Gesunkene CO2-Emissionen steigen wieder

Es gibt viele Gründe für den Anstieg, aber der Hauptgrund liegt in Chinas intensivierter Kohlenutzung.

Von Craig Welch
Veröffentlicht am 14. Nov. 2017, 11:19 MEZ
Bauer auf Feld
Ein Bauer bereitet sich in der Nähe eines Kohlekraftwerks in der chinesischen Provinz Shanxi auf den Frühling vor. Das Kraftwerk versorgt das 320 Kilometer entfernte Peking mit Strom und die lokalen Felder, Ernten und Menschen in seiner Umgebung mit Ruß.
Foto von Robb Kendrick, National Geographic Creative

Der Wiederanstieg der CO-Emissionen verstärkt die Dringlichkeit, mit welcher Bestrebungen zur Beschränkung der globalen Erwärmung auf unter 2 °C verfolgt werden müssen. Dieser Grenzwert ist Wissenschaftlern zufolge ein wichtiger Faktor, um die verheerendsten Folgen des Klimawandels abzuwehren.

„Was den globalen Trend wirklich antreibt, ist das Aufholen von China“, sagt Corinne Le Quéré von der Universität von East Anglia. Sie ist die Hauptautorin einer von diversen neuen Studien, die gestern erschienen. Der unerwartete Anstieg bei der Kohleverbrennung in China leistete den größten Beitrag zu dem globalen Anstieg der Emissionen. In dem asiatischen Land herrschte eine Sommerhitze, welche die Wassermassen der Flüsse und somit auch die Stromerzeugung durch Wasserkraft vermindert hat.

NICHT NUR DIE CHINESEN

Aber diese Verlagerung in China geschah nicht im Vakuum. In den USA und Europa sanken die Emissionswerte deutlich langsamer als erwartet.

In den USA führte ein höherer Erdgaspreis das erste Mal seit fünf Jahren zu einem leichten Anstieg bei der Kohlenutzung, während gleichzeitig auch mehr Öl verbraucht wurde. Das Ergebnis davon war, dass die Emissionswerte, welche um etwa 1,2 Prozent pro Jahr gesunken waren, um weniger als ein halbes Prozent zurückgingen. In der EU sanken die Emissionen um weniger als ein Viertel Prozent, nachdem sie ein Jahrzehnt lang stetig um mehr als zwei Prozent pro Jahr gesunken waren.

Indiens Emissionen hingegen, die durch die Industrialisierung und die Stromversorgung auf dem Land stetig um etwa sechs Prozent pro Jahr gestiegen waren, werden 2017 voraussichtlich nur um zwei Prozent steigen. Diese gute Nachricht ist aber deshalb beunruhigend, weil sie aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von Dauer sein wird.

Seit 2010 haben wir fünf der wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. Die große Frage ist also, ob dieser erneute Emissionsanstieg ein Ausrutscher oder die neue Normalität ist.

„Es ist schwer zu sagen, ob 2017 nur ein kleiner Schritt in Richtung eines Entwicklungsverlaufs ist, der seinen Höhepunkt erreicht und dann abfällt – oder ob wir zu einem hohen Anstieg zurückkehren“, sagt Le Quéré.

EINE WOLKE ÜBER DER KONFERENZ

Die Meldung zum Emissionsanstieg kommt zeitlich passend zur UN-Klimakonferenz in Bonn. Während der Pariser Klimaverhandlungen im Jahr 2015 beschlossen 195 Nationen freiwillig, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Temperaturanstieg auf 2 °C zu beschränken. Gleichzeitig erkannte man aber an, dass eine Beschränkung auf 1,5 °C ein besseres Ziel wäre. Seither haben die USA unter Führung von Präsident Trump angekündigt, dass sie sich aus dem Abkommen zurückziehen.

BELIEBT

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    Dieses Kohlekraftwerk in der Provinz Guizhou ist eines der neueren in China. Das Land ist auf Platz eins der globalen Verursacher von CO2-Emissionen – aber investiert auch in erneuerbare Energien.
    Foto von Kevin Frayer, Getty

    Bisher hatten Wissenschaftler ohnehin noch nicht wirklich vermutet, dass die weltweiten Emissionen ihren Höhepunkt schon erreicht haben. Allein in Indien leben noch Hunderte Millionen Menschen ohne Strom. Es gab aber die Hoffnung, dass Chinas überraschend schnelle Abwendung von Kohle – eine Maßnahme zur Bekämpfung der starken Luftverschmutzung, an der die Einwohner des Landes sterben (Lesenswert: Neue Methoden im Kampf gegen Chinas tödliche Luft) – den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen würde.

    Le Quéré hofft zwar, dass 2017 nur ein kurzer Ausrutscher war, aber eine andere Studie, an der sie zusammen mit dem Klimawissenschaftler Robert Jackson von der Stanford Universität gearbeitet hat, deutet darauf hin, dass sich die schlechten Nachrichten zum Thema Klima fortsetzen werden.

    22 Länder, die insgesamt für 20 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, haben eine Verringerung der CO2-Emissionen gesehen, während ihr Bruttoinlandsprodukt im letzten Jahrzehnt gestiegen ist. Aber sowohl die Weltbank als auch der IMF prognostizieren für 2018 einen globalen Anstieg beim BIP, wie man ihn seit 2011 nicht mehr gesehen hat. Wirtschaftliche Aktivität in diesem Ausmaß scheint laut Jackson zu mehr Emissionen zu führen.

    Ein Grund dafür: Trotz der weltweiten Explosion von Solar- und Windenergie seit dem Jahr 2000 basieren „80 Prozent der neuen Energie-Infrastruktur, die wir weltweit aufgebaut haben, auf fossilen Brennstoffen“, so Jackson. „Wir sind energieeffizienter als im Jahr 1990, aber genau so CO2-intensiv.“

    Es gibt aber auch positive Trends. In Mexiko und anderen Teilen Lateinamerikas sinken die Emissionen. China hat den Kohleverbrauch im Winter gedeckelt und angekündigt, Erdgas- und Dieselautos schrittweise aus dem Verkehr zu ziehen.

    „Den Transportsektor vom CO2 zu befreien, ist vermutlich das Schwierigste, was wir tun müssen. Wenn das passiert, ist das also ein großer Schritt“ sagt Jackson.

    Die neuen Studien lassen vermuten, dass ein globaler Emissionsanstieg auf die drei Prozent, die einen Großteil der 2000er Jahre prägten, in absehbarer Zeit unwahrscheinlich ist.

    Aber letztendlich hängt das auch davon ab, welche Maßnahmen die Länder in der nahen Zukunft ergreifen.

    „Aktuell sieht es so aus, als wären die Regierungen ein bisschen selbstzufrieden geworden“, sagt Le Quéré.

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