Rätsel gelöst: Warum rote Katzen meist männlich sind
Unabhängig voneinander haben zwei Forschungsteams die genetische Ursache für rötliches Katzenfell ermittelt. Die Studienergebnisse ergänzen die Erklärung dafür, warum vor allem Kater diese Fellfarbe haben.
Diese stolze Katze ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Kater. Welches Gen für rötliches Katzenfell verantwortlich ist, wurde im Rahmen zweier aktueller Studien ermittelt.
Es scheint eine kuriose Laune der Natur zu sein: Paaren sich eine schwarze und eine rote Katze, sind unter den weiblichen Nachkommen oft dreifarbige Schildpatt-Kätzchen, die orangefarbene und schwarze Flecken auf weißem Fell tragen, oder Calicos, deren Fell schwarz-orange marmoriert ist. Die männlichen Katzenbabys sind hingegen entweder orange oder schwarz.
Klar ist: Der Grund für dieses seltsame Phänomen muss in den Genen liegen. Schon seit Jahrzehnten versucht die Wissenschaft das Rätsel um die roten Kater zu lösen, doch auch die Entschlüsselung des Erbguts der Hauskatze (Felis catus) im Jahr 2007 lieferte zunächst keine Hinweise.
Mutation und Deletion
Nun wurde aber offenbar eine Erklärung gefunden – und das gleichzeitig von Forschenden der kalifornischen Stanford University und einem Team der Universität Kyushu in Fukuoka. Sowohl die japanische als auch die US-amerikanische Studie warten noch auf die Peer-Review und sind bis dahin beide als Preprints bei bioRxiv abrufbar.
Beide Forschungsteams fanden in den Hautzellen von roten Katzen 13-mal mehr RNA eines Gens mit dem Namen ARHGAP36 als in den Hautzellen andersfarbiger Katzen. ARHGAP36 war den Forschenden schon vorher bekannt: Normalerweise steuert das Gen bestimmte Aspekte der Embryonalentwicklung. Darum wurde vermutet, dass eine Mutation von ARHGAP36 gefährliche Folgen haben kann.
Doch anders als zunächst gedacht, handelt es sich bei dem Prozess, der für die rote Fellfarbe verantwortlich ist, gar nicht um eine Mutation. Stattdessen ist der Auslöser eine Deletion, bei der, ausgelöst durch die große Menge an Genprodukten von ARHGAP36, ein kleiner Abschnitt – in diesem Fall 5.000 Basenpaare – der DNA verloren geht. Diese Änderung der DNA der Melanozyten, wie Hautzellen auch genannt werden, führt zu der Produktion eines hellroten Pigments – und durch dieses sieht das Fell der Katzen rötlich aus.
Galerie: Katzen aus aller Welt
Dem Stanford-Team standen genetische Informationen von insgesamt 188 Katzen zur Verfügung: 145 davon rot, sechs mit Schildpatt-Färbung und 37 andersfarbige Katzen. Bei allen roten Katzen konnten die Forschenden die Deletion in den Genen finden.
Die Antwort liegt auf dem X-Chromosom
Somit wäre also geklärt, welcher genetische Prozess das Katzenfell rötlich macht. Warum fast ausschließlich Kater diese Färbung haben, können die Forschungsteams ebenfalls erklären. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass das Gen auf dem X-Chromosom liegt – und das ist entscheidend.
Kater erben als männliche Säugetiere ein X-Chromosom von der Mutter und das Y-Chromosom vom Vater, während weibliche Katzen zwei X-Chromosomen – eins von der Mutter und das vom Vater – erben. Weil ein männliches Kätzchen nur ein X-Chromosom erbt, ist dieses genetisch ausschlaggebend für seine Fellfarbe: Weist das Chromosom die Deletion auf, ist das Fell rot, wird ein X-Chromosom ohne die Deletion weitergegeben, hat der kleine Kater kein einziges rötliches Haar im Fell.
Bei Katzenmädchen ist die Situation eine andere. Sie erben je ein mütterliches und ein väterliches X-Chromosom. Weil sie als weibliche Säugetiere über zwei X-Chromosomen verfügen, mischen sich in ihnen die Gene der Eltern, die auf diesem Chromosom liegen. In einer Zelle kann also die väterliche DNA dafür sorgen, dass rötliches Fell wächst, während in einer benachbarten Zelle durch die mütterliche DNA die Deletion fehlt. So wächst bei weiblichen Katzen rötliches Haar in der Nachbarschaft von schwarzem, wodurch das marmorierte Fell von Calicos oder die Flecken von Schildpatt-Katzen zu erklären sind.
Damit eine weibliche Katze rotes Fell hat, muss sie von beiden Elternteilen X-Chromosomen erben, die die Deletion aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, ist äußerst gering – und weibliche rote Katzen dementsprechend selten.
Sind rote Katzen dumm?
Die Forschenden vermuteten, dass eine Mutation des Rothaar-Gens ARHGAP36 den Tod der Tiere herbeiführen würde. Unter anderem, weil herausgefunden wurde, dass das Gen bei anderen Tierarten Entwicklungsprobleme verursacht, wenn es übermäßig oder in zu geringem Maße Genprodukte bildet.
Tatsächlich haben rote Katzen den Ruf, nicht besonders schlau zu sein. Den Verdacht, dass dies an der Überproduktion von RNA durch ARGHAP36 liegen könnte, entkräften die Studienautor*innen jedoch. Diese hätten sie nämlich nur in reifen oder sich entwickelnden Pigmentzellen festgestellt. Wer also eine rote Katze hat, die nicht unbedingt mit Intelligenz gesegnet ist, muss den Grund dafür woanders suchen.