Rekordbrecher: Das schwerste Tier der Welt?

Der Ur-Wal Perucetus colossus war vermutlich um die 20 Meter lang und lebte in den Gewässern des heutigen Perus. Mit seinem Gewicht soll er laut Forschenden nun den Blauwal vom ersten Platz der tierischen Schwerstgewichte verdrängen.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 9. Aug. 2023, 08:53 MESZ
Illustration des Wals mit riesigem Körper und recht kleinem Kopf.

Dieser schwimmende Koloss lebte vor etwa 38 Millionen Jahren und ist bisher das wohl schwerste Tier, das je auf der Erde existiert hat.

Foto von Alberto Gennari

Es ist ein Fun Fact, den fast jedes Kind kennt: Das größte und schwerste Tier, das je gelebt hat, ist der Blauwal. Doch ein Fund aus Peru macht dem riesigen Säugetier zumindest einen dieser Titel nun streitig. Laut einer neuen Studie, die im Fachmagazin Nature erschienen ist, war der Ur-Wal Perucetus colossus zwar mit seinen 20 Metern etwas kleiner als die meisten Blauwale, dafür aber um einiges schwerer. 

Ganze 340 Tonnen soll der urzeitliche Koloss gewogen haben. Das ist fast doppelt so schwer wie die größten Blauwale und dreimal so schwer wie der schwerste bisher beschriebene Dinosaurier – ein spektakulärer Rekord.

Doch nicht alle Fachleute sind sich einig, dass der Blauwal seine Goldmedaille tatsächlich an P. colossus abgeben muss. Bisher handelt es sich bei den Berechnungen des Forschungsteams um den Paläontologen Giovanni Bianucci von der Universität Pisa in Italien, nämlich um Berechnungen, die einzig auf partiellen Fossilienfunden beruhen.

Das größte Tier der Erde auf der Jagd
Das Herz des Blauwals ist so groß wie ein Auto, seine Zunge wiegt so viel wie ein Elefant – und sein Appetit auf Krill ist unermesslich. Szenen aus Feindselige Erde – Anpassen oder sterben.

Fossile Überreste eines Riesen

Erste Knochen des Ur-Wals wurden bereits vor 13 Jahren von dem Paläontologen Mario Urbina in der sogenannten Pisco-Formation in der Region Ica im Südwesten Perus gefunden. Langjährige und intensive Grabungsarbeiten folgten, bis Urbina und seine Kolleg*innen schließlich insgesamt 13 Wirbel, vier Rippen und einen Teil des Beckens von P. colossus ausgegraben hatten.

Basierend auf diesen Funden haben Urbina, Bianucci und ihr Team nun berechnet, wie schwer der Ur-Wal, der vor etwa 38 Millionen Jahren die Gewässer des heutigen Perus bewohnte, gewesen sein muss. Ein entscheidender Faktor: Die ungewöhnlich hohe Dichte seiner Knochen. Von den bisher gefundenen Wirbeln wiegt der leichteste ganze 100 Kilo. „Seine dichten Knochen boten P. colossus vermutlich die nötige Stabilität, um in den Gewässern in Küstennähe zu leben“, sagt Alberto Collareta, Mitautor der Studie. Der Ur-Wal habe so die Möglichkeit gehabt, auf dem Meeresboden nach Nahrung zu suchen.

Auf Basis der Knochendichte sowie der geschätzten Länge des Tieres errechnete das Team schließlich die tatsächliche Masse des Tieres. Dazu nutzten sie unter anderem die Streifenprojektion – eine Messmethode zur dreidimensionalen Erfassung von Oberflächen –, um 3D-Modelle des Ur-Wals zu erstellen. Diese zeigten: P. colossus muss um die 340 Tonnen schwer gewesen sein.

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    Laut eines Artikels, der gemeinsam mit der Studie in Nature veröffentlicht wurde, sind allerdings nicht alle Fachleute von dem neuen Rekordträger überzeugt. Nicholas Pyenson, Paläontologe und Kurator am Smithsonian Institute in Washington, D.C., äußert Zweifel daran, ob die Masse des Tieres tatsächlich nur anhand seiner Knochen berechnet werden kann. „Das Körpergewicht einer ausgestorbenen Spezies zu bestimmen, ist sehr, sehr schwierig“, sagt Pyenson. In diesem Fall sei beispielsweise das Skelett unvollständig. Außerdem „wissen wir noch nicht wirklich, wie genau wir Fleisch auf die Knochen setzen sollen.“

    Dennoch bezeichnet Pyenson den Fund als bahnbrechend. Und auch für das Team ist er ein voller Erfolg – allein aufgrund der Schwierigkeit der Ausgrabung der riesigen, schweren Knochen des Ur-Wals. Bianucci hofft nun auf weitere, spannende Funde, die die Pisco-Formation in Zukunft preisgeben könnte: „Ich wette, hier warten noch mehr Überraschungen auf uns.“

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