Wie nachhaltig ist Toilettenpapier?
Die meisten Hersteller verwenden für ihr Papier Zellstofffasern aus Holz. Welche umweltfreundlichen Lösungen gibt es?
Die meisten Hersteller verwenden für ihr Toilettenpapier Zellstofffasern aus Holz. Zumeist wird schnell wachsender Eukalyptus auf vorab gerodeten Urwaldflächen angebaut.
Als Arschwurz wird in der bayerischen Mundart die Pestwurz bezeichnet. Der Name macht unverhohlen darauf aufmerksam, dass die Menschen einst naturnah ihre Hintern säuberten – etwa mit den Blättern besagter Pflanze. Heute bevorzugt der Toilettengänger Tissue-Papier: saugfähiges, fein gekrepptes, reißfestes Hygienepapier aus bis zu fünf Lagen. Der auf Papphülsen aufgewickelte blütenweiße Hautschmeichler zerfällt in der Kanalisation zu Brei und ist Gegenstand aufwendiger Forschung, damit sein Benutzer sich von vorne bis hinten wohlfühlt.
Monokulturplantagen verbrauchen enorm viel Wasser
Der Klosett-Komfort geht jedoch stark zulasten der Umwelt. Die meisten Hersteller verwenden für ihr Papier Zellstofffasern aus Holz. „Die Bäume werden weltweit – zum Teil illegal oder nicht nachhaltig – in natürlichen Wäldern und Plantagen geschlagen, beispielsweise in Lateinamerika, Kanada, Südafrika, Russland und Asien“, informiert der WWF. Zumeist wird schnell wachsender Eukalyptus auf vorab gerodeten Urwaldflächen angebaut. Die Monokulturplantagen verbrauchen enorm viel Wasser. Zur Weiterverarbeitung reist der Holzzellstoff anschließend um die halbe Welt. Für ein besonders weiches Hautgefühl, einen angenehmen Duft oder das Bedrucken mit niedlichen Motiven wird das Frischfaserpapier mit Chemikalien versetzt. Eine noch größere Umweltsünde sind Feuchttücher, in denen fast immer Kunststoff steckt.
Zum Glück gibt es umweltfreundlichere Alternativen. Besonders gut schneidet Recyclingpapier ab (Label 150 „Blauer Engel“). Bei dessen Verarbeitung werden laut Umweltbundesamt etwa 50 Prozent weniger Energie und nur rund 33 Prozent der Wassermenge verbraucht. Bedauerlicherweise besteht bisher nur etwa jede fünfte verkaufte Rolle aus Altpapier. Dabei hat modernes Recyclingpapier nicht mehr viel mit den rauen, grauen Fisselblättchen von anno dazumal zu tun. Im Gegenteil: Es ist ebenso reißfest und so weiß, wie es eben geht. Zum Aufhellen wird alte Farbe entfernt und mit Sauerstoff statt mit chlorhaltigen Substanzen gebleicht. Neuester Clou: „soziales Recyclingpapier“, dessen Verkaufserlöse in globale Sanitärprojekte fließen.
Ferner ist Wasser eine rundum saubere Sache. Bidets, spezielle Poduschen (gibt’s auch mobil) und papprollenfreie Produkte helfen, den Papierkonsum zumindest einzuschränken.
Papier-Prasserei
Klopapier wird nicht allein zum Abwischen des Allerwertesten verbraucht. 61 Prozent der Bundesbürger putzen sich mit den Blättern auch die Nase. Außerdem taugt das Vlies für viele, um Flecken wegzuwischen, Make-up zu entfernen und Spiegel zu säubern.
Unser Fazit: Der tägliche, unbedachte Konsum von Toilettenpapier hat Einfluss auf die Regenwaldabholzung, die Verschwendung von Ressourcen und damit auch den Klimawandel. Am nachhaltigsten wäre ein Komplettverzicht. Realistischer und auch appetitlicher: auf die Recycling-Variante setzen sowie Toilettenpapier generell sparsam benutzen.
Quellen: Öko-Test, Statista, Umweltbundesamt, WMF
Dieser Artikel erschien in voller Länge in der September 2021-Ausgabe des deutschen NATIONAL GEOGRAPHIC Magazins. Keine Ausgabe mehr verpassen und jetzt ein Abo abschließen!