Die Summer

Ein Verein in Bayreuth setzt sich für mehr Biodiversität ein. Seine Mitglieder gestalten die Grünflächen der Stadt zu Lebensräumen für Insekten um.

Von Franziska Haack
bilder von Sonja Och
Veröffentlicht am 20. Juli 2021, 11:05 MESZ
Stefanie Propp und Thomas Pickel

Gründungsmitglied Stefanie Propp und Thomas Pickel freuen sich über ihren Erfolg für die Insekten – und darauf, bald wieder mit den vielen Freiwilligen loszulegen.

Foto von Sonja Och

Überall summt und surrt, kriecht und krabbelt es. Bienen fliegen von Blüte zu Blüte, Eidechsen sonnen sich auf Steinen, am Tümpel schwirren einige Libellen. Das rege Treiben auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau in Bayreuth ist neu. Es zeigt den Erfolg eines Vereins, der Bayreuth zu einer Vorzeigestadt für Insektenlebensräume machen möchte. „Das sind alles Wildbienen“, freut sich Gründungsmitglied Stefanie Propp.

„Die Summer“ nennt sich der Verein. Anlass für seine Gründung war die legendäre Krefelder Studie, die im Jahr 2017 den dramatischen Rückgang der Insektenbiomasse nachgewiesen hatte. „Anfang 2018 diskutierten wir in einer WG-Küche über die Studie und das Insektensterben und beschlossen, dass wir etwas dagegen unternehmen wollen“, erinnert sich Propp, die damals Geoökologie an der Uni Bayreuth studierte.

Die Vision der Summer: So viele Grünflächen wie möglich sollen gemeinsam mit unterschiedlichen Akteuren der Stadt insektenfreundlich gestaltet werden. Auf den umgestalteten Flächen sollen Menschen außerdem Naturerfahrungen machen können und etwas über biologische Zusammenhänge lernen.

Als Pilotprojekt erhielt der Verein die Erlaubnis, 250 Quadratmeter der Landesgartenschau in der Wilhelminenaue umzugestalten. Der Kontakt zum Stadtgartenamt war gut, und so bekamen die Summer 2019 einen ganzen Hektar, um einen großen Naturgarten anzulegen. Das Vorhaben stieß auf viel Zustimmung; 45 000 Euro Spenden sammelte die Gruppe im Voraus, und viele Freiwillige halfen, das Gelände zu verändern. In unzähligen Arbeitsstunden entstanden verschiedene Biotope. Bei der Planung zeigt sich die Expertise der Summer. Viele Mitglieder des Vereins sind in wissenschaftlichen Disziplinen wie etwa der Biologie oder der angrenzenden Geoökologie ausgebildet.

Nur zwei- statt zehnmal zu mähen, schafft bereits mehr Biodiversität

Bevor die Aktivisten loslegen, schauen sie sich den Boden an. Ist er sandig? Feucht? Nährstoffreich? Im Naturgarten nutzten die Summer das natürliche Gefälle des Geländes: In den oberen Bereichen schufen sie trockene, teils sandige Lebensräume, in denen Wildbienen und Grabwespen geeignete Nistplätze finden. Im unteren feuchteren Teil des Geländes legten sie Tümpel an. Dazu Blühwiesen, Steinhaufen, Totholzhecken und Wildblumen-Hochbeete.

Biodiversität auch in der Stadt zu fördern, sei naheliegend, sagt Thomas Pickel, der wie Propp dank Fördermitteln des Bundesamts für Naturschutz inzwischen eine Teilzeitstelle im Verein hat. „In der Stadt erreichen wir viele Menschen, und es gibt viele Möglichkeiten, Lebensraum zu schaffen“, erklärt er. Selbst kleine Flächen können Wildbienen Lebensraum bieten – sofern dort die richtigen Pflanzen wachsen, wie Habichtskräuter, Glockenblumen oder Hornklee. Mittlerweile berät und unterstützt der Verein, der von anfangs acht auf 130 Mitglieder gewachsen ist, Schulen und Firmen in Bayreuth bei der insektenfreundlichen Umgestaltung ihrer Grünflächen und bei den anschließenden Pflegemaßnahmen. „Nur zwei- statt zehnmal jährlich zu mähen, schafft bereits mehr Artenvielfalt. Die Stadt Bayreuth hat das schon umgestellt“, sagt Stefanie Propp. Den Rasen mit heimischen Wildblumensamen zu impfen, beschleunigt den Prozess. Ein weiteres Projekt der Summer: Gärtnereien überzeugen, Wildpflanzen als Topfware anzubieten, damit Menschen, die ihre Gärten umgestalten wollen, auch die richtigen Pflänzchen finden und sofort lospflanzen können. Coronabedingt sind die typischen Gemeinschaftsaktionen des Vereins ausgefallen. Nun hoffen alle, dass die wöchentlichen Aktionsnachmittage bald wieder stattfinden können. Arbeit gibt es genug.

Dieser Artikel erschien in der Juli 2021-Ausgabe des deutschen NATIONAL GEOGRAPHIC Magazins. Keine Ausgabe mehr verpassen und jetzt ein Abo abschließen! 

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