Afrikas uralte Baobabs von rätselhaftem Baumsterben betroffen
Die mächtigen Affenbrotbäume verschwinden rapide und geben Forschern Rätsel auf.
In der südafrikanischen Provinz Limpopo wuchs ein Baobab – oder Affenbrotbaum – im Laufe der Zeit auf so enorme Größe heran und hatte einen so festen Stand, dass seine menschlichen Nachbarn auf eine Idee kamen: Sie bauten einen Pub im Inneren des tausend Jahre alten, hohlen Stammgeflechts, das einen stattlichen Umfang von etwa 45 Metern hatte und zwei miteinander verbundene Hohlräume umschloss.
Zwanzig Jahre lang zog der Sunland-Baobab zahlreiche Touristen an, die sich im Baum ein Bier gönnen wollten. Aber im August 2016 bahnte sich dann ein Riss seinen Weg durch einen der gewaltigen Stämme, der daraufhin zusammenbrach. Acht Monate später stürzte ein weiteres großes Stück ein. Mittlerweile sind fünf der prächtigen Stämme kollabiert und abgestorben, sodass nur noch die Hälfte des Baums verbleibt.
Obwohl das Sterben des Sunland-Baumes wie eine tragische Folge menschlichen Handelns wirkt, ist er nur ein Beispiel für einen alarmierenden Trend: In den letzten zwölf Jahren ist ein beträchtlicher Prozentsatz der ältesten und größten Baobabs in Afrika gestorben, wie Wissenschaftler in einer Studie berichten, die in „Nature“ erschien.
Das Schicksal des Sunland-Baobabs könnte demnach ein Vorbote für eine Zukunft ohne diese wundersamen und beliebten Bäume sein. Bisher ist die Ursache für das Baumsterben noch nicht bekannt, aber Wissenschaftler haben den Klimawandel im Verdacht.
„Es überrascht einen schon sehr, wenn man diese monumentalen Baobabs besucht, die älter als tausend oder zweitausend Jahre sind und sich guter Gesundheit zu erfreuen scheinen, und ein paar Jahre später sind sie dann umgestürzt und tot“, sagt der Co-Autor der Studie Adrian Patrut von der rumänischen Babeș-Bolyai-Universität Cluj.
„Statistisch gesehen ist es praktisch unmöglich, dass so eine große Zahl großer, alter Baobabs in so kurzer Zeit durch natürliche Ursachen stirbt.“
TOD DER RIESEN
Affenbrotbäume wirken ein wenig wie cartoonhafte Versionen von Bäumen. Durch ihre dicken Stämme und spärlichen Äste entsteht mitunter der Eindruck, sie seien verkehrtherum eingepflanzt worden. Aufgrund ihres eigenwilligen Wachstums haben die Bäume oft hohle Stämme, die manchmal groß genug sind, um darin Menschen Platz zu bieten.
Als vielleicht älteste samenproduzierende Bäume der Welt haben sich die neun Arten der Gattung Adansonia eine Fülle an umgangssprachlichen Bezeichnungen und Auftritte in Folklore und Legenden erarbeitet. In trockenen, sommergrünen Wäldern, Wüsten und Savannen von Afrika bis Australien spielen sie eine wichtige Rolle.
Patrut begann Anfang der 2000er, sich mit Baobabs zu beschäftigen. In den letzten 15 Jahren hat er mehr als 60 der größten und ältesten Baumexemplare ausgemacht und ihr Alter mit Hilfe der Radiokarbonmethode bestimmt. Im Gegensatz zu Bäumen wie Eichen oder Mammutbäumen kann man das Alter von Baobabs nicht einfach durch das Zählen ihrer Wachstumsringe bestimmen. Im Laufe der Zeit verblassen ihre Ringe oder verschwinden, und die Hohlräume in ihrem Inneren erschweren den Vorgang zusätzlich.
“Ich glaube, wir betrachten es als selbstverständlich, dass diese gewaltigen Bäume keine Probleme haben.”
Patrut hat sich größtenteils auf den Afrikanischen Affenbrotbaum (Adansonia digitata) konzentriert, der hauptsächlich auf dem afrikanischen Kontinent und den umliegenden Inseln wächst.
Der Großteil der größten und ältesten dieser Baobabs steht ihm zufolge in Südafrika. Aber seit 2005 sind 8 der 13 ältesten Bäume und 5 der 6 größten entweder teilweise eingestürzt oder zur Gänze umgefallen und abgestorben. Unter den Opfern befinden sich auch bekannte Bäume, die für ihre Größe und ihre Wuchsform berühmt waren, beispielsweise der Sunland-Baobab, der heilige Panke-Baobab, der Grootboom in Namibia und der Chapman-Baobab in Botswana.
Obwohl es nur ein kleiner Datensatz ist, ist der Trend äußerst beunruhigend. „Wir hatten das Gefühl, als würden wir die Baobabs überdauern, anstatt dass sie zahlreiche Generationen von Menschen überleben“, so Patrut.
Der National Geographic Explorer Henry Ndangalasi, ein Botaniker der University of Dar es Salaam in Tansania, stimmt dem zu: „Ich glaube, wir betrachten es als selbstverständlich, dass diese gewaltigen Bäume keine Probleme haben“, sagt er.
ALARMIERENDER TREND
Patrut und seine Kollegen glauben nicht, dass das Absterben der Bäume auf eine Krankheit zurückgeht. Stattdessen vermuten sie, ihr Tod könnte das Ergebnis eines wärmeren und trockeneren Klimas sein. Neben diesen besonders großen und alten Bäumen verweist das Team auch auf andere ausgewachsene Baobabs, die insbesondere in jenen Regionen sterben, in denen sich das afrikanische Klima am schnellsten erwärmt.
Aktuell ist noch mehr Arbeit nötig, um eine eindeutige Verbindung zwischen dem Klimawandel und dem Tod der Baobabs herzustellen. Eine andere Studie, die in „Biological Conservation“ erschien, kam jedoch bereits zu dem Schluss, dass der Klimawandel zwei der drei gefährdeten Baobab-Arten in Madagaskar schädigen wird.
Dort werden die steigenden Temperaturen und größeren Schwankungen bei den saisonalen Niederschlägen jenen Bereich einschränken, in dem die Bäume überhaupt wachsen können. Bisher hat die madagassische Regierung auch noch kein Schutzgebiet ausgewiesen, das die Bedürfnisse der Bäume in Zukunft erfüllen könnte.
Ein ähnliches Phänomen, das ebenfalls mit dem Klima zusammenhängt, dezimiert tropische Bäume in den Nebelwäldern von Costa Rica. Sie scheinen aufgrund der steigenden Temperaturen abzusterben, erzählt National Geographic Explorer Tarin Toledo Aceves, eine Waldökologin am mexikanischen Instituto de Ecología A.C.
„Die Ergebnisse der Studie zu den Baobabs sind leider nicht überraschend“, sagt sie. „Es gibt unerwartet viele Sterbefälle unter den ältesten Baobabs in Südafrika, aber wir wissen nicht, warum.“
Toledo Aceves verweist auch darauf, dass sie Zahl der untersuchten Baobabs gering ist und dass es daher möglich – wenn auch unwahrscheinlich – sei, dass die Ergebnisse nur die natürliche Sterblichkeitsstruktur der älteren Exemplare widerspiegeln.
„Diese Bäume können mehr als zweitausend Jahre alt werden. Auch wenn die Forscher gezielt die älteren Exemplare überwachen, halte ich es für bemerkenswert, dass mehr als 70 Prozent von ihnen in so kurzer Zeit gestorben sind“, sagt sie.
Mit anderen Worten: Es sterben zu viele Bäume zu schnell, als dass es sich um einen natürlichen Trend handeln könnte.
„Von 2005 bis 2017 sind zwölf Jahre vergangen. Bedenkt man die lange Lebenserwartung dieser Bäume, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass es sich um ein natürliches Muster handelt.“
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