Wenn das Meer die Stadt verschlingt

Der steigende Meeresspiegel bringt die Bewohner der Inselkette Outer Banks in Bedrängnis.

Von Sarah Gibbens
Veröffentlicht am 4. Juli 2018, 13:32 MESZ
Vom Wind verwehter Sand am Cape Hatteras National Seashore sorgt regemäßig für Straßensperrungen und Aufräumaktionen. Der ...
Vom Wind verwehter Sand am Cape Hatteras National Seashore sorgt regemäßig für Straßensperrungen und Aufräumaktionen. Der Highway ist die große Verkehrsader, die die Inselkette von Süden nach Norden durchzieht und die Inseln miteinander verbindet. Durch die zunehmende Erosion müssen die Steuerzahler aber zusehends für die Reparatur und Instandhaltung der Straßen aufkommen. In der Stadt Kitty Hawk brach derselbe Straßenabschnitt innerhalb weniger Monate zweimal zusammen, was letztendlich zum Bau eines 300 Meter langen Walls aus Sandsäcken führte. Die Kosten für die Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten haben die 100-Millionen-Dollar-Grenze längst überschritten.
Foto von John Tully

Stück für Stück frisst der Ozean die Outer Banks des US-Bundesstaates North Carolina.


Die etwa 280 Kilometer lange Inselkette direkt vor der Küste ist für ihre idyllischen Strände und den boomenden Tourismus bekannt. Wissenschaftlern zufolge sind diese Strände aber in Gefahr. Durch den Anstieg des Meeresspiegels müssen die Einwohner nun um ihr Zuhause kämpfen, das langsam aber sicher unter ihren Füßen fortgespült wird.


Ein Bericht aus dem Jahr 2010 mahnte bereits an, dass der Meeresspiegel im Bereich von North Carolina bis 2100 um einen Meter ansteigen könnte. Schon heute fallen jedes Jahr etwa 1,8 Meter Küstenland der Erosion zum Opfer, wie das Ministerium für Umweltqualität von North Carolina angibt.


Das steigende Meer treibt die Erosion der ohnehin schon unsteten Inselkette noch schneller voran. Die Outer Banks sind Sandbänke, die sich stetig gen Küste verschieben. Jedes Mal, wenn ein Sturm auf sie trifft, treibt das Meer Buchten in die Inseln, trägt Sand von der einen Seite ab und lagert ihn auf der anderen wieder ab.

Sand schiebt sich in die mittlerweile zerstörte Beacon Motor Lodge in Nags Head, North Carolina. Einst war die gesamte Inselkette mit kleinen Motels direkt am Meer übersät. Allerdings konnten sie nicht mit den Privathäusern mithalten, die von den Eigentümern vermietet wurden.
Foto von John Tully
Die kleine Fischergemeinde von Stumpy Point veranstaltet jedes Jahr ein Austernfest für Einheimische und Besucher. Stumpy Point hat um die 240 Einwohner und befindet sich in direkter Nachbarschaft zu den Feuchtgebieten, Sümpfen und Wäldern des Alligator River National Wildlife Refuge.
Foto von John Tully
Die Outer Banks sind an der Ostküste ein beliebtes Ausflugsziel für Surfer und für ihre steilen Wellen und den steten Wind bekannt.
Foto von John Tully

Dieser langsame Kreislauf verspricht, nicht nur die Landschaft, sondern auch das Leben der Menschen nachhaltig zu verändern.


„Das Leben geht weiter und die Leute passen sich an die neuen Umstände an“, erzählt der Fotograf John Tully. 2015 zog Tully auf der Suche nach einem Neuanfang auf die Outer Bank und verbrachte zwei Jahre damit, den langsamen Marsch der Inseln ins Meer zu dokumentieren. Seine Aufnahmen zeigen, wie sich die Landschaft verändert – und wie sich die Menschen daran anpassen. Nahe der Küste können Stürme teils so große Sandmengen aufwühlen, dass sie Straßen unter sich begraben.

BELIEBT

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    Der Highway 12, der sich fast durch die gesamten Outer Banks zieht, wird regelmäßig gereinigt und repariert. Die meisten Häuser wurden mit Pfeilern verstärkt, manche sogar per Auflieger landeinwärts transportiert. Für manche Besitzer von Häusern direkt an der Küste ist die größte Sorge, dass sie ihr Ferienhaus verlieren. Andere Einwohner sehen sich deutlich unangenehmeren Probleme gegenüber: In manchen Gebieten der Inselkette hat das Meer schon Friedhöfe überschwemmt.

    Als der Cape Hatteras Fishing Pier im Jahr 1962 eröffnet wurde, war er sechs Meter breit und 152 Meter lang. Im Laufe der Jahre wurde er durch diverse Stürme irreparabel beschädigt. 2010 wurde er schließlich ganz geschlossen, nachdem der Hurrikan Earl North Carolina getroffen hatte.
    Foto von John Tully

    Die Bewohner North Carolinas debattieren seit Längerem darüber, wie man auf das immer näher kommende Meer reagieren sollte. Einige drängen darauf, den steigenden Meeresspiegel bei der Planung und dem Bau von Gebäuden zu berücksichtigen. Andere verlangen eine Gesetzgebung, die eine vorausschauende Planung in Hinblick auf die Klimaprognosen sogar verbietet. Tully zufolge ist allen Bewohnern der Outer Banks aber ein starker Gemeinschaftssinn zu eigen. Sie wissen, dass sie alle zusammen von diesem Problem betroffen sind.

    „Wenn sie wüssten, was sie tun sollten, dann würden sie es auch tun“, sagt er. Aber bislang wartet die Gemeinde noch auf die große Lösung, die den Lauf des Unvermeidlichen aufhalten könnte.

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