaffen. Gerade vom westafrikanischen Panzerkrokodil seien aber so wenig Exemplare übrig, dass sie fast unmöglich zu finden sind, erklärt Shirley, der „Monate und Jahre“ seines Lebens mit der Suche nach den Tieren zugebracht hat. Am Ende hatte er gerade mal von 15 bis 20 Exemplaren DNA-Proben.
Mehr denn je ist es nun wichtig, schnell zu handeln. „Diese Tiere sind ernsthaft vom Aussterben bedroht“, sagt Shirley. „Sie könnten jeden Augenblick verschwinden.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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