Wie sinnvoll ist Wassersparen?
Deutschland ist ein wasserreiches Land. Müssen wir ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir beim Zähneputzen den Wasserhahn laufen lassen? Einige Experten rufen dazu auf, wieder mehr zu verbrauchen.
Die halbe Menschheit ist von Wassermangel bedroht. Nach UN-Angaben leben 3,6 Milliarden Menschen in Gebieten, in denen mindestens in einem Monat pro Jahr das Wasser knapp wird. Im Jahr 2050 werden es Prognosen zufolge bis zu 5,7 Milliarden sein. Schon heute haben weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser.
In Deutschland herrscht keine Wassernot. Versorgungschwierigkeiten gibt es nach Worten des Bundesumweltamtes allenfalls in einigen Bergbaugebieten und Küstenregionen. Und doch hat das Wassersparen bei uns einen hohen Stellenwert. Seit den frühen 1990-er Jahren ist der Wasserverbrauch in Deutschland pro Kopf und Tag um rund 20 Liter auf etwa 120 Liter gesunken. Im europäischen Vergleich liegen wir damit im unteren Drittel, unterstreicht die Behörde. Durch den zunehmenden Austausch alter Haushaltsgeräte mit wassersparenden Armaturen, Waschmaschinen und Geschirrspülern wird der tägliche Wasserbedarf wahrscheinlich noch weiter zurückgehen.
Stinkende Faulgase in den Leitungen
Wie sinnvoll aber ist das Wassersparen in einem Land ohne Wasserarmut? Müssen wir ein schlechtes Gewissen haben, wenn wir beim Zähneputzen den Wasserhahn laufen lassen? Seit einiger Zeit mehren sich Stimmen, die vor zu viel Knauserei warnen. Der Grund: Der Verbrauchsrückgang kann sich problematisch auf die Trinkwassernetze auswirken. Denn wenn die Leitungen nicht ausreichend kontinuierlich durchgespült werden, drohen hygienische Mängel. Auch das Bundesumweltamt sieht das Problem: „In den Abwassernetzen bilden sich mancherorts unangenehm riechende Faulgase, weil zu wenig Wasser durch die Leitungen fließt.“
Versorger wie die Berliner Wasserbetriebe rufen deshalb dazu auf, Wasser sorgsam zu nutzen statt daran zu sparen. In grundwasserreichen Gebieten bestehe keine ökologische Notwendigkeit, sich beim Konsum einzuschränken. „Für unser Berliner Leitungswasser ist es sogar günstiger, wenn wir mit dem kühlen Nass nicht zu sparsam umgehen. Denn, wenn es fließt statt still zu verharren, ist es von besserer Qualität.“
Ist Wassersparen also schädlich? Das Bundesumweltamt will das so nicht stehen lassen. Wassersparen lohne sich vor allem beim Warmwasser, so die Behörde. Das Argument: Je weniger Wasser für Duschen und Baden erhitzt werden muss, desto weniger Energie wird verbraucht. Damit sei Warmwassersparen aktiver Klimaschutz. Und Geld spart man dabei auch noch.
15.000 Liter Wasser für ein Kilo Rindfleisch
Noch mehr Sparpotenzial birgt das so genannte virtuelle oder versteckte Wasser. Tatsächlich verbrauchen wir täglich weit mehr als rund 120 Liter Wasser. Rechnet man das Wasser hinzu, das für die Herstellung von Lebensmitteln und anderen Konsumgütern verwendet wird, kommt man je nach Studie schnell auf mehrere Tausend Liter pro Person und Tag.
Für ein Kilogramm Rindfleisch müssen beispielsweise mehr als 15.000 Liter Wasser aufgebracht werden, hat das Bundesumweltamt errechnet. Der Verbrauch für ein Kilogramm konventioneller Baumwolle liege bei bis zu 10.000 Litern Wasser. Insgesamt entspreche der gesamte Wasserfußabdruck in Deutschland einem Tagesbedarf von mehr als 3.900 Litern pro Person. Weltweit seien es durchschnittlich knapp 3.800 Liter.
Das Bundesumweltamt rät: „Je mehr wir regional und saisonal einkaufen – also lieber deutsche Erdbeeren im Sommer statt spanischer Erdbeeren schon im Frühjahr – desto mehr tun wir dafür, dass in trockenen Ländern nicht der dortigen Bevölkerung und den Ökosystemen das Wasser abgegraben wird.“
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