Jeder kann dabei helfen, die globale Wasserkrise zu beheben

Die Menschheit verbraucht zunehmend die Wasserreserven des Planeten, aber mit innovativen Methoden können wir den Vorrat wieder auffüllen.

Von Elaina Zachos
Veröffentlicht am 10. Jan. 2018, 15:58 MEZ
Eine Viehherde zieht über eine Weide in Montana, USA.
Eine Viehherde zieht über eine Weide in Montana, USA.
Foto von Paul Chesley, National Geographic Creative

Der durchschnittliche Bürger einer Industrienation verbraucht täglich ungefähr 7.500 Liter Wasser – sowohl direkt als auch indirekt. Die morgendliche Dusche verbraucht etwa 65 Liter, der Anbau der Kaffeebohnen für die erste Tasse Kaffee am Tag bis zu 129 Liter. Man benötigt etwa 50 Liter, um einen Liter Treibstoff herzustellen – auf dem Weg zur Schule oder zur Arbeit summiert sich das dementsprechend. Die Herstellung des Computers, an dem die meisten von uns einen Großteil ihres Tages verbringen, benötigte ungefähr 27.500 Liter Wasser.

Vor dem Mittagessen hat man also bereits Hunderte oder gar Tausende Liter Wasser verbraucht.

Sandra Postel, die Leiterin des Projekts Global Water Policy und Mitglied der National Geographic Society, entmystifiziert die menschliche Obsession mit Wasser in ihrem neuen Buch „Replenish“. National Geographic unterhielt sich mit ihr in New Mexico über die innovativen Möglichkeiten zur Einsparung von Wasser.

Das Buch beginnt in einem Canyon in Colorado. Beschreiben Sie uns die Szene.

Courtesy of Island Press

Das Buch beginnt mit einer Beschreibung eines Ausflugs durch einen Canyon namens Cache la Poudre. Es hatte im Jahr davor ein Feuer im Canyon gegeben und man konnte die verkohlten Bäume sehen. Ich war auf dem Weg zu einer Familienhochzeitsfeier unter freiem Himmel und es sah aus, als würde es jede Minute zu schütten anfangen. Ich dachte über den Himmel nach. Die Hochzeit verlief in Ordnung, aber es war der Beginn eines Wolkenbruchs, der eine gewaltige Überschwemmung mit sich brachte. Da die Bäume vor so kurzer Zeit verbrannt wurden, gab es eine Menge Erosion und zahlreiche Baumstämme, die durch den Canyon gedrückt wurden.

Ich habe diese Geschichte an den Anfang des Buches gesetzt, weil ich dort war, um den Canyon genau vor diesem Ereignis zu sehen. Aber ich wollte damit auch zu verstehen geben, dass diese Kombination aus Bränden, Überschwemmungen und Trockenheit jetzt zusammenkommt. Wir bewegen uns auf eine andere Zeit zu, in der die Vergangenheit kein guter Wegweiser mehr für die Zukunft sein wird.

Warum haben Sie dieses Buch geschrieben?

Der globale Wasserkreislauf wird auf so viele Arten unterbrochen. Und letzten Endes wird Wassersicherung zunehmend bedeuten, dass wir Wege finden müssen, um diesen Wasserkreislauf zu reparieren. Wasser ist der größte Vermögenswert des Planeten und wir müssen neue Lösungen finden. Uns gehen die Orte aus, an denen wir kosteneffektiv und schadensfrei Dämme bauen können. Uns geht die Fähigkeit abhanden, noch mehr Grundwasser abzupumpen, da wir bereits so viel davon verbrauchen.

Das Ziel des Buches war es für mich, Farmer, Viehzüchter, Städte und Kommunen zu finden, die zeigen, dass wir einen gesünderen Wasserkreislauf haben können. Wir können ihn reparieren, wir können ihn wiederauffüllen, wir können ihn erneuern.

Sie nehmen den Leser durch die USA mit und bis nach China. Welcher der Orte, über die Sie recherchiert haben, war Ihr Favorit?

Der Verde River in Arizona ist ein wahres Prachtstück von einem Fluss im Südwesten der USA. Im Wüstengebiet des Südwestens sind Flüsse die Lebensadern für Vögel, wilde Tiere, Bewässerungsanlagen und Gemeinden. Sie sind auf so viele Arten von großer Bedeutung.

Aber die Bewässerungsanlagen entnehmen dem Fluss wie schon in den letzten anderthalb Jahrhunderten das Wasser. Daher war der Fluss für acht bis dreizehn Kilometer am Stück ausgetrocknet. Das ist offensichtlich nicht gut für Vögel, Fische und die Gemeinde. (Lesenswert: Zentralasien - Es war einmal ein See)

Der malerische Verde River fließt an majestätischen Klippen vorbei, bevor er das geschützte Flussgebiet Wild and Scenic River in Arizona erreicht.
Foto von Cheryl Zook, National Geographic Creative

Ein sehr unternehmerischer Hydrologe der Nature Conservancy arbeitete im Verde Valley mit diesen Bewässerungsanlagen, um eine Möglichkeit zu finden, das Wasser klüger zu nutzen. In dem Fall bestand die Lösung darin, ein solarbetriebenes Wärmetor am Grabensystem zu installieren. Dadurch konnten die Bewässerungsanlagen nur das Wasser nehmen, das sie brauchten, und der Rest blieb im Fluss.

In diesem Fall war dazu eine Partnerschaft zwischen einer Naturschutzorganisation und den Landwirten im Tal nötig, eine Bereitschaft, das auszuprobieren, und eine neue Technologie, die einen smarteren Wasserverbrauch ermöglichte. Wasser ist begrenzt, deshalb geht es darum, es klüger zu nutzen und seinen Wert zu erhöhen

In Ihrem Buch erwähnen Sie, wie viel Wasser nötig ist, um eine Pizza zu machen.

Wir denken bei Wasser oft nur an das Wasser, das aus unserer Leitung kommt, wenn wir uns morgens die Zähne putzen oder Gemüse waschen oder so. Aber Wasser ist im Grunde in allem enthalten, das wir im Laufe des Tages benutzen und kaufen und tun.

Ich gebe da das Beispiel einer Pizza Margherita. Man braucht ungefähr 1.250 Liter Wasser, um eine leckere Pizza zu machen. Das meiste davon entfällt darauf, das Vieh zu züchten und aufzuziehen, dessen Milch wir für den Käse brauchen, und auf den Anbau und die Aufzucht der Tomaten. Das sind sehr wasserintensive Aktivitäten, besonders die Landwirtschaft.

Auf welche Weise können die Leute ihren Wasserverbrauch senken?

Durch Einsparen und bewussteren Konsum. Man sollte nicht nur den Hahn zudrehen, so wichtig das auch ist, sondern darüber nachdenken, wie viele Lebensmittel wir verschwenden. Jedes Mal, wenn wir einen Becher Kaffee wegkippen, den wir nicht trinken, werfen wir indirekt 128 Liter Wasser weg, weil zum Anbau dieser Kaffeebohnen eine Menge Wasser nötig ist. (Lesenswert: Serie: Der 5-Punkte-Plan zur Ernährung der Welt)

Es hilft auch viel, recycelte Dinge zu kaufen, weil man dann eben recyceltes Material verwendet und so kein Wasser für die Herstellung brandneuer Produkte verwendet wird. Wenn man ein T-Shirt aus einem Second-Hand-Laden kauft, sind keine 2.650 Liter Wasser nötig, um ein neues Shirt zu machen. Wie viele T-Shirts braucht man überhaupt, verstehen Sie? [Lacht]

Ich will da jetzt auch nicht moralisieren, aber wenn wir uns bewusst machen, wie viel Wasser für die Herstellung von allem Möglichen nötig ist, begreifen wir, dass es so viele Möglichkeiten gibt, unsere Wasserbilanz zu verringern, wenn wir darüber nachdenken: Wir können mehr recycelte Materialien verwenden, das Licht ausmachen, wenn wir nicht im Raum sind, öfter zu Fuß gehen oder das Rad benutzen, statt mit dem Auto zu fahren, mehrere Besorgungen auf einmal erledigen, damit wir nicht so viel fahren. Dieses Bewusstsein ermöglicht es uns zu begreifen, dass es Mittel und Wege gibt, um unsere persönliche Bilanz zu verringern. (Lesenswert: Elektrische Autos könnten schon 2040 die Straßen der Welt beherrschen)

In Ihrem Buch zitieren Sie einen Professor namens James E. McWilliams, der sagte: „So etwas wie einen Fleisch essenden Umweltschützer gibt es nicht.“ Können Sie das ein bisschen ausführen?

Wir geben Vieh an vielem die Schuld, aber eigentlich ist es die Art und Weise, wie wir das Vieh halten – und nicht die Tiere selbst –, die über deren Auswirkungen bestimmt. Es wurde viel darüber geschrieben, dass man um die 2.380 Liter Wasser benötigt, um einen Hamburger zu machen. Was aber, wenn wir das Vieh auf andere Weise halten würden? Wenn man Rinder zur Fleischproduktion auf natürlichen Weidegründen hält, ist das ein natürliches Ökosystem, das bereits vorhanden ist. Und wenn man Vieh auf nachhaltige Art in dieses Grasland einbringt, kann man das Ökosystem oft verbessern. Bei dieser Weidebewirtschaftung werden die Kühe regelmäßig von einer Weide auf die nächste getrieben, was der Art und Weise entspricht, auf die sich Bisons natürlich über ihre Weidegründe bewegen.

Man kann so tatsächlich mehr CO2 im Boden speichern, die dort gespeicherte Wassermenge erhöhen und die Gesundheit dieser Graslandlebensräume insgesamt verbessern. Die Wasserbilanz eines Hamburgers, der mit dem Fleisch einer so gehaltenen Kuh gemacht wird, unterscheidet sich von der Wasserbilanz einer Kuh, die zum Beispiel am Futtertrog mit Mais gefüttert wird, der auf einem künstlich bewässerten Feld gewachsen ist. (Lesenswert: Gesunkene CO2-Emissionen steigen wieder)

Dabei möchte ich gleich hinzufügen, dass ich stark bezweifle, dass wir auf diese nachhaltige Art genügend Rindfleisch herstellen könnten, um die derzeitige Nachfrage zu decken. Ich glaube nicht, dass wir das auf diese Weise schaffen, also bräuchten wir da wieder gewisse Entscheidungen auf Seiten der Verbraucher, um den Fleischverbrauch zu senken und sich öfter für nachhaltig hergestelltes Fleisch zu entscheiden.

Welche sofortigen Auswirkungen könnten wir beobachten, wenn wir mit diesen nachhaltigeren Zucht- und Anbaumethoden anfangen oder einfach bewusster handeln würden?

Die industrielle Landwirtschaft führt zu Bodenerosion. Sie verschlechtert die Bodengesundheit und bringt Chemikalien in den Boden ein. So verliert der Boden seine Fähigkeit, Wasser zu speichern und sich gegen Dürreperioden zu wappnen. Wenn man das Wasser zusammenrechnet, das auf der ganzen Welt im Boden gespeichert ist, sieht man, dass das dem Acht- oder Neunfachen der Wassermenge in allen Flüssen zusammen entspricht. Das ist ein riesiges potenzielles Reservoir. Und das können wir ausbauen, wenn wir uns dafür entscheiden, das Land – besonders Farm- und Weideland – auf eine entsprechende Weise zu bewirtschaften.

Ich zitiere im Buch jemanden, der sagt, dass nicht die Regenmenge im Niederschlagsmesser bestimmt, wie viel Wasser man effektiv für den Ackerbau und das Gras für das Vieh hat, sondern wie viel Regen der Boden absorbieren und speichern kann. Es geht also darum, den Boden nicht nur als Ort anzusehen, an dem die Pflanzen ihre Wurzeln haben, sondern als aktiven Wasserspeicher. Es geht darum, den Boden so zu bewirtschaften, dass man diesen Wasserspeicher vergrößern und verbessern kann. (Lesenswert: Bäume rufen um Hilfe – Wissenschaftler verstehen ihre Signale)

In dem Buch präsentieren Sie viele Beispiele dafür, wie wir unseren Wasserverbrauch optimistischer angehen können, es gibt auch weniger optimistische Beispiele. Wie schaffen Sie es, im Hinblick auf Wasser optimistisch zu bleiben?

Die Herausforderungen sind ohne Frage groß. Es gibt eine Menge ernster Probleme und die werden nicht einfach zu lösen sein. Aber die Tatsache, dass es für jeden dieser kritischen Bereiche Lösungen gibt, ermöglicht es mir, optimistisch zu bleiben. Für jeden dieser Bereiche gibt es Beispiele, wie wir den Wasserkreislauf reparieren und erneuern können. Es ist möglich.

Dieses Interview wurde zugunsten von Länge und Deutlichkeit redigiert.

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