Das Aus für klare Badeseen? Klimawandel färbt Gewässer braun
Durch klimatisch bedingte Dürren und Starkregenereignisse färbt sich das Wasser von Gewässern in der gemäßigten Zone vermehrt braun. Das hat schwerwiegende Folgen für die Ökosysteme, die Trinkwasserversorgung und das Klima.
Ein See in Brandenburg bei Oranienburg. Das Wasser des einst klaren Sees ist rot-bräunlich verfärbt.
An heißen Sommertagen gibt es nichts Schöneres als den Sprung ins kühle Nass. Dabei sollte das Wasser des Badesees im besten Fall klar sein. Doch die Suche nach einem solchen See könnte sich bald schwierig gestalten. Neben dem allseits bekannten „Umkippen“, bei dem sich das Seewasser durch eine verstärkte Algenbildung – unter anderem aufgrund hoher Temperaturen – grün verfärbt, wird in Zukunft noch eine andere Ursache den Badespaß verstärkt trüben.
Die Zahl braun gefärbter Seen und Flüsse in Deutschland könnte bald deutlich zunehmen. Das sagt die Erdsystem-Wissenschaftlerin Gesa Weyhenmeyer, die das Phänomen bereits im Jahr 2015 bei der Untersuchung skandinavischer Gewässer feststellte. Ihre Studie, die in der Zeitschrift nature geoscience erschien, wurde nun sogar in den neuen IPCC-Bericht des Weltklimarats aufgenommen. Denn die Braunverfärbung von Gewässern verbreitet sich jetzt auch in südlicheren Regionen – unter anderem in Deutschland.
Dürren und Starkregen fördern Braunfärbung
Zum Beispiel in Brandenburg, wo in den vergangenen Jahren schon eine vermehrte Braunfärbung von Seen und Flüssen beobachtet wurde. Der Grund: das Klima. In der Studie von Weyhenmeyers Forschungsteam heißt es: „Veränderungen in der Landnutzung und im Klima steigern die Menge des gelösten anorganischen Kohlenstoffs.“ Durch die Dürren in den immer heißer werdenden Sommern sinkt der Grundwasserspiegel, sodass mehr organische Substanz durch die warmen Temperaturen umgesetzt wird. Starkregenereignisse, die durch den Klimawandel immer häufiger stattfinden, sorgen dafür, dass sich der gelöste Kohlenstoff in den Böden auswäscht – und in die Gewässer gelangt. Weyhenmeyer zufolge zählen deshalb besonders „Gegenden, in denen es wärmer, aber nicht trockener wird“ zu den Risikogebieten.
Durch Starkregenereignisse würde außerdem mehr organisches Material in die Oberflächengewässer gespült. Besonders in Gegenden, in denen viel Land- und Forstwirtschaft betrieben wird oder alte Tagebaugruben existieren, könne es verstärkt zur Braunfärbung kommen, weil durch Düngemittel neben dem Kohlenstoff auch Sulfate oder Phosphor in das Wasser gelangen. Dadurch steige die Belastung zusätzlich.
CO₂-Quelle See: Gewässer könnten Klimawandel vorantreiben
Die Folgen der Braunverfärbung sind gravierend: Sie betreffen die Ökosysteme, die Trinkwasserversorgung – und im Umkehrschluss wieder das Klima. Da die braunen Gewässer das Sonnenlicht nicht so gut reflektieren wie klare, steigt ihre Temperatur. Dadurch verstärkt sich die Wasserschichtung, was zu einem Sauerstoffmangel – insbesondere im Tiefenwasser – führt. Ganze Ökosysteme könnten sich dadurch verändern: Vor allem Pflanzen und Tiere, die am Boden der Gewässer leben oder viel Licht benötigen, sind betroffen. Das braune Wasser sieht also nicht nur unschön aus, es begünstigt auch das Artensterben.
Zudem geht von der Braunfärbung eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung aus: Die gestiegenen Mengen organischen Materials in den Gewässern dienen Mikroorganismen als Nahrung. Das führt zu einer starken Vermehrung, die potenziell gefährlich für die Gesundheit derer ist, die das Wasser zu sich nehmen. Eine Aufbereitung des Trinkwassers mit Chemie – zum Beispiel Chlor – könnte notwendig werden, durch welche chlororganische Verbindungen entstehen, die extrem schädlich für die Umwelt sind.
Die Mikroorganismen in den Gewässern verbrauchen beim Zersetzen des organischen Materials außerdem Sauerstoff und produzieren Kohlenstoffdioxid. Mit ihrer Zahl steigt also auch der CO₂-Gehalt. Waren Flüsse und Seen bisher wertvolle CO₂-Senker, könnte die Braunverfärbung sie bald zu einer neuen CO₂-Quelle werden lassen – und damit zu Treibern des Klimawandels. Ein gefährlicher Kreislauf entsteht.
Auen reaktivieren
Um diesen Szenarien entgegenzuwirken, müssen schon heute Maßnahmen ergriffen werden. Lösungen wären unter anderem eine ökologischere Forst- und Landwirtschaft, die Renaturierung von Flüssen und Seen sowie eine Reaktivierung von Auen. Diese können nämlich, sofern sie intakt sind, das Oberflächenwasser der Gewässer filtern und halten. Dadurch könnten sie zukünftig Dürren vorbeugen, die Folgen von Extremwetterereignissen abfangen – und somit die Verfärbung der Seen und Flüsse verhindern. Das wäre der Umwelt sowie dem Klima zuträglich – und dem sommerlichen Badespaß ebenso.